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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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finden, wenn überhaupt Gerechtigkeit in der Welt wäre. – Er verschweigt nämlich, was geschehen ist, als er mit dem betrogenen und gekränkten Gatten wieder zusammentraf.«
    »In der Tat?« rief Fräulein von Zahbern, jetzt ganz Ohr.
    »Und etwas muß da vorgefallen sein,« sagte von Zühbig erbarmungslos fort.
    »Lieber Zühbig,« sagte von Silberglanz entschlossen, »Sie mögen mich als einen indiskreten oder vielmehr zu vertrauensvollen Freund kennengelernt haben, aber daß ich ein Prahlhans sei, kann mir niemand vorwerfen.«
    »Also Sie haben sich duelliert?« fragte Fräulein Franziska rasch. »Gott! wie schrecklich!«
    »Sie sehen, mein gnädiges Fräulein, daß ich noch gesund vor Ihnen stehe,« bemerkte von Silberglanz.
    »Und Monsieur Bertrand ist ebenso gesund davongekommen,« kaute der Staatsrat mit seiner breiten Stimme und einem vergnügten Grinsen.
    »Aber woher weißt du das?« sagte seine Frau.
    »Woher, mein Schatz? – als ob ein Mann in meiner Stellung nicht alles wissen müßte!«
    »Alles?« lächelte die Frau Staatsrätin und warf ihrem Gatten einen spöttischen Seitenblick zu.
    »Alles, mein Kind,« bestätigte ihr Mann, »und daher weiß ich denn auch, daß eben dieser Georg Bertrand vor etwa drei Wochen drei ganze Tage lang im Hause des Grafen Geyerstein war und dort mit seinem Kinde gewohnt hat.«
    »Mit seiner Tochter?« rief Silberglanz rasch.
    »Mit seiner Tochter. Sie scheinen auch in der Familie näher bekannt.«
    »Aber, Herr Staatsrat,« rief Fräulein von Zahbern, »davon sollten wir in der Residenz gar nichts erfahren haben?«
    »Daß es Ihnen entgangen ist, mein gnädiges Fräulein, wundertmich selber,« bemerkte der Staatsrat, »aber seine Abreise stand mit der der Gräfin Geyerstein in genauester Verbindung, denn sie sind – in einem Wagen zusammen abgereist.«
    »Und davon haben Sie uns die ganze lange Zeit kein Wort gesagt?«
    »Dann hat ihn auch die alte Gräfin mit auf ihre neuen ungarischen Güter genommen,« rief von Zühbig, »und dahin ist denn auch jedenfalls vor acht Tagen das junge Ehepaar nachgereist.«
    »Aber in welcher Verbindung könnte Georg Bertrand mit ihnen stehen?« fragte die Staatsrätin; »Franziska, das müßten Sie uns eigentlich herausbekommen. Sie sind ja mit der alten Exzellenz von Ralphen ein Herz und eine Seele, und Melanie ...«
    »Ich habe seit dieser Verbindung keinen Fuß wieder in das Haus gesetzt,« sagte Fräulein von Zahbern, den Kopf stolz zurückwerfend.
    »Ein neues Rätsel,« rief der Staatsrat, »und die ganze Stadt behauptete, es sei einzig und allein Ihr Werk gewesen.«
    »Dann tut mir die ganze Stadt zu viel Ehre an,« erwiderte Fräulein von Zahbern kalt. »Melanie hat den Grafen Geyerstein nur genommen, weil sie sich Hoffnungen auf Selikoff gemacht hatte und diese zuletzt doch wohl nicht haltbar fand. Sie mochte nicht als alte Jungfer sterben.«
    »Sehr vernünftig von der jungen Dame,« bemerkte der Staatsrat mit einem bedenklichen Blicke auf Fräulein von Zahbern, der aber von dieser glücklicherweise nicht bemerkt wurde.
    »Apropos, Selikoff,« sagte von Silberglanz, der bei der neuen Wendung des Gespräches eine Last von seinem Herzen gewälzt fühlte. »Als ich damals abreiste, hieß es ja, daß er nur nach Petersburg ginge, um einige Geschäfte dort zu ordnen.«
    »Das hieß damals so,« sagte Frau von Zädnitz, »seit sich die Sachen hier aber so geändert haben, wird er schwerlich wiederkehren.«
    »Gnädige Frau möchten sich darin doch vielleicht irren,« erwiderte Fräulein von Zahbern, und ein eigener triumphierender Blick schoß dabei nach dem Baron Silberglanz hinüber, von dem er jedoch total abprallte. »Ich weiß aus ganz sicherer Quelle, daß Melanie von Ralphen keinen Einfluß auf sein Herkommen oder Wegbleiben hat, und daß er also, trotz Komtesse von Ralphens Heirat und sehr unbekümmert darum, in etwa vierzehn Tagen wieder hier eintreffen wird.«
    »Ei, ei, mein gnädiges Fräulein,« schmunzelte von Zühbig, »sollen wir da vielleicht veranlaßt werden, andere zarte Bande als Magnet zu betrachten, die ihn hierher ziehen könnten? Selikoff hat Ihnen einmal, ehe er sich so ganz nach Ralphens hinzog, entsetzlich die Cour gemacht.«
    »Nein, da tun Sie Fräulein von Zahbern unrecht, Herr Baron,« rief der Staatsrat, ihre Partei ergreifend, »diesmal ist das gnädige Fräulein nicht allein vortrefflich unterrichtet, sondern interessiert sich auch aus vollkommen uneigennützigen Absichten für den jungen
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