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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Richard Dübell
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Gnade fleht, Herrin. Jedenfalls nicht, wenn man dabei Zeugen hat.«
    Arima fuhr herum. Sie dachte, einer der Burgknechte hätte den Weg hierher gefunden und öffnete schon den Mund, um ihn wegzuschicken, doch ihr blieben die Worte im Hals stecken.
    Der Mann war groß. Sie musste zu ihm aufsehen, und sie musste den Kopf dazu wirklich in den Nacken legen. Zweifellos war er der ominöse Nachzügler aus der maurischen Delegation – Arima sah das weite, stoffreiche Gewand mit den Trichterärmeln, das die Mauren SAYO nannten und das meistens rot oder blau gefärbt war, auf dem Kopf den Turban, aus dem die Spitze eines Helms ragte. Er trug keine Waffe. Im Dunkel, in dem sein Gesicht lag, sah Arima seine Zähne blitzen. Er lächelte.
    »Was für eine Unverschämtheit, sich einfach an jemanden anzuschleichen!«, zischte Arima.
    »Oh, ich bin offen genug aufgetreten. Du hast mich nur nicht gehört. Deine Tritte waren wohl lauter …«
    »Wie lange stehst du schon hier?«
    »Seit er angeboten hat, über deine Mängel hinwegzusehen, Herrin.«
    Arima funkelte den Mauren streitlustig an. Auf dem Boden ächzte Adalric, aber weder der Fremde noch Arima nahmen von ihm Notiz.
    »Und du hast die ganze Zeit zugesehen, statt mir zu helfen?«
    Der Maure zuckte mit den Schultern. »Wobei helfen? Ich habe nichts gesehen, mit dem du nicht auch ohne mich fertiggeworden wärst.«
    Arima suchte nach einer Erwiderung, als der Mann einen Schritt vortrat und der Lichtschein vom Tor auf sein Gesicht fiel. Er trug einen kurz gestutzten Vollbart nach der Art aller Mauren, über seine linke Gesichtshälfte zog sich eine tiefe Narbe, und wo sein linkes Auge hätte sein sollen, hatte er ein schwarzes Seidentuch umgebunden.
    Nun verbeugte sich der Fremde und sagte: » Assalaamu a’laikum , Herrin von Roncevaux. Verzeih mir, dass ich zu spät komme. Ich bin Afdza Asdaq, und ich bitte dich um deine Gastfreundschaft und um Herberge unter deinem Dach. Sieh, ich habe meine Waffen deinen Knechten am Tor ausgehändigt, denn ich komme in Frieden.«
    Afdza Asdaq richtete sich auf und lächelte Arima an.
    Sie blinzelte verwirrt und fand nach einem Moment ihre Sprache wieder. »Gott zunächst und danach mir sei willkommen«, antwortete sie mit der traditionellen Grußformel auf Afdzas gemessene Rede.
    »Wa-a’laikum« , erwiderte Afdza und lächelte Arima weiterhin an.
    Sie riss sich mit einem Ruck von seinem Blick los. »Folge mir; ich geleite dich hinein. Ich habe ohnehin nur auf dich gewartet.«
    »Verzeih meinem Pferd seine Langsamkeit und seinem Reiter seine Trägheit«, sagte Afdza.
    Arima räusperte sich. »Ich habe es nicht so … barsch … gemeint.«
    »Dann verzeih mir meine Begriffs…«
    »Und hör auf, dauernd um Verzeihung zu bitten!«
    »Verzeih, Herrin.«
    Arima fuhr herum und starrte ihn aufgebracht an. Afdza grinste so breit es nur ging. Es war merkwürdig – so schockierend sein entstelltes Gesicht auf den ersten Blick war, so schnell vergaß man die Narbe und die Binde, wenn er lächelte. Erneut musste Arima sich zwingen, ihre Augen von ihm loszureißen. Ihr Blick fiel auf Adalric, der sich inzwischen auf die Knie aufgerichtet hatte und seinen Oberkörper stöhnend hin und her wiegte. Sie spürte noch immer den Schrecken über seinen gewalttätigen Annäherungsversuch und den brutalen Kuss in den Gliedern … und doch hatte sie den Gascogner in den vergangenen Minuten fast vergessen! Sie ließ Afdza stehen und eilte zu Adalric hinüber. Ohne zu zögern packte sie ihn am Haarschopf und zwang ihn, zu ihr hochzusehen.
    »Ich nehme Rücksicht darauf, dass du mein Gast bist!«, stieß sie hervor. »Auch wenn du vergessen hast, wie sich ein Gast benimmt. Ich bin eine freie Frau, und du hast mich nicht nur ohne meine Erlaubnis berührt, sondern sogar geküsst. Ich könnte allein dafür hundert Solidi von dir verlangen, und wenn ich das Vorkommnis König Karl zu Ohren brächte, würdest du noch einmal so viel zahlen müssen. Wenn du ein Sklave wärst, könnte ich deine Entmannung verlangen. Aber ich werde weder das eine noch das andere tun. Sei weiterhin mein Gast für diese Nacht, Adalric de Gasconha, aber morgen reise ab – und denk daran, dass dies nun für immer zwischen uns stehen wird!« Sie hatte bewusst so förmlich gesprochen, wie sie nur konnte – Worte, vor allem rituelle, hatten große Macht und galten mehr als geschriebene Vereinbarungen.
    Adalric ächzte: »Arima, du machst einen Fehler …« Sein Gesicht war vor Schmerz
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