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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf
Autoren: Brigitte Endres
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Zimmer um. Noch stand der Computer drüben bei Phil. Wenn sie in die Oberstufe kam, brauchte sie wahrscheinlich einen eigenen. Wo sie den hinstellen sollte, war die Frage. Ein PC passte definitiv nicht zu ihren schönen alten Sachen. Und anders als ihr Bruder fand sie es wenig spannend, stundenlang auf einen Bildschirm zu glotzen.
    Nachdem er auf ihr Anklopfen nicht reagierte, öffnete sie Phils Tür. „Kann ich mal …?“
    Phil winkte ab, ohne den Blick vom Monitor zu wenden. „Warte!“ Seine Finger hämmerten über die Tastatur.
    „Ich will nur meine Mails abholen.“
    „Gleich. – Gleich hab ich ihn!“
    Valentina trat ein und ließ sich in Phils Sitzsack sinken. „Mit wem spielst du?“
    „Marco.“
    Sie lehnte sich zurück und betrachtete Phil, dessen verbissene Konzentration ganz einem Online-Adventure gehörte. Kleiner Bruder, dachte sie. Er war nur ein Jahr jünger als sie, aber für sein Alter immer schon sehr schmächtig gewesen. Im Kindergarten hatte sie ihn oft wie eine Löwin verteidigt. Das neckende kleiner Bruder, das Phil ihr, selbstbewusst, wie er war, nicht verübelte, stammte noch aus dieser Zeit. Heute kam er gut allein zurecht, seine körperliche Unterlegenheit machte er mit Worten wett. Phil war okay. Die meisten ihrer Freundinnen lagen in ständigem Clinch mit ihren Brüdern. Sie nicht.
    „Nein! – Ach, verdammt!“ Phil fiel in seinen Stuhl zurück und fuhr sich, eine Grimasse schneidend, mit beiden Händen durch den Bürstenschnitt.
    „Dumm gelaufen?“ Valentina stemmte sich hoch.
    „Abgekackt!“ Mit erhitzten Wangen sprang er auf. „Kannst ran, ich hol mir was zum Trinken. Willst du auch …?“
    Valentina schüttelte den Kopf und setzte sich an den PC, während ihr Bruder schon nach unten lief.
    Nach wenigen Mausklicks hatte sie den schönen Alexandros auf dem Monitor. Neidvoll musste sie zugeben, dass der Junge wirklich verdammt gut aussah. Muskulös und braun gebrannt stand er am Strand, lächelnd, mit blitzweißen Zähnen und schwarz glänzenden Haaren. Aber in seinen dunklen Augen lag etwas, das Valentina missfiel. Unwillkürlich drängte sich ihr der Verdacht auf, dass diese Augen zu Seitenblicken neigten.
    Das schlechte Wetter hielt den ganzen Tag an. Valentina verbrachte den Nachmittag mit Lesen, während Phil vor dem Computer hängen blieb.
    Am Abend saßen die Geschwister, jeder mit einem Teller Linsencurry auf dem Schoß, vor dem Fernseher. Da es unmöglich gewesen war, sich auf ein Programm zu einigen, hatten sie die Entscheidung ausgeknobelt, und Valentina hatte verloren. Deshalb sahen sie statt des Liebesfilms, den sie ausgesucht hatte, einen Zombiethriller, von dem Valentina aber nur die Hälfte sah, weil sie bei jeder schaurigen Szene die Augen zukniff.
    Als in den letzten fünf Minuten endlich doch noch das Gute gesiegt hatte und die Nachrichten begannen, sprang Valentina auf. „Was für ein Bockmist! Morgen such ich den Film aus. Verlass dich drauf.“
    Herr Bozzi, den sie wegen des schlechten Wetters nur kurz in den Garten gelassen hatten, lief unruhig zur Tür.
    Valentina stieß einen Seufzer aus. „Er muss noch mal raus! Ich glaub, er hat sein großes Geschäft noch nicht gemacht. Er kackt nicht gern in sein Revier. Bis morgen früh hält er im Leben nicht durch.“
    Phil gähnte. „Na super, dann haben wir morgen ein Häufchen auf dem Perser. Isolde lyncht uns.“
    Seine Schwester zuckte mit den Schultern. „Es hilft alles nichts, wir müssen noch mal mit ihm gehen. – Aber allein mach ich das nicht, mitten in der Nacht!“
    „Verdammt!“ Widerwillig folgte Phil Valentina, die schon vorausgegangen war, in die Diele. „Weißt du, wo die Taschenlampe ist?“
    „Hier.“ Valentina hielt die Stablampe, die ihre Großmutter für nächtliche Hundegänge benutzte, bereits in der Hand. „Fang!“
    Phil hechtete hoch. „Du hast sie doch nicht alle! Fast wär sie mir runtergeknallt. Die wär hundertpro hin gewesen!“
    Grinsend legte seine Schwester dem zappelnden Herrn Bozzi das Halsband um.
    Phil zog eine Grimasse. Valentina zielte gut, das musste man ihr lassen. Er steckte Herrn Bozzis Bällchen in die Jackentasche. „Geh'n wir in den Park rüber, dann kann er sich noch ein bisschen austoben, sonst jault er uns schon in aller Herrgottsfrüh die Ohren voll.“
    „Mitten in der Nacht?“
    „Du siehst zu viele Zombiefilme!“ Jetzt grinste Phil.
    „Idiot!“
    „Feigling! Dann geh ich halt allein.“
    Valentina presste die Lippen zusammen und
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