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Der letzte Massai

Der letzte Massai

Titel: Der letzte Massai
Autoren: Frank Coates
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Ältesten und der
Laibon
haben so entschieden. Governor Edouard wird sein Wort halten.«
    »Wir können ihm nicht trauen. Sieh doch nur, wie sie uns behandeln, bevor wir überhaupt in Ngatet angekommen sind. Sie haben
Askaris
geschickt, um uns zu drangsalieren und zu schlagen. Unser Vieh hungert und stirbt zu Hunderten.«
    »Die Älteren sagen nein«, erklärte Mantira trotzig.
    »Und was sagst du, mein Freund?«
    Mantira zögerte. Ole Saderas grimmiger Blick bereitete ihm Unbehagen. »Ich sage ebenfalls nein. Es ist unklug, sich gegen die Weißen zu stellen.«
    »Das ist unsere einzige Chance, Mantira. Wenn wir Entorror erst einmal verloren haben und in Ngatet sind, werden wir unser Land niemals wieder zurückbekommen. Ich werde mit den Anführern reden – mit den
Moran
wie auch mit den Ältesten.«
    »Sie sind besiegt, Parsaloi. Es ist ihnen nicht mehr nach kämpfen zumute.«
    »Das ist bei den Ältesten nie anders gewesen. Sie wollen immer nur reden.«
    »Ich spreche ebenfalls für die
Moran.
Sie wollen auch keinen Krieg. Nicht, wenn sich die Ältesten und der
Laibon
dagegen aussprechen.«
    »Ich werde mit den Kriegern reden. Sie werden mir folgen.«
    Mantira schüttelte den Kopf. »Nein, mein Freund, das werden sie nicht. Ob es der Speer und der Schild oder die Bücher des Gesetzes sein mögen, die dein Mann für uns deuten würde – sie bringen es nicht mehr übers Herz, zu kämpfen. Ich habe mit ihnen gesprochen. Delamere hat mit ihnen gesprochen. Sie haben zu viele Unschuldige sterben sehen.«
    »Die Krieger werden auf mich hören«, beharrte Ole Sadera. »Warum lügst du mich an, Mantira?«
    »Ich bin dein Freund, ich lüge nicht.«
    »Meine Il Tuati werden mich unterstützen. Sie werden sich daran erinnern, wie ich sie in der Vergangenheit zum Sieg geführt habe. Wir werden unseren Kampf vor Gericht austragen.«
    »Wie sollen sich die
Moran
an die Vergangenheit erinnern, wenn die Zukunft so düster ist? Die Erinnerungen an die letzten Tage vor Augen, wird niemand dein Gesicht sehen wollen, Parsaloi. Du und deine vergangenen Siege sind vorerst einmal vergessen.«
    »Das ist nicht wahr! Sie werden sich an all die Siege erinnern, die wir in der Vergangenheit errungen haben. An die Siege über die Kikuyu und über die Nandi und über all jene, die uns Unrecht zugefügt haben. Ich sage dir, wir werden gewinnen!«
    »Nein, das werden wir nicht, denn es wird keinen Kampf geben. Den Massai bleibt nichts anderes übrig, als das Wenige, das wir noch besitzen, festzuhalten. Wir werden uns mit Ngatet abfinden. Wenn wir unser Heimatland im Norden nicht mehr haben können, müssen wir vorsichtig sein, dass wir nicht noch mehr verlieren.«
    »Feigling!«, sagte Ole Sadera und sprang auf. »Ich werde diese Ungerechtigkeit nicht hinnehmen. Wenn du dich nicht mit mir zusammentun willst, werde ich einen Weg finden, mich zu wehren – allein, wenn es sein muss. Wir werden uns nicht wieder von unserem Land vertreiben lassen!«
     
    Dunkle, unsichtbare Dornen hatten an ihm gerissen. Er war einige Male schmerzhaft gestürzt. Gegen Steine gestolpert. Und nachdem er endlich die Nacht hinter sich gebracht hatte, erwartete ihn die starke Hitze der Morgensonne im Great Rift Valley. Mantira hatte den Samen des Zweifels gesät, und dieser Zweifel hatte ihm den Mut gestohlen. Er war schon geschlagen, bevor er überhaupt begonnen hatte – getraute sich nicht, herauszufinden, ob ihm seine Altersgenossen helfen würden.
    Die Nacht war voller unheimlicher Geräusche gewesen. Ein Löwe war ihm zwei Meilen lang gefolgt, das Jaulen und Lachen eines Hyänenrudels hatte ihn begleitet, und an den Ufern des Naivasha-Sees wäre er beinahe über ein Nilpferd gestolpert, das er in der mondlosen Nacht übersehen hatte.
    Es war eine gnadenlose Hitze, aber für Ole Sadera war die stechende Sonne auf seinem Rücken das schlimme Übel, das ihn vorwärtstrieb, weg von Massai-Land und der Versuchung, Mantiras Behauptung, dass sich seine Kriegsbrüder von ihm abwenden würden, auf die Probe zu stellen. Er wollte lieber allein gegen die Weißen kämpfen, als die Gefahr einzugehen, den Respekt sämtlicher Brüder seines Altersranges zu verlieren.
    Je mehr er vorwärtsdrängte, stur weiterlief, hin und wieder ins Stolpern geriet und sich gelegentlich ausruhte, um sich zu erholen, desto einsamer fühlte er sich.
    Er lief an dem Dorf Limuru vorbei, ohne die Blicke der Kikuyu zu beachten, die ihr Land bearbeiteten.
    Er vermochte kaum den Kopf zu heben, als er
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