Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Leibarzt der Zarin

Der Leibarzt der Zarin

Titel: Der Leibarzt der Zarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Zarin lieben?«
    »Die Zarin wird sich nie in einen Lakaien verlieben.«
    »Die Zarin! Sie hat das wilde Blut der Tscherkessen. Ich bin fern von Moskau, aber dieser Trottau ist da … Er kann ihren Leib berühren. Er kann sie so sehen, wie nur ich noch auf der Welt sie sehen kann. Kurbski – ist es möglich … Die Eifersucht zerreißt mich, mein Freund!«
    Kurbski blickte den Zaren an. Jetzt ist er wie ein getretener Wurm, der sich krümmt, dachte er. Aber wenn ich gleich sage, daß Trottau die Zarin lieben könnte, weil er ein Mann und sie eine herrliche, heißblütige Frau ist, dann wird sich dieser Wurm in einen flammenden Satan verwandeln …
    »Es ist unmöglich, Herr«, sagte Kurbski langsam. »Ich kenne Trottau. Er ist in erster Linie Arzt. Sollte er den Leib der Zarin berühren, wird dieser Körper für ihn nur ein medizinisches Objekt sein.«
    »Dann lügt Schemski?«
    »Er muß lügen. Wir alle kennen Schemski. Er ist ein ehrgeiziger, mißgünstiger Mensch, der seit Jahren auf einen Gouverneursposten hofft.«
    Es fiel Kurbski schwer, das zu sagen. Es ist Schemskis Todesurteil, dachte er. Doch wer unter der Hand Iwans lebt, muß verlernen, um anderer Leute Kopf zu trauern.
    »Er soll ihn bekommen, den Gouverneursposten«, sagte Iwan. »Ich werde ihn zum Statthalter der Toten machen! Kurbski – zwei Tage bleibe ich bei dir, dann ziehe ich zurück nach Moskau. Der Kurier wird aufgehängt. Schemski soll eines langsamen, schrecklichen Todes sterben.« Er legte den Arm um Kurbski und lachte ihn an. Die kalten, tödlichen Augen bekamen einen fast fröhlichen Blick. Aber wie auch immer sie sich veränderten, immer blieben sie eingebettet in den starren Glanz des Wahnsinns.
    »Mein Freund«, sagte Iwan voll Rührung. »Ich will deine Frau und deinen Sohn sehen. Ich will ein glücklicher Mensch unter euch Glücklichen sein. Ich bin ein armer Hund, Kurbski, überall nur Feinde. Nur du bist mein Freund.«
    Kurbski nickte. Etwas schnürte ihm die Kehle zu. Die Liebe des Zaren war das Gefährlichste, was der Zar verschenken konnte …
    Drei Leibeigene hatte Fürst Schemski nach den Zärtlichkeiten im Park von Sagorsk auf die Spuren der Liebenden angesetzt.
    Er dachte an Marjas herrlichen, weißhäutigen Körper und an seine Sehnsucht, die so nahe vor der Erfüllung gestanden hatte … Bis der Deutsche gekommen war und ihm schon am ersten Tag das Paradies gestohlen hatte.
    »Ich werde dem Zaren Beweise liefern«, sagte Schemski laut. »Sechs Augen werden jeden Kuß, jeden Seufzer, jedes Streicheln sehen. Es gibt kein Entrinnen für diesen verdammten Deutschen.«
    Drei Tage später waren die sechs Augen seiner Leibeigenen blind und ihre Zungen stumm. Ein Gruß der erhabenen Zarin …
    Schemski schrie nach seinem Pferd. In großer Eile verließ er Moskau und verschanzte sich auf seinem Gut im Süden der Stadt.
    Von Litauen war ein Kurier unterwegs mit dem Befehl des Zaren, Schemski zu töten. Gleichzeitig brachte er zehn Goldrubel für den Arzt Andreas von Trottau mit und einen Brief Iwans mit dem letzten Satz: ›Ich danke Dir für Deine Treue …‹

3
    Andreas von Trottau ahnte nicht, daß drei Menschen für seine Liebe geopfert worden waren. Marja verschwieg ihm ihre grausame Rache, aber sie rief Trottau jetzt nur noch nachts durch ihre Kammerfrauen zu sich, vor denen sie über Schmerzen im Kopf, im Rücken, im Leib und Brennen in den Beinen klagte.
    Ein paarmal behandelte Trottau die Zarin im Beisein der Hofdamen. Ehrfurchtsvoll und schweigend saßen sie an den Wänden, während Trottau die Zarin untersuchte, die schönen, gesunden Beine mit einer scharfriechenden Flüssigkeit einrieb und dann sagte: »Erhabene Zarin, versucht zu gehen.«
    Und die Zarin erhob sich von dem breiten Bett, machte einige tastende Schritte, warf dann mit einer großen schauspielerischen Geste die Arme hoch und rief: »Ich kann wieder auf den Beinen stehen! Trottau hat mich geheilt! Er ist ein Wunderarzt! Seht nur, ihr blöden Gänse, seht nur … Ich gehe wie auf Wolken!« Sie lief ein paarmal durch das Zimmer und spielte ihre Heilung so vollendet, daß Trottau bald der Ruf vorausging, der beste Arzt der Welt zu sein.
    Es war selbstverständlich, daß der Leibarzt auch einige Nächte am Bett der kranken Zarin wachte. Das waren die Stunden, in denen sie allein waren, in denen die Glut der Leidenschaft sie verzehrte und Marja in ihrer Liebe zu einer Rasenden wurde.
    »Welch ein Bär bist du!« sagte Marja, wenn Trottau beim Morgengrauen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher