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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier
Autoren: Horst Bosetzky
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Römer zu sprechen. »Er, sagst du, ist der neue Herr der Mark?«
    »Ja, aber über kurz oder lang wird Karl die Wittelsbacher mit seinen Winkelzügen und seinem Geld aus dem Rennen werfen und alles an sich reißen – er ist zu mächtig.«
    »Und was wird mit dem falschen Waldemar?« wollte Witen wissen. Meinhard hatte ihm im Wald die ganze Geschichte erzählt.
    »Waldemar? Der ist wieder in der Versenkung verschwunden. Alle Welt weiß ja nun, daß er nur ein einfacher Müller ist: der Jakob Rehbock von der Oder.«
    Als der Bauer dies hörte – sie hatten deutsch gesprochen, das er zu verstehen schien, in Teilen jedenfalls –, ging ein Leuchten über sein Gesicht. Hätte Meinhard es bemerkt, wäre er mißtrauisch geworden, so aber sprach er weiter, ohne seine Worte weiter zu bedenken.
    »Wie hat man Waldemar überführt?«
    »Ein Bauer aus seinem Dorf hat ihn wiedererkannt und sein Wissen dem König verkauft.«
    »Ein mutiges Spiel, ein bewundernswerter Mann, dieser falsche Waldemar. Wenn ich Großfürst von Litauen wäre, könnte er sein Gnadenbrot an meinem Hofe essen.«
    Unter derlei Gesprächen wurde es Abend, und da sie übermüdet waren, ließen sie sich bald die Schlafstatt zeigen. Meinhard überließ Witen den engen Schlafplatz auf dem Heuboden, nahm mit der Scheune vorlieb und war in Sekundenschnelle eingeschlafen.
    In der Nacht schreckte er hoch, denn eine Frauenstimme war dicht an seinem Ohr. »Herr, wacht auf!«
    »Was ist!?« Meinhard fuhr hoch. Im Scheine eines blakenden Kiens sah er eine Bäuerin von etwa fünfzig Jahren. Die Tatsache, daß sie deutsch mit ihm gesprochen hatte, fand er nicht allzu verwunderlich, denn von Witen hatte er erfahren, daß man im Jahre 1325 Tausende Frauen und Kinder aus Brandenburg hierher ins Litauische verschleppt hatte.
    »Verzeiht, daß ich Euch störe, aber man hat mir erzählt, daß Ihr versucht habt, hinter ein großes Geheimnis zu kommen …«
    Meinhard verstand nicht. »Welches Geheimnis?«
    »Das Geheimnis des Mannes, den sie den falschen Waldemar nennen.«
    »Ja, sicher …« Meinhard ärgerte sich über die Unterbrechung seines verdienten Schlafs. »Aber was hast du damit zu schaffen!?«
    »Ich bin Adela Rehbock.«
    Meinhard fuhr hoch und entriß ihr den Kien, um ihr ins Gesicht zu leuchten. »Was denn: die Tochter des Müllers aus …?«
    »… Niemegk, ja, aber dann sind wir in ein Dorf hinter die Oder gezogen. Bärwalde war die nächste Stadt.«
    »Und sie haben euch hierher verschleppt?«
    »Meine Mutter und mich. Meine Schwester ist erschlagen worden.«
    »O Gott. Und dein Vater war nach Jerusalem gezogen – um fast dreißig Jahre später als Markgraf Waldemar wiederzukehren.«
    Adela Rehbock setzte sich neben Meinhard ins Stroh. »Nein, so war es nicht.«
    »Wie denn?«
    »Ganz anders.« Adela Rehbock schloß die Augen. »Das ist eine lange Geschichte …«

 

    KAPITEL 28
    1319 (Rückblende) – Terra Transoderana
    M arkgraf Waldemar rüttelte immer verzweifelter in Adelas Schoß, doch es wollte ihm nicht kommen. Sie bemerkte seine Nöte und kam ihm mit ihren Beckenbewegungen entgegen, aber auch das nützte heute nichts. Er zog sich wortlos zurück und sank schweißnaß neben ihr aufs Laken.
    Sie weinte, weil sie fürchtete, daß ihr Zauber nicht mehr reichte, gegen Agnes oder eine andere anzukommen, denn an Feuer hatte es ihm bislang noch nie gefehlt.
    Waldemar sah es und küßte ihr die Tränen von den Wangen.
    »Es ist nicht deinetwegen, ich liebe dich noch immer bis zu den Sternen hinauf und in alle Ewigkeit, aber …«
    Sie richtete sich auf und strich ihm mit den Fingerkuppen über die Lippen. »Du fühlst dich nicht gut?«
    »Was ist mein Leben? Eine einzige Kette von Irrtümern und Sünden.«
    »Dein Leben ist eine einzige Kette von Erfolgen!« widersprach sie ihm.
    »Ach, Adela! Ich bin ein Egoist, ich habe nur immer meinen Vorteil im Auge gehabt. Und wahrscheinlich sind meine beiden Brüder nur gestorben, weil ich gewünscht hatte, sie los zu sein, um allein herrschen zu können, in aller Pracht. Einige in der Mark meinen sogar, ich hätte sie vergiften lassen. Ich habe den Reichtum meines Landes verschwendet, habe den Rittern und den Possenreißern viel zuviel geschenkt und zu wenig Straßen bauen lassen.«
    »Wenn die Leute bei soviel Licht keinen Schatten sehen, reden sie ihn herbei.«
    Waldemar drückte das Gesicht an ihre Brüste und schob das rechte Bein zwischen ihre Schenkel. In ihr war junges, kraftvolles Leben, und er
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