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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote
Autoren: Michael Connelly
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den Beweisstücken ungelöster Fälle?
    Die nächsten Seiten der Akte brachten Zusammenfassungen von Vernehmungen während der ersten Tage der Ermittlungen. Die meisten Personen kannten das Opfer oberflächlich oder wußten etwas, die Tat betreffend – Bewohner der El-Rio-Apartments oder Berufskolleginnen. Ein Bericht zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er betraf die Vernehmung einer Frau namens Meredith Roman – drei Tage nach dem Mord. Laut Bericht war sie Prostituierte und hatte zeitweilig mit dem Opfer die Wohnung geteilt. Zur Zeit des Mords lebte sie im El Rio, eine Etage höher als das Opfer. Der Bericht war von Eno getippt worden, der seinem Partner haushoch überlegen war, was die Produktion von Rechtschreibfehlern anging.
     
    Meredith Roman (9.10.30) wurde am heutigen Tag des längeren in ihrem Apartment im El Rio vernommen, wo sie einen Stock über dem Opfer wohnte. Miß Roman konnte nur wenig brauchbare Information mitteilen über die Aktivitäten von Marjorie Lowe in der letzten Woche ihres Lebens.
    Miß Roman gab zu, daß sie in Begleitung des Opfers der Prostitution in zahlreichen Fellen während der letzten acht Jahre nachging , ohne aber je verhaftet worden zu sein. (Später bestätigt) Sie erklärte dem unterzeichnenden Detective, daß ihre Engaschments von einem Mann Namens Johnny Fox (2.2.33) vereinbahrt wurden, wohnhaft 1110 Ivar Avenue in Hollywood. Fox, Alter 28, wurde bisher nicht verhaftet, war aber laut Sittendezernat tatverdächtig in Fellen von Zuhelterei, schwerer Körperverletzung und Heroinhandel.
    Miß Roman erklärt, daß sie das Opfer zum leztenmal bei einer Party am 21.10. im ersten Stock des Roosevelt Hotels gesehen hat. Miß Roman nahm selbst nicht an der Party teil, sprach aber dort kurz mit dem Opfer.
    Miß Roman erklärt, daß sie die Absicht hat, sich von der Prostitution zurückzuziehen und Los Angeles zu verlassen. Sie erklärte, daß sie dem Detective ihre zukünftige Adresse und Telefonnummer geben wird, damit man sie erreichen kann falls nötig. Ihr Verhalten bei der Vernehmung war kooperativ.
     
    Bosch sah sofort die Berichte nach der Vernehmung von Johnny Fox durch. Es gab keinen. Er schlug das Ringbuch vorne bei der Ermittlungschronologie auf und suchte nach einem Hinweis, ob sie überhaupt mit Fox gesprochen hatten. Die Chronologie war ein Logbuch mit einzeiligen Einträgen und Verweisen zu Berichten. Auf der zweiten Seite fand er einen einzelnen Vermerk.
    3. 11. , 8.00-20.00: Fox Apt. observiert. Nicht aufgetaucht.
    Sonst wurde Fox nicht weiter erwähnt. Aber beim Durchlesen fiel ihm noch ein Eintrag auf.
    5.11. , 9.40: A. Conklin rief an, um eine Besprechung zu vereinbahren.
    Der Name war ihm bekannt. Arno Conklin war in den sechziger Jahren der Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles gewesen. Seines Wissens hatte Conklin 1961 noch nicht diese Position innegehabt, aber er mußte zu jener Zeit einer der fähigsten Anklagevertreter der Staatsanwaltschaft gewesen sein. Sein Interesse an einem Prostituiertenmord kam Bosch eigenartig vor. Das Ringbuch enthielt jedoch keine Erklärung. Es gab keinen Bericht über das Treffen mit Conklin. Nichts.
    Er stellte fest, daß ›vereinbahren‹ in der Chronologie mit dem gleichen Fehler stand wie in dem Bericht zur Roman-Vernehmung, der von Eno getippt worden war. Bosch schloß daraus, daß Conklin Eno wegen der Besprechung angerufen hatte. Er wußte nicht, was oder ob es was bedeutete, und schrieb Conklins Namen oben auf eine Seite seines Notizbuchs.
    Es war ihm schleierhaft, warum Eno und McKittrick Fox nicht gesucht und verhört hatten. Fox war der Zuhälter des Opfers und schien sich geradezu als Verdächtiger anzubieten. Falls man ihn allerdings doch vernommen hatte, war es unverständlich, warum in dem Mordbuch kein Bericht über einen derart wichtigen Teil der Ermittlungen zu finden war.
    Bosch lehnte sich zurück und steckte sich eine Zigarette an. Inzwischen war er von dem Verdacht erfüllt, daß einiges an dem Fall faul war. Wut stieg in ihm auf. Je mehr er las, desto sicherer war er, daß man den Fall von Anfang an verschlampt hatte. Er beugte sich wieder über den Tisch und blätterte durch das Ringbuch, während er rauchte. Weitere sinnlose Vernehmungen und Berichte, die die Seiten füllten. Jeder halbwegs gute Detective konnte solche Berichte dutzendweise absondern, um Akten zu füllen und den Anschein zu erwecken, daß gründlich ermittelt wurde. Wie es schien, waren McKittrick und Eno Virtuosen in dem Fach gewesen.
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