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Der Kuss des Werwolfs - 1

Der Kuss des Werwolfs - 1

Titel: Der Kuss des Werwolfs - 1
Autoren: Isabell Alberti
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entzündete die Zigarette und nahm den ersten Zug.
    Derenski wedelte den Rauch mit der Hand fort.
    »Die Zigarette danach muss sein, mein Lieber.«
    »Wir reisen morgen nach England«, verkündete er, entwand Antonia den Glimmstängel und nahm selbst einen Zug.
    »Morgen schon? Ich muss noch einkaufen und packen! Es gibt so viel vorzubereiten.« Antonia wollte aufstehen, doch er hielt sie fest.
    »Wir ziehen in den Krieg, da brauchst du Waffen, keine Galakleidchen.«
    »Was glaubt du, was ich für Waffen mitnehme?« Sie bleckte die Zähne. »Wolltest du nicht erst nächste Woche fliegen?«
    »Wir fliegen nicht, sondern fahren mit dem Zug durch den Eurotunnel.« Derenski konnte die Enge eines Flugzeugs und die Nähe so vieler nach Schweiß stinkender Menschen nicht ertragen. Außerdem hielt er eine Zugfahrt für die einzig standesgemäße Art zu reisen - vielleicht abgesehen von Kutschen.
    Antonia wäre lieber geflogen, aber sie wusste, es war zwecklos, ihn umstimmen zu wollen. Außerdem war sie in Gedanken dabei zu überlegen, was sie alles mitnehmen musste. Egal, was ihr Seelenpartner sagte: Ohne passende Kleidung für jede Gelegenheit würde sie nicht verreisen.
    »Ich habe einen Hinweis in der »Daily 16« gefunden, dem wir nachgehen müssen.«
    »Du liest dieses Käseblatt? Was steht da schon drin?«
    »Dass ein junges Mädchen morgens mit Kratzern am ganzen Körper aufgewacht ist, deren Ursache sie und ihre Eltern sich nicht erklären könnten. Die Familie hat weder ein Haustier, noch hat das Mädchen die Nacht mit jemandem zusammen verbracht. Ärzte haben festgestellt, dass sie sich die Verletzungen auch nicht selbst beigebracht habe, und die Polizei ist ratlos.« »Und deswegen brechen wir überstürzt nach London auf?« Antonia schüttelte verblüfft den Kopf, vergaß dabei aber nicht, darauf zu achten, dass ihr Haar sich dekorativ ausbreitete.
    »Du hast das damals vielleicht nicht mitbekommen, aber genau so was ist schon mal vorgekommen. Im 17. Jahrhundert hat der Werwolf Adamo di Fedelta verzweifelt seine Seelenpartnerin gesucht, und ein Bauernmädchen aus Umbrien ist ständig mit Kratzern am ganzen Körper aufgewacht. Die dummen Menschen haben sie für eine Hexe gehalten — sie stand schon auf dem Scheiterhaufen, als er sie endlich fand.«
    »Du glaubst jetzt, dass wieder ein Werwolf …?«
    »Er muss ein besonders starker sein, und seine Verzweiflung groß. Da fällt mir nur einer ein.«
    »Consett Enderby jedenfalls nicht.« Enderby war der Alphawolf des Londoner Rudels und galt als wenig durchsetzungsstarker Führer. Wahrscheinlich hatte er sich die letzten hundert Jahre nur deshalb an der Spitze des Rudels gehalten, weil Derenski ihn aus für Antonia nicht verständlichen Gründen stützte.
    »Ich denke an Rhodry Monroe. Zu seiner Zeit war kein Werwolf stärker als er, er hat keine Seelenpartnerin, und niemand dürfte verzweifelter sein.«
    »Ist das möglich?«
    Derenski zuckte mit den Schultern, die Muskeln spielten unter seiner Haut. »Niemand war bisher an einem Ort außerhalb der Zeit und ist zurückgekehrt, um zu berichten, was dort möglich ist und was nicht. Wir werden jedenfalls kein Risiko eingehen und die Sache untersuchen. In London geben wir uns als Pawel Tworek und seine Schwester Antonia aus und suchen das Mädchen, von dem in der Zeitung berichtet wird. Wer außer uns Werwölfen kennt schon Pawel Tworek?«
    Tworek war ein berüchtigter Werwolfjäger aus dem 15. Jahrhundert, der in der Menschenwelt kaum jemandem bekannt, und unter Werwölfen aber gefürchtet gewesen war, denn zu seiner Zeit hatte niemand mehr Werwölfe vernichtet als er.
    »Ich muss dich verlassen, Liebster. Vor der Abreise ist noch viel vorzubereiten.« Antonia erhob sich und warf sich ihren hauchdünnen Morgenmantel aus schwarzer Seide über. Sie schloss ihn nicht, und der dünne Stoff bauschte sich um ihren Leib, als sie zur Tür schritt.
    Dort begegnete sie Igor, Derenskis Leibwächter, der eben eintreten wollte. Sie zwinkerte ihm zu, und er verneigte sich vor ihr, sah dabei jedoch an ihr vorbei.

Kapitel 3
    Nola strich über das rosa Papier der »Financial Times«, stapelte die Bögen ordentlich aufeinander, faltete die Zeitung zusammen und legte sie zurück zu den anderen drei Exemplaren, die in der Hotelhalle für Gäste auslagen. Dieses war das Einzige, das heute jemand aufgeschlagen hatte. Anders sah das bei der »Times« aus oder bei »Daily 16«; die waren wesentlich zerlesener.
    Sie schaute auf die Uhr.
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