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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf
Autoren: Brigitte Endres
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Pappenheimer.“
    Dr. Holm nickte ihr zu. „Lass sie gehen! Ich mach die Küche. Du hast meinen Koffer ja schon gepackt.“
    Valentina hakte sich bei ihrer Großmutter unter, während Phil Herrn Bozzi an der Leine führte.
    Die alte Villa schloss, nur durch eine wenig befahrene Straße getrennt, am Treuenstein-Park an, der zum Treuenstein-Palais gehörte.
    Phil blieb am Parkeingang stehen. „Schaut, sie haben die Ankündigung zum Sonnwendfest schon aufgestellt!“
    „Irgendwas stimmt nicht mit mir“, jammerte Isolde, während sie die Brille aufsetzte, um das Plakat zu studieren. „Die Zeit rast mit jedem Jahr schneller an mir vorbei. Mir ist, als wären wir erst gestern beim Sonnwendfeuer gewesen.“ Sie beugte sich etwas vor. „Schaut – sie haben die Gaukler- und Tanzgruppen wieder eingeladen. Das wird bestimmt nett.“
    Valentina nickte, auch sie freute sich auf das stimmungsvolle historische Spektakel, das jedes Jahr in der Nacht zum 24. Juni im Schlosspark stattfand und mit einem gewaltigen Sonnwendfeuer endete. „Vielleicht schaffen es Mum und Dad ja tatsächlich, wieder hier zu sein, bis sie das Feuer anzünden.“
    Sie gingen über den sandigen Weg, der zum Palais führte, einen Weg, der ihnen wohlvertraut war.
    Valentina liebte das helle dreiflügelige Schloss, in dem ihr Gymnasium und das angeschlossene Internat untergebracht waren. Nur einige Räume im Haupttrakt wurden als Museum genutzt, in dem Einrichtungsgegenstände an das längst ausgestorbene Adelsgeschlecht derer von Treuenstein erinnern sollten.
    Jeder, der die Schule besuchte, war stolz auf ihre traditionsreiche Geschichte. Gräfin Margareta Luisa von Treuenstein hatte nach dem Tod ihres Mannes und im Gedenken an ihre verstorbene Tochter Amalia das Amalia-von-Treuenstein-Musikinstitut zur Beförderung der Tonkunst gegründet. Das Amalia-von-Treuenstein-Musikgymnasium, wie es heute hieß, gehörte inzwischen europaweit zu den renommiertesten Einrichtungen dieser Art, aus der ganzen Welt kamen Schüler hierher.
    Valentina sog den herben Geruch frisch gemähten Grases ein, der sich in den süßen Duft der Blumenrabatten mischte, die das Barockgebäude in arabesken Mustern einrahmten. Das leise Blätterrauschen der Hainbuchenhecke, die das Rondell um den Springbrunnen umschloss, ging im fröhlichen Plätschern der Fontaine unter. „Wer sonst hat eigentlich so einen schönen Schulweg?“, sagte sie. In einem Anflug von Schwärmerei drückte sie Isoldes Arm. „Abends ist es besonders schön hier. Findest du nicht?“
    Phil, der mit dem an der Leine zerrenden Herrn Bozzi vorausging, drehte sich um. „Hintenrum?“
    „Das wird das Beste sein“, sagte Isolde, „dann können wir Herrn Bozzi laufen lassen.“
    Hintenrum bedeutete, den angelegten Barockgarten zu verlassen und sich dem angrenzenden Landschaftsgarten zuzuwenden, mit seinen Hügeln, den uralten Bäumen und weiten Wiesenflächen, auf denen schon die ersten Margeriten blühten.
    Die letzten Tage waren warm und trocken gewesen. Jetzt, am Abend, lag drückende Schwüle in der Luft, die ein Gewitter vorausahnen ließ.
    Phil hatte Mühe, Herrn Bozzi, der sich wie wild gebärdete, das Halsband abzunehmen. „Halt still!“ Er wischte sich mit dem Arm die Schweißtropfen weg, die unter seiner Igelfrisur hervorquollen.
    Um diese Zeit waren nur noch wenige Spaziergänger unterwegs. Argwöhnisch sah Phil eine spitznasige Frau mit einem massigen Mops entgegenkommen. In höchster Spannung, mit aufgestelltem Schwanz blieb Herr Bozzi einen Moment stehen und trabte dann auf den vierbeinigen Kollegen zu. Den kleinen Mischling misstrauisch beäugend, zog die Frau ihren Hund an einer goldverzierten Leine eng zu sich.
    „Hierher!“ Isolde versuchte, Herrn Bozzi zurückzubeordern, aber die Verlockung, die Ausdünstungen des Artgenossen genauer zu inspizieren, war stärker als ihr Befehl. Schwanzwedelnd machte er sich daran, den Mops da zu beschnüffeln, wo es ihm am verheißungsvollsten erschien. Der Mops, von seiner Besitzerin noch enger genommen, fletschte plötzlich die Zähne und schnappte zu. Der kleine Hund wich für einen Moment überrascht zurück und schaltete ebenfalls auf Feindseligkeit, was er durch drohendes Knurren kundtat.
    In einer hektischen Bewegung nahm die Spitznasige ihren Liebling auf den Arm, wo er, angesteckt von ihrer Panik, die wilde Bestie aufführte. Des Ziels seines Interesses so abrupt beraubt, sprang Herr Bozzi kläffend an der Frau hoch.
    „Nehmen Sie das Tier
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