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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Richard Dübell
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Wildnis. An den Tagen, an denen der Nebel den Pass heraufkroch und die Burg scheinbar von der Welt abschnitt, hasste Arima ihre Heimat und ihre einsame Lage und dass ausgerechnet sie die Erbin all dessen war. Grundsätzlich jedoch liebte sie Roncevaux voller Leidenschaft und war bereit, vieles in Kauf zu nehmen, nur um niemals von hier weggehen zu müssen.
    Die Gesandtschaft des Statthalters näherte sich über die vielen Kehren des Burgwegs, ihre Ankunft hell erleuchtet von den Fackeln, die die Soldaten und Knechte trugen. Die Hunde von Roncevaux begannen zu bellen. Comes Sanche hatte sie gezüchtet; schwarze, zottige Biester, die nur ihn und den Hundeführer anerkannt hatten und alle anderen bösartig anknurrten, wenn sie sich nur dem Zwinger näherten. Sanche hatte die Tiere manchmal nachts vor die Burg gelassen – ein kleines Türchen in der rückwärtigen Palisade, wo sich der Zwinger befand, führte nach draußen. Dann hatte man die Tiere bellen und jappen gehört, und selbst die Torwachen hatten sich auf eine entspannte Nacht eingestellt, weil jeder, der sich der Burg genähert hätte, von den Hunden gestellt worden wäre. Seit Comes Sanches Tod hatte niemand mehr die Tiere nach draußen gelassen, weil sich selbst der Hundeführer nicht sicher war, ob sie ihm gehorchen und zurückkommen würden. Das Rudel wurde von einer alten, riesenhaften Hündin dominiert. Es gab eine Geschichte von dieser Hündin und Arima, als sie ein sechsjähriges Kind und die Hündin ein Welpe gewesen war, aber das war inzwischen zwölf Jahre her, und die jetzige Herrin von Roncevaux konnte sich nur schemenhaft daran erinnern. Wenn sie den Zwinger manchmal aufsuchte und die Hunde betrachtete, hatte sie den Eindruck, dass die Hündin sie mit kalter Berechnung anstarrte.
    Arima, die auf den Wehrgang neben dem Torbau geklettert war, ließ das Tor öffnen, damit die Männer die Burg betreten konnten. Die Berittenen unter den Mauren hielten sich dicht beieinander wie angesichts einer Bedrohung, aber die Schwerter steckten in den Scheiden, und von den Lanzen baumelten Wimpel. Ein Mann in fränkischer Kriegertracht ritt voraus. Er sah zu Arima hoch, als er das Tor durchquerte, und nickte ihr gelassen zu. Arima winkte zurück. Sie war mittlerweile recht vertraut mit ihm. Er war einer der wenigen ihr bekannten fränkischen Krieger, der nicht wie ein wohlgenährter Bär aussah, sondern ebenso schlank und athletisch wie die Gascogner, obwohl er schon über vierzig Jahre alt sein musste. Der Mann war nicht irgendjemand. Karl hatte ihn geschickt, um auf Roncevaux nach dem Rechten zu sehen, bevor die Delegation des Wali eintraf, und um den Mauren entgegenzureiten und sie in Empfang zu nehmen. Es war der Comes von Ponthieu, Ganelon, der Schwager von König Karl. Er gehörte zu den neun Paladinen des Königs. Anders als die sonstigen Frankenkrieger trug er das Haar beinahe so kurz wie ein römischer Patrizier und war glattrasiert; er hatte Arima erzählt, dass alle Paladine ihre Schnauzbärte abrasierten und das Haar stutzten. Es war die nächstmögliche Annäherung an das sichtbare Zeichen des Dienens und der Demut, das bei den Priestern, Mönchen und Sklaven die Tonsuren symbolisierten, ohne zugleich die Ehre als Mann und Krieger aufs Spiel zu setzen.
    Während die Knechte sich um die maurischen Soldaten und ihre Pferde kümmerten, scharte Ganelon die Gesandtschaft um sich. Arima gesellte sich dazu, und Ganelon nahm sie beiseite. »Ich führe die Männer in deine Aula, Herrin«, sagte er in seiner immer höflich-steifen Art. »Sie haben Hunger und Durst.«
    Arima öffnete den Mund, um zu protestieren, aber der Paladin lächelte nur und sagte halblaut: »Überstürze nichts, Herrin. Ich werde schon dafür sorgen, dass du den nötigen Respekt erhältst. Wir haben noch genügend Zeit dazu.«
    »Soll ich vielleicht hinterdreinlaufen wie eine Dienstmagd, wenn du sie in meine Halle führst?«
    »Nein. Ich bitte dich vielmehr, hier draußen zu warten. Es kommt noch einer von den Gesandten.«
    »Was? Ein Nachzügler? Was ist mit ihm? Ist er vom Pferd gefallen?«
    Ganelon sah nachdenklich zum Tor, bei dem die Wachen standen und auf Arimas Befehl warteten, das Portal zu schließen. »Dieser Mann fällt nicht einmal vom Pferd, wenn er tot ist«, brummte er. »Einen Krieger wie diesen findest du nicht alle Tage. Nur – ich werde nicht schlau aus ihm. Mir ist nicht einmal klar, welche Stellung er in der Gesandtschaft bekleidet; oder ob er unsere Sprache
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