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Der Kuss des Meeres

Der Kuss des Meeres

Titel: Der Kuss des Meeres
Autoren: Anna Banks
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Suchscheinwerfer.
    Emma überlässt Chloe den Rettungsschwimmern und gibt ihnen ein Zeichen, dass sie verstanden hat, als sie ihre leblose Freundin aus ihrem schützenden Griff winden. Die beiden tauschen einen überraschten Blick, während sie an die Oberfläche zurückpaddeln. Sie hieven Chloe in das Boot. Erst jetzt sieht Emma Chloes Bein– vom Knie bis zum Knöchel ist nur noch der Knochen übrig. Ihr qualvoller Schrei raubt ihr den letzten Rest an Sauerstoff, den letzten Rest an Kampfgeist. Ihr Körper erschlafft, ihre Augen schließen sich.
    Galen schlingt die Arme um sie, bevor sie auch nur einen Zentimeter sinken kann.
    Er kümmert sich nicht darum, dass das Wasser auf der anderen Seite des Rettungsboots spritzt. Er zerrt Emma an die Wasseroberfläche und in die wartenden Arme seiner Schwester. Rayna hievt sie über den Rand des Bootes.
    Als Galen sich ins Wasser zurückfallen lässt, entdeckt er die beiden Rettungsschwimmer und verdreht die Augen. Sie begreifen nicht einmal, dass Emma bereits sicher an Bord ist. Sie suchen mühevoll das Wasser direkt vor sich ab und sehen keine Armeslänge nach oben. Ohne den Scheinwerfer können diese mitleiderregenden Kreaturen nichts sehen. Wenn Galen nicht hier wäre, wäre Emma tot.
    Wutentbrannt schießt er zwischen den beiden hindurch. Die Wucht seiner Bewegung schleudert sie herum wie ein kleiner Wirbelstrom. Als er davonschwimmt, hört er noch ihre erschrockenen Aufschreie.
    Galen fischt seine Badehose unter dem Stein hervor; an einem Strand voller Menschen hatte er sie im Wasser ausziehen müssen. Er schlüpft hinein, gräbt die Füße in den schlammigen Boden und watet ans Ufer.
    Rayna sitzt im Sand, die Knie an die Brust gedrückt, und wartet auf ihn. Sie wringt ein Stück Stoff in den Händen, bis es wie ein Seil aussieht; Galen erkennt die Bluse, die Emma getragen hat, als er ihr zum ersten Mal auf der Strandpromenade begegnet ist. Selbst im Mondlicht sieht er, dass seine Schwester weint.
    Er seufzt und setzt sich neben sie. Kampflos lässt sie zu, dass er seine Arme um ihre Schultern legt, und lehnt sogar den Kopf an seine Brust, als er sie an sich zieht.
    » Chloe ist tot«, stößt sie mit erstickter Stimme hervor. Trotz ihrer Gehässigkeiten weiß seine Schwester, wie wertvoll ein Leben ist– menschlich oder nicht.
    Er nickt. » Ich weiß. Ich war nicht rechtzeitig da.«
    Rayna schnaubt. » Galen, dafür kannst du nicht die Verantwortung übernehmen. Ich sagte, sie ist tot. Ich habe nicht gesagt, dass du sie getötet hast. Wenn du sie nicht erreichen konntest, hätte es niemand geschafft.«
    Er kneift sich in den Nasenrücken. » Ich habe zu lange gewartet, bevor ich eingegriffen habe.«
    » Galen…«
    » Vergiss es. Was ist mit Emma?«
    Rayna seufzt. » Sie ist zu sich gekommen, als wir das Ufer erreicht haben. Sie haben ihr erlaubt, Chloe in dem weißen Lieferwagen zu begleiten.«
    » Aber wer ist sie?«
    Sie zuckt die Achseln. » Keine Ahnung. Sie atmet. Und weint.«
    Galen nickt und stößt den Atem aus, ohne dass ihm bewusst gewesen wäre, ihn angehalten zu haben. » Es geht ihr also gut.« Seine Schwester löst sich von ihm und lehnt sich zurück. Er lässt den Arm sinken, sieht sie jedoch nicht an. » Ich denke, du solltest nach Hause zurückkehren«, sagt er leise.
    Rayna steht auf und baut sich vor ihm auf. Sie stampft mit den Füßen und stemmt die Hände in die Hüften. Trotzdem ist er nicht darauf gefasst, dass sie ihn so anschreit. » Sie ist keine von uns! Sie ist ein jämmerlicher Mensch, der nicht einmal seine eigene Freundin retten konnte. Und weißt du, was? Selbst wenn sie eine von uns wäre, will ich es nicht wissen! Denn dann werde ich sie dafür töten müssen, dass sie ihre Freundin hat sterben lassen!«
    Noch bevor sie den letzten Satz beenden kann, ist Galen auf den Füßen. » Also, wenn sie menschlich ist, hasst du sie, und wenn sie eine Syrena ist, hasst du sie auch. Habe ich das richtig verstanden?« Er versucht, nicht defensiv zu klingen. Seine Schwester wäre wahrscheinlich anderer Meinung, wenn sie gerade gesehen hätte, was er gesehen hat. Aber sie hat es nicht gesehen. Und er ist nicht bereit, ihr zu erzählen, was Dr. Milligan gesagt hat oder wie der Hai reagiert hat. Er wird mit ihren falschen Vorstellungen über Emma Geduld haben müssen. Und er wird gelassener reagieren müssen als bisher.
    » Sie ist keine Syrena! Wenn sie es wäre, würden wir sie spüren, Galen.«
    Das lässt ihn verstummen. Er hat angenommen,
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