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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4
Autoren: Arthur Conan Doyle
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genügte es, das Spiel mitzumachen und meine bescheidenen Kräfte zur Verfügung zu stellen; ich mochte sein angespanntes Hirn nicht durch zwecklose Unterbrechungen stören. Zu gegebener Zeit würde ich alles erfahren.
      So wartete ich – aber zu meiner sich immer weiter steigernden Enttäuschung wartete ich vergebens. Ein Tag nach dem anderen verging, und mein Freund kam keinen Schritt voran. Einen Morgen verbrachte er in der Stadt, und aus einer zufälligen Bemerkung erfuhr ich, daß er im Britischen Museum gewesen war. Von diesem einen Ausflug abgesehen, verbrachte er seine Tage bei ausgedehnten Spaziergängen, die er meist allein unternahm, oder mit den Klatschbasen des Städtchens, deren Bekanntschaft er pflegte.
      »Ich bin sicher, Watson, eine Woche auf dem Land ist für Sie unendlich wertvoll«, stellte er fest. »Es stimmt so fröhlich, das erste Grün an den Hecken und die ersten Kätzchen an den Haselnußsträuchern zu sehen. Ausgerüstet mit einem kleinen Spaten, einer Botanisiertrommel und einem Lehrbuch der Botanik, kann man hier lehrreiche Tage zubringen.« Mit solcher Ausrüstung streifte er selber umher, aber die Ausbeute an Pflanzen, die er abends nach Hause trug, war gering.
      Bei einem unserer Ausflüge begegneten wir zufällig Inspektor Baynes. Sein dickes, rotes Gesicht strahlte vor Lächeln, und seine kleinen Augen glänzten, als er meinen Gefährten begrüßte. Von dem Fall sprach er kaum, aber aus dem Wenigen, das wir erfahren konnten, schlossen wir, daß er mit dem Gang der Ereignisse auch nicht unzufrieden war.
      Ich muß zugeben, es erstaunte mich einigermaßen, als ich fünf Tage nach dem Verbrechen meine Morgenzeitung aufschlug und in großen Lettern vor mir sah:

    DAS GEHEIMNIS VON OXSHOTT ENTSCHLEIERT VERHAFTUNG DES MUTMAßLICHEN MÖRDERS

    Wie von einer Biene gestochen, sprang Holmes aus dem Sessel, als ich ihm die Schlagzeilen vorlas.
      »Beim Zeus!« rief er, »heißt das, Baynes hat ihn verhaftet?«
      »Anscheinend«, sagte ich und las den folgenden Bericht vor:
      »In Esher und Umgebung herrschte große Erregung, als gestern am späten Abend bekannt wurde, daß im Zusammenhang mit dem Mord in Oxshott eine Verhaftung vorgenommen worden sei. Unsere Leser werden sich erinnern, Mr. Garcia, der Mieter von ›Wisteria Lodge‹ war tot auf der Gemeindeweide von Oxshott aufgefunden worden, sein Leichnam wies Anzeichen von brutalster Gewaltanwendung auf, und sein Diener und sein Koch waren in derselben Nacht geflohen, was auf ihre Teilnahme an dem Verbrechen hindeutete. Man nahm an, ohne daß dies erhärtet werden konnte, der Ermordete habe Wertsachen in sei nem Haus gehabt, und Diebstahl sei das Motiv für den Mord gewesen. Inspektor Baynes, der den Fall bearbeitet, unternahm alle Anstrengungen, um das Versteck der Flüchtigen ausfindig zu machen. Mit gutem Grund ging er davon aus, daß sie sich nicht weit vom Tatort entfernt an einem vorbereiteten Platz aufhielten. Allerdings stand auch von vornherein fest, daß man sie schließlich doch entdecken würde, da der Koch, nach Aussage einiger Handelsleute, die durch das Fenster des Hauses einen Blick auf ihn hatten werfen können, ein Mann von außergewöhnlichem Aussehen ist – ein riesiger, furchteinflößender Mulatte mit gelblicher Hautfarbe und betont afrikanischem Gesichtsschnitt. Dieser Mann ist nach dem Verbrechen von Konstabler Walters gesehen und verfolgt worden, als er die Kühnheit besaß, eines Abends ›Wisteria Lodge‹ nochmals aufzusuchen. Inspektor Baynes, der daraus schloß, daß der Besuch einen Zweck verfolgt hatte und wiederholt werden würde, legte einen Hinterhalt im Gebüsch. Der Mann ging in die Falle und wurde gestern nacht nach einem Kampf gefangen, in dessen Verlauf Konstabler Downing einen Biß von dem Wilden davontrug. Wie wir erfahren, wird die Polizei nach dem Erscheinen des Gefangenen vor dem Richter auf seine Überführung in Untersuchungshaft bestehen. Im übrigen setzt man große Hoffnungen auf diese Verhaftung.«
      »Wir müssen Baynes sofort aufsuchen«, rief Holmes und nahm seinen Hut. »Wir können ihn noch erreichen, ehe er zum Gericht aufbricht.«
      Wir eilten die Dorfstraße hinunter und erreichten den Inspektor, wie erwartet, als er eben seine Unterkunft verließ.
      »Haben Sie schon die Zeitung gelesen, Mr. Holmes?« fragte er und hielt uns eine Ausgabe entgegen.
      »Ja, Baynes, ich habe sie gelesen. Nehmen Sie es bitte nicht als unzulässige Freiheit, wenn ich
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