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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Giusi Marchetta
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in Büchern existiert. Sich einem öffentlichen Wettbewerb zu stellen inder festen Überzeugung, es sowieso nicht zu schaffen, weil man über bestimmte Beziehungen nicht verfügt. Du weißt, was es bedeutete, ihn zu gewinnen und die Möglichkeit zu bekommen, in einer Klasse zu unterrichten und sich nützlich zu fühlen.
    »Selbst in Turin dürfte das eine Tragödie sein«, sagte Massimiliano. »Wenn nicht im Moment, dann mit Sicherheit im nächsten Jahr.«
    Ich musste mich zwingen, ihn anzulächeln. »Bis dahin sind es noch dreihundertfünfundsechzig Tage, richtig?«
    Nach drei Stunden Fahrt hatte ich mich so sehr an den Motorenlärm gewöhnt, dass ich ihn mir nicht mehr wegdenken konnte. Je dunkler es wurde, desto schlechter konnte ich die Köpfe der Fahrer und Beifahrer in den anderen Autos erkennen; ich spürte aber, dass sie da waren, zu Tausenden vor uns, zu Tausenden hinter uns, sie folgten uns, ab und zu überholten sie uns und verschwanden. Wir fuhren nach Norden: Früher oder später würden wir alle dort landen.
    »Und Gianni hat nichts mit dieser Sache zu tun?«, fragte er. Er kennt alle meine Karten.
    »Gianni hat immer was damit zu tun«, sagte ich.
 
    Riccardis Schrei fällt über mich her, will mich wegstoßen, verscheuchen. Es ist ein langgezogener, schlimmer Schrei, der in den Ohren schmerzt und mit jedem Luftholen an Lautstärke gewinnt.
    Die Klasse zieht sich in ihr Schneckenhaus zurück, schützt sich mit den Händen. Ich schaffe das nicht, bleibe wie angewurzelt stehen, und der Schrei rempelt mich an,der Junge hat es auf mich abgesehen. Ich bemerke nicht einmal, dass die Tür aufgeht.
    Riccardi jedoch bemerkt es: Er hört auf zu schreien, wischt sich den Mund ab und fängt wieder an zu schaukeln.
    Unsere Anspannung löst sich. Wir sind verschont geblieben.
 
    »Gibst du ein Konzert, Andrea?«, fragt der Mann auf der Türschwelle. Er ist groß, hat einen dunklen Teint. Obwohl ihn der Bart älter wirken lässt, dürfte er höchstens vierzig sein. Er betritt das Klassenzimmer, gibt Loredana ein Zeichen und kommt dann zu mir.
    »Ich wusste, dass heute dein erster Tag ist, war aber heute Morgen zu spät dran, um dich zu begrüßen.« Er drückt mir die Hand, ist wegen mir gekommen. »Giuliano De Lucia.«
    Riccardi packt ihn am Arm, zieht ihn zu sich heran, sodass De Lucia zwischen uns steht.
    »Hast du jetzt aufgehört zu schreien, Andrea?«
    »Ein bisschen«, antwortet er. Immerhin kann er sprechen. Und seine Stimme ist ein schwaches Krächzen.
    »Gut. Denn wir sind schon ziemlich taub davon«, sagt De Lucia zu ihm und deutet auf seine Ohren. Riccardi lässt ihn los und beginnt wieder zu schaukeln. »Ich muss etwas mit der neuen Lehrerin besprechen. Benimm dich anständig, während wir draußen sind.«
    Riccardi fischt ein leeres Blatt aus der Mappe und fängt an zu zeichnen.
    »Ich komme gleich zurück«, sage ich, woraufhin er denBleistift fallen lässt und mit den Fäusten auf die Bank trommelt.
 
    Vor dem Kaffeeautomaten zählt De Lucia die Münzen in seiner Hand ab. Kaum ist er damit fertig, sieht er mich an und fängt an zu lachen.
    »Entschuldige, aber du solltest mal dein Gesicht sehen«, sagt er.
    Ich bin nicht gekränkt, kann es mir vorstellen.
    »Mach dir keine Gedanken, er will dir nur Angst machen.«
    Ich lasse mich von ihm zu einem Kaffee einladen, den ich jetzt wirklich nötig habe.
    »Aber bei dir ist er nicht so. Mit dir spricht er. Warum?«
    Er zuckt mit den Schultern.
    »Wer weiß das schon.«
    Er kneift die Augen zusammen und braucht ein Weilchen, bis er die richtige Taste gefunden hat.
    »Wie soll man wissen, was im Kopf eines Menschen vorgeht?«
    Obwohl der Becher siedend heiß ist, umklammere ich ihn mit den Händen. Ich will nicht in die Klasse zurück.
    De Lucia schwenkt seinen Kaffee hin und her.
    »Hast du auch das zweite Staatsexamen?«
    »Ja.«
    Und ich habe lange studiert. Stell mir eine Frage.
    De Lucia sieht nachdenklich aus.
    »Mach dir keine Gedanken, ok? Es wird gut laufen.«
    Er nimmt die leeren Becher, wirft sie in den Abfalleimer. »Jetzt muss ich gehen. Ich habe den Erzieher mitSantojanni allein gelassen. Er wird nervös, wenn ich zu lange wegbleibe.«
    Nein, warte, denke ich. »Und ich, was mache ich jetzt?«
    De Lucia lächelt mir zu.
    »Du bist Lehrerin: Du unterrichtest.«
 
    Hallo, Gianni. Ich habe nicht viel Zeit. Ich war kurz in der Wohnung, um die letzten Sachen zu holen, und du warst nicht da. Ich wollte dir sagen, dass ich eine Vertretungsstelle
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