Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B.
Autoren: Willi Faehrmann
Vom Netzwerk:
Vorstellung davon machen, wie reich das Land ist. Fruchtbare Erde, so weit das Auge schauen kann. Laubwälder, herrliche Stämme, Bauholz, so viel du nur willst. Und du kannst es einfach schlagen, brauchst niemand zu fragen. Der Wald ist für alle da. Wir sollten es wagen. Wir sind doch die beste Zimmerkolonne weit und breit.«
    »Ich würde vielleicht gehen, für ein, zwei Jahre«, meinte Lenski. »Ich würde gehen, wenn der Friedrich Bienmann mitgeht.«
    »Was sind wir ohne dich, Friedrich Bienmann?«, sagte Lenski. »Du hast die Konstruktionen im Kopf. Du reißt die Balken an und machst die Pläne. Weißt du noch, wie du die Kirche in Leschinen gebaut hast? Keiner hat geglaubt, dass du den Turm je aufrichten könntest, als das Gewirr der Balken da auf dem Bauplatz ausgebreitet lag, behauen und gekerbt. Und dann, als auch das letzte Holz fertig war, haben wir den Turm zusammengebaut. Nicht ein Holz hat nachgeschlagen werden müssen. Gepasst hat alles auf den Zentimeter. Und als wir nachher das Lot von der Galerie herabgelassen haben, da stand der Turm wie eine Eins.«
    »Ja, ja, so war das«, bestätigten die Männer. »Wir würden schon rübergehen, wenn du, Friedrich Bienmann, mit uns gingst.«
    Doch der alte Mann antwortete nicht. Er dachte, dass er all seine Zimmermannskünste seinem Sohne Karl hatte zeigen wollen. Und der hatte einen hellen Kopf und kapierte schnell. Aber es war anders gekommen. Karl war verschwunden. Und er musste nun auch noch die Sorgen für seine Schwiegertochter und den Jungen tragen. Er schaute auf die junge Frau, die klein und zart am Feuer stand und doch Willenskraft und Zähigkeit genug besaß den großen schweren Eisentopf ganz allein vom Herd zu nehmen.
    Er hat eine solche Frau nicht verdient, dachte der alte Mann. Ich hätte den Mund halten sollen. Aber ich habe das Unglück selbst herbeigeredet. Er hob seine Suppentasse vom Boden und rief: »Marie, schenk mir noch von der Fischsuppe ein.«
    Seine Schwiegertochter kam und füllte seine Tasse.
    »Kannst stolz sein auf deinen Luke. Er ist fast schon ein Mann.«
    Sie blieben an diesem Abend noch lange beieinander. Lenski hatte eine Flasche Kartoffelschnaps spendiert. Sie erzählten von großen Fischen, von den Wölfen, die in diesem Winter noch nicht gekommen waren, vor allem aber von Amerika, und es schien ihnen ein Land voller Wunder zu sein, in dem ein geschickter Zimmermann das Gold auf der Straße finden konnte. Es ging schon auf Mitternacht zu, als Mathilde, eine Tochter des alten Mannes, die an die zwanzig war und tagsüber auf dem Gutshof arbeitete, nach Hause kam.
    »So spät heute?«, fragte der alte Mann.
    »Sie hatten ein Fest drüben. Der Baron ist gekommen. Er will dich morgen um zehn sprechen, Vater.« Sie schaute sich in der Stube um. »War der Lehrer nicht da?«, fragte sie.
    »Hast ein Auge auf den Lehrer geworfen, wie?«, versuchte Lenski sie zu necken.
    Aber sie ging nicht darauf ein. »Ich bin müde, ich gehe ins Bett. Wir können morgen zusammen zum Gut gehen, Vater. Ich muss auch um zehn Uhr dort sein.«
    »Ist gut.« Der alte Mann versank ins Grübeln. In zwei Jahren hatte er nicht mehr als 325 Taler zurückzahlen können von der Schuld seines Sohnes. Der Baron schickte nach ihm. Er hatte nur 180 Taler in den letzten drei Monaten zusammengekratzt. Für 2000 Taler hatte er damals für seinen Sohn Karl gebürgt. Was sollte nur werden, wenn er dem Baron wieder nicht genug zurückzahlen konnte? Ein anderer Herr hätte ihm wahrscheinlich schon Haus und Hof und Geschäft unter den Hammer gebracht. Aber die Geduld des Barons hatte auch ihre Grenzen. Schon im Sommer hatte er viel von seiner Freundlichkeit verloren, als der alte Mann nur 150 Taler auf den Tisch zählen konnte. »Die Zeiten sind schlecht, Bienmann, ich weiß es«, hatte er gesagt. »Aber für mich sind sie nicht besser als für dich. Denke daran und sieh zu, wie du das Geld zusammenbekommst.«
    »Ja, Herr«, hatte er geantwortet und es war ihm schwer gefallen, die Augen nicht niederzuschlagen.
    »Schluss jetzt«, brummte er und stand auf. »Es ist genug gefeiert für 28 Pfund Fisch. Geht nach Hause, Leute.«
    Der Junge war eingeschlafen und schreckte von dem Gepolter der Füße und vom Stühlerücken auf.
    »Eins wollte ich noch fragen, Luke«, sagte Lenski, »hat der Fisch tatsächlich auf ein mickriges Rotauge angebissen?«
    »Nein«, antwortete der Junge schlaftrunken. »Eine Karausche habe ich ihm an den Haken gesteckt, eine fette Karausche.«
    Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher