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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Kopf.
    »Gut,« lachte der alte Herr still vor sich hin, »dann kann sie sich die Neuigkeit gleich selber holen, denn das ist ihre Stimme draußen. Und nun, Herr Major, bitte ich mir auch aus, daß Sie mich nicht den ganzen Tag hier mit dem Patent in der Hand stehen lassen. Sie scheinen sich keinen Pappenstiel daraus zu machen.«
    »Bester Vater!«
    »Ahem, da bekomme ich gleich einen neuen Titel. Schön, werde augenblicklich Gebrauch davon machen. – Frau von Ralphen,« wandte er sich in dem Moment zu der eben eintretenden Exzellenz, die mit einem Briefe in der Hand das Zimmer ihrer Tochter betrat und überrascht schien, den Grafen Geyerstein hier zu finden. »Ich habe die Ehre, Ihnen hier Herrn Major von Geyerstein vorzustellen, der Sie durch mich ersuchen läßt, ihm für heute abend ein gutes Souper herzurichten und ihm in Zukunft eine gnädige liebevolle Schwiegermutter zu sein.«
    »Eine Schwiegermutter?« rief die alte Dame, im höchsten Erstaunen von einem zum andern blickend, »Melanie!«
    »Meine liebe, liebe Mutter!« flüsterte Melanie an der Mutter Brust, »ich habe ihn ja immer geliebt – und bin so glücklich jetzt – so herzenfroh!«
    »Aber, liebes Kind,« sagte die alte Exzellenz bestürzt, »das ist – Herr Graf, Sie entschuldigen – eine Wendung, auf die ich in der Tat nicht gefaßt war. Graf Selikoff schreibt mir soeben, daß er dich um deine entscheidende Antwort bittet, da er in nächster Zeit hier wieder eintreffen will.«
    »Nun, da ist ja noch gar nichts versäumt,« lachte Herr von Ralphen gutmütig, »da kann er's ja noch immer bis dahin erfahren.«
    »Aber Melanie!« rief Frau von Ralphen.
    »Hast du dem Grafen Selikoff eln Versprechen gegeben?«
    »Nein, Papa.«
    »Oder ihm Hoffnungen gemacht?«
    »Nie,« sagte Melanie mit fester Stimme, ihrem Vater dabei offen ins Auge schauend.
    »Bon!« sagte der alte Herr, sich vergnügt die Hände reibend. »Der Selikoff ist ein herzensguter und ganz gescheiter Mensch, mit dem man recht angenehmen Umgang haben kann, und hätte ihn Melanie zu ihrem Gatten gewählt, nun, so würde ich mich dem gefügt haben, denn meinem Kinde will ich keinen Zwang antun. Wie die Sache aber jetzt steht, ist mir der neugebackene Major lieber, und daß auch du ihm eine freundliche Mutter sein wirst, dürfen wir von dir erwarten.«
    »Aber ich begreife gar nicht ...«
    »Nachher, Mütterchen, nachher,« bat Melanie, während Graf Geyerstein auf sie zuging und ehrfurchtsvoll ihre Hand an seine Lippen zog, »der Graf selber begreift es noch nicht, und ihm bin ich vor allen anderen eine Erklärung schuldig, dann kommst du und Papa auch daran. Nicht wahr, ihr laßt mich einen Augenblick mit ihm allein?«
    »Ja, wenn wir hier aus dem Zimmer geworfen werden, Mütterchen, dann müssen wir wohl gehen,« lachte Herr von Ralphen; »und ob mir der verzweifelte Mensch nur den Brief aus der Hand genommen hätte,« setzte er hinzu, indem er das Schreiben mit komischem Zorn auf den Tisch warf.
    »Und das alles hier –« begann die Mutter noch einmal; ihr Gatte aber nahm ihren Arm in den seinen, und mit einem freundlichen »Macht's kurz, ihr beiden, und Sie, Major, kommen dann zu mir hinüber,« zog er die noch immer halb Widerstrebende lachend aus der Tür und mit sich in sein Arbeitszimmer, um dort den glücklichen Bräutigam zu erwarten.

31.
    Bei Herrn von Zühbig war großes Diner zur Geburtstagsfeier der gnädigen Frau.
    Geladen waren: Herr Staatsrat von Zädnitz mit Gemahlin, Herr General von Schoden mit Fräulein Euphrosyne von Schoden, Herr Geheimer Finanzrat von Eitelbrand mit Gemahlin und Tochter, Fräulein Franziska von Zahbern, Herr Baron Hugo von Silberglanz, Herr Gerichtsassesor Freiherr von Helmersdorf.
    Das Diner war verzehrt, die Diener schafften Schüsseln und Weinflaschen hinaus, die Damen und Herren hatten sich in einen benachbarten Salon begeben, wo Kaffee serviert wurde, und während sich die Gäste hier in kleinen Gruppen absonderten, gelang es dem Staatsrat von Zädnitz endlich, wonach er schon lange gestrebt, den Baron Hugo von Silberglanz in einem Knopfloch zu erwischen.
    »Aber, mein Herr Baron,« rief der etwas ausgetrocknete Herr, indem er sein scharfmarkiertes Gesicht in ein süßliches Lächeln zog, »man wird Ihrer ja gar nicht habhaft, und ich habe mir bis jetzt die größte, wenn auch immer vergebliche Mühe gegeben, Ihnen auch nur einmal für einen Moment beizukommen.«
    »Herr Staatsrat, ich stehe ganz zu Ihren Diensten,« sagte unser alter
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