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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt
Autoren: Corina Bomann
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Zeit erreicht. Es wunderte mich, dass er mit solch einem ernsten Thema begann – in meiner Gegenwart!
    »Es wäre Ketzerei, den Tod des Monarchen zu prophezeien, doch die Zeichen verdichten sich, dass er Richelieu bis zum Sommer ins Grab folgen wird.«
    »Gott möge dies verhüten«, entgegnete mein Vater. »Der Dauphin ist noch ein Kind, und Königin Anna wird allein nicht regieren können. Sie ist zwar eine kluge Frau, aber gewisse Kräfte werden ihr keine Ruhe lassen. Ihr erinnert Euch doch sicher noch daran, wie sie vor der Geburt des Dauphins verleumdet und verspottet wurde.«
    Blanchet nickte bedächtig. »Ihr habt recht, alter Freund. Es heißt jedoch, dass der König Anna die Regentschaft nicht überlassen will. Laut seinem Testament soll ein Kronrat eingesetzt werden. Offenbar hat er nicht vergessen, dass er seine Mutter erst vom Thron jagen musste, damit sie ihm die Regentschaft überließ.«
    Doch Papa schien nicht für den Kronrat zu sein, wie der missmutige Zug um seine Augen verriet. »Ich weiß nicht, ob ich das für das Beste halten soll. Ein Kronrat denkt hauptsächlich an seine eigenen Interessen. Es gibt einige unrühmliche Beispiele, bei denen Regenten, die nicht mit dem Kronprinzen verwandt waren, schamlos in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Dann schon lieber die Königin als Regentin mit einem starken Berater an ihrer Seite.«
    »Und dieser starke Berater soll Kardinal Mazarin werden, wie man hört. Ein Schüler Richelieus.«
    »Und was soll das nützen?«, fragte Papa.
    Es war kein Geheimnis, dass das Verhältnis Richelieus zur Königin nicht das beste gewesen war. Lediglich vor seinem Tod sollte er sich ein wenig mit Anna von Österreich ausgesöhnt haben.
    Doch ein Schüler des großen Kardinals würde gewiss auch seine Sichtweise vertreten.
    Während ich hinter den beiden Männern über den Sandweg tappte, fragte ich mich, warum eine Königin nicht allein regieren sollte. Ich hatte in einer von Papas Chroniken etwas über die englische Königin Elizabeth I. gelesen, die ihr Land allein und glücklich regiert hatte. Warum sollte unsere Königin das nicht können? Zumal sie dieses Amt nur so lange versehen müsste, bis der Dauphin großjährig war.
    »Wir können davon ausgehen, dass sich Königin Anna eine Vormundschaft des Kronrates für ihren Sohn nicht gefallen lassen wird«, drängte sich Blanchets Stimme in meine Überlegungen. Seine Antwort auf Papas Frage hatte ich nicht mitbekommen. »Von Vertrauten aus ihrer Umgebung ist zu hören, dass sie das Testament anfechten will. Wie wir wissen, war ihr Verhältnis zum König in den letzten Jahren nicht das beste.«
    »Wie wahr, wie wahr«, entgegnete mein Vater mit einem bedächtigen Nicken. »Der König hält nicht viel von seiner Gemahlin. Er lässt sich eher von schönen Jünglingen wie Cinq-Mars betören …«
    Er stockte, blickte kurz zu mir und entschied sich zu schweigen. Aha, das waren also wieder Dinge, die ein Mädchen nicht hören sollte. Warum hatten sie mich dann mitgenommen?
    »Wie dem auch sei, es ist anzunehmen, dass es mit dem Tod des Königs zu einigen Schwierigkeiten kommen wird. Der Kronrat wird sich die Entmachtung nicht bieten lassen. Bereits jetzt ist die Garde in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Wir können nur beten, dass sich alles zum Guten fügen wird, wenn Gott den König zu sich ruft.«
    Schweigen folgte seinen Worten. Nur der Sand knirschte unter unseren Schuhen, als wir durch die Laube schritten.
    Als wir zum Schloss zurückkehrten, preschten meine Brüder gerade unter dem Gebell der Hundemeute auf den Hof. Ich hatte sie schon von Weitem kommen gehört.
    Kleine Kiesel spritzten unter den Hufen der Pferde zur Seite. Eine dichte Staubwolke hüllte die drei ein. Ihre Kleider waren schmutzig.
    Als sich die Staubwolke wieder legte, erschrak ich. Antoine hatte einen provisorischen Verband am Arm, sein Hemd war zerrissen und voller Blutflecke. Auch Roland und Bernard hatten Blessuren davongetragen. Der Keiler hatte sich wohl heftig zur Wehr gesetzt. Seinem Schicksal war das mächtige Tier dennoch nicht entkommen. Es baumelte an einer Stange zwischen den Pferden von Roland und Bernard. Seine Borsten waren blutverschmiert, denn die Jagdspeere hatten seine Haut an mehreren Stellen aufgeschlitzt. Seine riesigen Hauer, die wie Krummdolche aus seinem Maul ragten, waren rot von Blut.
    »Bernard!«, donnerte Papa meinen Brüdern entgegen. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Wir waren jagen, Vater. Seht, wir
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