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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter
Autoren: Åke Edwardson
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nach gegrilltem Fisch, der in der Dämmerung überall im alten Marbella aufstieg. Rauch hing in der Luft, Verunreinigungen von Benzin mit niedriger Oktanzahl und Holzkohle. Er atmete das Parfum der Sonnenküste. Hier hatte er kein Bedürfnis zu rauchen.
    Angela meldete sich.
    »Ich bin im Hotel«, sagte er. »Ich stehe gerade auf dem Balkon.«
    »Ist es kalt?«
    »Nicht besonders.«
    »Was hast du jetzt vor?«
    »Ich muss etwas essen.«
    »Geh essen und komm nach Hause, Erik.«
    »Ich muss es wissen. Das weißt du. Wir haben darüber gesprochen.«
    » Du hast darüber gesprochen. In Marbella gibt es auch Polizei. Ach, ich will nicht wiederholen, was ich gesagt habe.«
    »Ich auch nicht, Angela. Auf Information von der spanischen Polizei muss man ziemlich lange warten.«
    »Ist das nicht überall so?«
    Er antwortete nicht. Es gab keine Antwort. Es gab keine Zeit. Herman Schiöld würde nie nach Schweden zurückkehren. Herman Dahlquist, Erik Lentner vielleicht auch nicht. Möglicherweise würde er wegen Dahlquist bleiben. Vielleicht konnte Winter einen letzten Einsatz leisten. Eine Art letzte Tat.
    »Morgen um 18 : 30  Uhr geht mein Flug nach Hause«, sagte er. »Mit Air France. Um halb zwölf treffen wir uns am Flughafen.«
    »Dann ist der Fall morgen also gelöst? Das weißt du schon jetzt?«
    Unten auf der Belón fuhr ein Auto vorbei. Von links hörte er Stimmen, von der Avenida Miguel Cano. Das Lima hatte die Form eines Bügeleisens. Er stand fast an der Spitze.
    »Wer weiß, womöglich schon heute Abend«, sagte er.
    »Du weißt nicht, wo sie sind.«
    Er schwieg.
    »Bertil hat eben angerufen«, sagte Angela. »Gerda Hoffner ist inzwischen ansprechbar.«
    »Das macht mich froh.«
    »Es war knapp. Sie hatte nicht mehr viel Zeit.«
    Er wusste es. Er war dort gewesen.
    »Viel hat er nicht aus ihr herausbekommen, jedenfalls noch nicht. Keine direkten Antworten. Sagst du nicht immer, dass es nie genug Antworten gibt?«
    »In diesem Fall fehlen uns aber noch einige«, sagte er. »Deswegen bin ich hier.« Er spürte die Abendbrise im Gesicht. Er fühlte sich stark. »Ich rufe heute Abend noch einmal an.«
    »Sei vorsichtig.« Er hörte einen Laut, vielleicht ein kurzes Lachen oder ein Einatmen oder etwas anderes. »Dass ich das sagen muss.«
    »Ich liebe dich, Angela«, sagte er und drückte auf Aus.
    Es war nicht weit. Er verließ das Hotel, bog nach rechts ab, ging an zwei Häuserblocks entlang, bog wieder nach rechts ab in die Notario Luis Olivier und ging hundert Meter weiter bis zu dem Restaurant an der Ecke von Norte. Vor dem Timonell standen einige Tische, doch die Luft war kühl, nachdem die Sonne untergegangen war. Auch hier war es Winter.
    Enrique nickte ihm zu, als wäre Winter erst am vergangenen Abend zuletzt hier gewesen. Ein Kellner lehnte an der Bartheke und verfolgte ein Fußballspiel auf einem Monitor, der an der Decke über dem Eingang zur Toilette hing. Winter war der erste Gast des Abends. Wenn er das Restaurant wieder verließ, würde es immer noch einige Stunden dauern, bis der zweite Gast kam.
    Winter und seine Familie waren in dem Winterhalbjahr, das sie hier verbracht hatten, Stammgäste im Timonell gewesen. Das Essen war immer ausgezeichnet und wurde mit einem bescheidenen und selbstverständlichen Gespür für Qualität serviert. Das Ambiente dagegen war einfach, etwas streng, weiße Tischdecken, auf eine Art authentisch, die die wenigen Winterurlauber veranlasste, nach einem flüchtigen Blick in das Lokal weiterzugehen. Selbst im Sommer fanden nur wenige ausländische Gäste zu diesem ruhigen Straßenrestaurant. Als wäre es eine geheime Straße. Hatte Angela das nicht einmal an einem lauen Frühlingsabend gesagt?
    »Allein?«, fragte Enrique und löste sich von der Bar, um Winter mit Handschlag zu begrüßen. Sie waren etwa gleich alt. Der Kellner hatte einmal erzählt, dass er aus Cádiz stammte.
    »Diesmal ja«, antwortete Winter. Das Spanische schmeckte fremd, wie etwas, das man eine Weile nicht gekostet hatte. »Ich habe leider auch nur wenig Zeit.«
    Enrique hob die Augenbrauen.
    »Ich suche jemanden«, fügte Winter hinzu. »Heute Abend fange ich an. Ich bin gerade gelandet und habe Hunger.«
    »Soll ich den Koch bitten, dir einen lenguado zu braten?«
    »Ausgezeichnet.«
    »Wein?«
    »Ein Glas bitte, wähl für mich. Und Wasser.«
    Enrique nickte, ging zur Bar zurück und sagte etwas zu dem Barkeeper, der weiter das Fußballspiel auf dem Bildschirm verfolgte. Die Stimme des
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