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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition)
Autoren: Aprilynne Pike
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nur Augenblicke.
    Plötzlich legt sich eine Hand um meinen Arm und der Mann zerrt mich unter der Bank hervor. Sein Gesicht ist nur Zentimeter von meinem entfernt, und er schüttelt mich, dass mir die Zähne klappern. Ich bin immer noch zu voll von diesen seltsamen Gefühlen, um ein Wort von dem zu hören, was er sagt, aber ich schaffe es zu flüstern. Immer wieder. »Ich habe nichts gehört, Sir. Ich habe nichts gehört!«
    Er hört auf zu schütteln und jetzt kann ich kaum noch den Kopf gerade halten. Ich starre in dieses Gesicht: zerklüftet, mit einem kurzen Bart und einer Narbe auf der Wange. Ich weiß nicht, ob er ein Gentleman ist oder ein Raubein.
    Doch seine Augen sind von einem hellen Braun und ich starre ihn lange Sekunden an.
    Ich kenne dieses Gesicht.
    Ich bin mir sicher, dass ich ihm noch nie begegnet bin, aber ich kenne dieses Gesicht.
    »Sie ist nur ein kleines Menschenkind«, sagt die Stimme einer Frau außerhalb meines Gesichtsfeldes. Schnell schaue ich zu ihr hinüber. Sie wird mich retten!
    Doch was ich sehe, ist der kurze Lauf einer Steinschlosspistole, der beinahe meine Stirn berührt, gehalten von einer zarten, behandschuhten Hand.
    »Keiner wird sie vermissen«, vollendet die Frau ihren Satz. Meine Augen werden groß und ich schaue ihr ins Gesicht. Sie sieht freundlich aus, majestätisch, beinahe schön.
    Doch sie zeigt kein schlechtes Gewissen oder Zögern, als sie den Hahn der Pistole zurückzieht, und mein letzter Augenblick wird von dem ohrenbetäubenden Knall eines Schusses geflutet, während mein Kopf nach hinten gerissen wird, glühend vor Schmerz.
    Und dann wird meine Seele wieder fortgerissen.
    Ich schnappe nach Luft, meine Lungen verlangen nach Atem. Ich berühre meine Stirn und finde die Haut dort unversehrt. Schweiß vermischt sich mit prasselndem Regen, doch ich bin unverletzt.
    Ich lebe.
    Es war nur eine Erinnerung.
    Ich blicke zu Marie auf; diesmal hält sie keine Pistole in der Hand, aber ich sehe denselben Blick, frei von Emotion.
    »Es ist so eine Schande«, sagt sie monoton. »Du und ich, wir waren einmal Freunde, bevor du dich auf die Seite der Curatoria geschlagen hast. Vor so vielen Äonen, und immer noch erinnere ich mich an die Ewigkeiten, die wir damit verbracht haben, einen Fluss zu schaffen, eine Schlucht, deren majestätische Wände und wunderschöne Landschaft später legendär werden würden, nur weil wir es konnten . Du hast hohe Berge geschaffen, ich habe diese tiefen Kluften geschnitzt. Geben und nehmen, ausgeglichen, genau wie es die Erdgestalter tun sollten. Wir beide machten etwas Schönes, während unsere Geliebten zankten und stritten. Es versetzt mir nach wie vor einen kleinen Stich des Bedauerns, wenn jemand vom Grand Canyon spricht.«
    Ich versuche immer noch, Sinn in ihre Worte zu bringen, als ein Schlag meinen Kopf zur Seite wirft.
    »Das ist dafür, dass du mich zurückgelassen hast«, sagt sie leise.
    Zorn brodelt in mir, erfüllt mich mit einer Wut, die allen Schmerz von dem Schlag tilgt. Mein Leben, meine Eltern, meine Liebe – sie ist verantwortlich für alles, das ich nicht mehr habe.
    »Ihr habt mir alles genommen!«, schreie ich, und ein Blitz unterstreicht meine Worte.
    »Ja, ich denke, das haben wir«, sagt sie vollkommen ruhig.
    Doch gerade als ich mir sicher bin, dass die Wut mich überwältigen wird, verlagert sich etwas in mir, und eine schwarze Kühle legt sich über meine Gedanken.
    Es genügt . Unbekannte Stimmen hallen in meinem Kopf wider, als eine schneidende Wut eine Grube in meinen Magen schlägt, weißglühender Zorn über alles Unrecht, das aus meinem Gedächtnis gelöscht ist – und doch sind da der Schmerz, der quälende Verlust, an die ich mich mit völliger Klarheit erinnere. Es. Ist. Verdammt. Noch. Mal. Genug.
    Ich strecke die Hände aus, gieße meine Wut aus, und augenblicklich stehe ich vor einem Berg: einem staubigen roten Koloss aus Fels und scharfen Klippen, der Hunderte von Metern über meinen Kopf aufragt; die blanke Fläche eines Felsvorsprungs ist nur um Armeslänge entfernt. Der Wald, der nichts weiter ist als eine zerstörte Erinnerung, ist vom Stein weggefegt.
    Einen Augenblick lang.
    Einen Wimpernschlag später ist er fort. Nicht auf die normale Art nach fünf Minuten – er wurde ausradiert, und an seiner Stelle steht Marie mit beinahe gelangweiltem Gesicht, umgeben von gesplitterten Bäumen, soweit ich es in der trüben Dunkelheit erkennen kann.
    Marie die Zerstörerin.
    Aber ich bin noch nicht fertig. Das
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