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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt
Autoren: Susanne Leinemann
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eins stand fest: Toni war seit zwei Tagen völlig neben der Spur.
    »Er will es so. Dass ich ihn weiterhin begleite. Bei allen öffentlichen Auftritten. Er sagt, er braucht mich weiterhin. Mich, seine Ehefrau«, sagte Toni, diesmal mit kräftiger Stimme.
    »Er braucht dich für sein Image. Mehr nicht«, antwortete Shirin sehr sanft.
    »Er braucht mich«, beharrte Toni.
    »Er zahlt dir Geld dafür, dass du weiterhin mit ihm gemeinsam öffentlich auftrittst. Weil er sich ein kaputte Ehe im Moment nicht leisten kann. Nicht vor seiner Wahl zum Vorstandsvorsitzenden. Das weißt du sehr gut.« Shirins Ton war zwar nicht schärfer, aber sie betonte jetzt jedes Wort erbarmungslos. Toni wich ihrem durchdringenden Blick aus.
    »Vergiss das Geld. Ich habe einen Vertrag mit ihm. Er braucht seine Frau, nicht irgendeine …« Sie brachte es nicht fertig, den Namen der Rivalin auszusprechen. »Und seine Frau bin
ich. Das hatte er zwischendurch offensichtlich vergessen. Jetzt, nachdem ich die Affäre rausgekriegt habe, scheint er sich wieder daran zu erinnern.« Toni griff tief in die Tasche ihres schwarzen Mantels und holte triumphierend einen karierten Zettel heraus, der offensichtlich in aller Eile von einem Block abgerissen worden war. »Mit diesem Deal habe ich vier Monate gewonnen. Vier Monate, das ist viel Zeit …« Sie glitt ab in Erinnerungen. »Wenn ich daran denke, was er und ich in vier Monaten erlebt haben …«
    Sie fing sich wieder. »Wir waren kein schlechtes Paar, das weißt du doch auch. Man könnte sogar sagen, wir waren ein ziemlich tolles Paar. Und nicht nur in ein paar tollen Momenten zu zweit. Wir waren ein gutes Paar, weil wir einander erkannt haben, weil wir uns gegenseitig stärker gemacht haben. Er ist nur halb so gut ohne mich, er kann mich nicht einfach so aufgeben. Ich bin seine Michelle Obama. Seine Carla Bruni. Seine Mary von Dänemark.«
    Shirin schaute ihre Freundin traurig an. »Schatz, es tut mir weh, das zu sagen, aber du machst dir was vor.«
    Unwirsch stopfte Toni den Zettel zurück in die Tasche, ohne darauf zu achten, ob er zerknitterte oder nicht. Sie starrte auf die weiße Tischplatte. Eine kleine Champagnerpfütze hatte sich gebildet, sie hatten unvorsichtig nachgeschenkt. Mit dem Finger fuhr Toni in den Champagner, begann etwas mit der Flüssigkeit zu malen. Toni hatte schöne Finger, so schmal und zierlich wie sie selbst. Finger, die gewohnt waren, zu skizzieren, schnelle Entwürfe in ein Skizzenbuch zu zeichnen, ab und zu mit Aquarellfarben auszumalen. Natürlich arbeitete sie im Büro hauptsächlich mit dem Computer, aber Toni gehörte noch zu den Architekten, die tatsächlich zeichnen konnten. Gerade in ihrer Sparte, der Innenarchitektur, war es von Vorteil, wenn man dem Kunden aus dem Handgelenk einen Vorschlag präsentieren
konnte. Spontan, ohne erst die Software hochzufahren und umständlich mit der Maus herumzuklicken. Sie hatte so ihrem Büro viele Aufträge hereingeholt - zuletzt die Ausstattung eines Hotels, die enorm gut angekommen und schon jetzt für mehrere Architektur- und Designzeitschriften abfotografiert worden war. Toni hatte sich schnell einen Namen in der Berliner Architektenszene gemacht.
    »Wahrscheinlich hast du recht, ich mache mir was vor«, sagte Toni leise. »Aber was soll ich denn tun? Die Koffer packen und gehen? Glaub mir, ich war an dem Abend so weit. Ich habe sogar die Koffer gepackt, sie liegen noch bei uns im Schlafzimmer auf dem Bett. Zwei Koffer, randvoll mit wild hineingestopften Klamotten. Ich war so unglaublich wütend, so verletzt. Als Georg mir dann auch noch sagte, dass für ihn diese Ehe längst aus sei, da wollte ich nur noch weg. Aber im letzten Moment fehlte mir die Kraft. Ich wusste, wenn ich es tue, wenn ich einmal mit meinen Sachen durch unsere Haustür gehe, dann war es das. Dann gibt es kein Zurück. Ich war mir ganz sicher, Georg hätte dann jeden Kontakt abgebrochen. Du weißt, wie unbarmherzig entschlossen er sein kann. Das ertrage ich nicht. Noch nicht? Keine Ahnung. Und als Georg mir dann dieses Angebot gemacht hat …«
    »… dieses schmutzige Angebot, dich zu kaufen. Toni, das hast du doch nicht nötig, du bist im Beruf erfolgreich, verdienst genug Geld. Das ist Eheprostitution, was du da machst.«
    »Keine Sorge, wir hatten seit vielen Wochen keinen Sex.«
    »Na und? Es ist ja noch schlimmer als gewöhnliche Prostitution. Er kauft nicht deinen Körper für eine Stunde, er kauft dein Leben für lange Zeit. Du bist, wenn du das
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