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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt
Autoren: Corina Bomann
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haben das Biest, das unsere Bauern geängstigt hat, zur Strecke gebracht.«
    »Und das lediglich zu dritt! Der Eber hätte euch angreifen können.«
    »Das hat er auch«, gab Antoine zu, während er seine Wunde mit der Hand bedeckte. Glaubte er, Papa hätte sie nicht gesehen? Da täuschte er sich aber!
    »Aber wir waren stärker!«
    »Das bezweifle ich fast. Du hättest deinen Fechtarm ruinieren können!«
    »Es ist nur ein Kratzer«, sprang Bernard ihm bei.
    »Als Ältester hättest du am ehesten Vernunft zeigen sollen!«
    Bernard senkte den Kopf.
    Roland kicherte, denn er wusste ja, wer die Idee zur Jagd gehabt hatte. Doch Papas strenger Blick brachte ihn gleich wieder zur Räson.
    »Wartet nur, wenn ihr erst einmal unter Monsieur de Troisville dient, werden euch solche Dummheiten schon vergehen.«
    Meine Brüder senkten die Köpfe, allerdings wohl nicht aus Schuldbewusstsein, sondern weil es von ihnen erwartet wurde. Zufrieden wandte sich Papa mir zu.
    »Christine, hilf deinem Bruder, die Wunde zu verbinden.«
    Als ich nickte, richtete er seinen Blick wieder auf Roland und Bernard. »Und ihr beiden sagt der Köchin Bescheid. Sie soll alles vorbereiten, um dieses Untier an den Spieß zu stecken. Wenn es denn überhaupt noch genießbar ist!«
    »Ihr solltet Papa lieber nicht verärgern«, flüsterte ich meinem Bruder zu, als wir in die Waschküche gingen, wo die Heiltinkturen aufbewahrt wurden. »Sonst schickt er euch tatsächlich gleich mit Blanchet nach Paris.«
    Antoine winkte mit der gesunden Hand ab, während er die verletzte in den Hosenbund schob, damit er sie nur nicht unnütz bewegte. »Das wird er in in paar Wochen ohnehin tun. Ich bin einundzwanzig, Roland ist neunzehn. Höchste Zeit, dass wir zu den Kadetten kommen. Viele Jungen fangen dort schon mit sechzehn oder siebzehn Jahren an.«
    Bei seiner Bemerkung krampfte sich mir die Brust zusammen. Ich fürchtete mich vor dem Tag, an dem Antoine fortgehen würde. Bernard war mir gegenüber manchmal recht kühl, fast so, als sei er nicht mein Bruder. Er behandelte mich zwar nicht unfreundlich, aber so herzlich wie Antoine würde er nie sein. Und sogar Roland mit seinem Spottmaul würde mir fehlen. Er ärgerte mich zwar hin und wieder, doch er war wenigstens nicht so verschlossen wie Bernard.
    Als hätte er meinen Gedanken erraten, strich Antoine mir mit seiner gesunden Hand über die Wange. »Ich werde dich so oft besuchen, wie ich kann. Und du kannst zu mir kommen. Papa wird sicher wissen wollen, wie wir uns machen. Wenn er Monsieur de Troisville besucht, begleitest du ihn einfach. Sei nicht traurig, Prinzessin, wir verlieren uns schon nicht aus den Augen.«
    Ich nickte. Doch gleichgültig, was er sagte, ich wusste, dass sich hier schon bald alles ändern würde.
    In der Waschküche, einem Raum mit groben roten Ziegelwänden, hing Lavendelduft. Offenbar hatte Maman den Mägden wieder aufgetragen, die feinen Hemden zu waschen. Dazu verwendeten sie Lavendelseife. Nicht die feinste, die es gab, aber es war immerhin ein wenig Luxus, den wir uns leisten konnten.
    Die Körbe mit den Hemden waren nach draußen getragen worden; nur ein paar Wasserflecken auf dem steinernen Fußboden zeugten noch von der getanen Arbeit.
    Wir waren allein. Die Köchin erhielt sicher gerade den Auftrag, den Eber zuzubereiten. Die Mägde waren noch alle auf der Wiese. Im Gegensatz zu anderen Adelshäusern hatten wir nicht viel Personal. Zumindest nicht mehr. Nur undeutlich konnte ich mich daran erinnern, dass früher viel mehr Menschen durch die Gänge des Schlosses geeilt waren. Mittlerweile waren uns nur noch vier Mägde, zwei Knechte und eine Köchin geblieben. Doch das hatte auch seine Vorteile, wenn man wirklich einmal allein sein wollte.
    Ich bugsierte Antoine zu einer kleinen Bank neben dem Fenster und rollte vorsichtig seinen Ärmel hoch. Das Stoffstück, das er sich hastig über die Wunde gebunden hatte, war vollkommen durchgeblutet. Als ich es von der Wunde zog, schnappte ich nach Luft. Von wegen kleiner Kratzer!
    »Glaubst du nicht, dass du damit zum Bader gehen solltest? Die Wunde ist tief und müsste genäht werden.«
    »Unsinn!« Antoine winkte ab. »Drück sie einfach zusammen und wickle einen Verband herum. Sie wird schon heilen.«
    »Ja, aber wer weiß, wie lange es dauert!«, gab ich zurück.
    Doch ich würde meinen Bruder nicht umstimmen können. Also wandte ich mich dem Regal zu, auf dem die Heiltinkturen standen, gut geschützt vor Wärme und Licht.
    Als Tochter des
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