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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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sein jugendlicher Leichtsinn geworfen, entzog, daß ich ihn nach Schildheim brachte, freilich in der vergeblichen Hoffnung, auch seine Frau einem geregelten Leben zu gewinnen – und heute nun geerntet, wo ich gesäet, heute den Sohn wieder an das Herz der Mutter legen konnte und seinem Haupte ihren Segen gerettet habe, das hielt ich für mein Verbrechen Ihnen gegenüber – das einzige, dessen ich mich schuldig weiß, und damit werde ich mich jetzt von einem Stande zurückziehen, dem ich, wie ich bis heute glauben mußte, Ihrer Meinung nach nicht mehr mit Ehren angehören konnte.«
    »Graf Geyerstein!« rief Melanie und ihre ganze Gestalt zitterte, ihr Auge hing in Schmerz und Angst an den bleichen, ernsten Zügen des jungen Mannes. Dieser aber fuhr ruhig fort: »Eine große und schwere Last wäre von meiner Seele genommen, wüßte ich, daß dem nicht so sei. – Doch wie auch immer, Komtesse, leben Sie wohl, und vielleicht bringt Ihnen einmal eine spätere Zeit die Überzeugung, daß der Mann, der es gewagt hatte, selbst Ihren Besitz zu erhoffen, dessen vielleicht nicht würdig gewesen sei – nie aber seiner selbst unwürdig gehandelt haben konnte. Leben Sie wohl – ich sehe, meine Nähe ist Ihnen peinlich; ich werde die Rückkunft Seiner Exzellenz im Vorsaal erwarten.«
    Er verbeugte sich vor der jungen Gräfin und wollte sich so verabschieden; da aber hielt sich Melanie nicht länger.
    »Graf Geyerstein!« rief sie, die Arme nach ihm ausstreckend, »Wolf! – können Sie mir verzeihen?«
    »Melanie!« hauchte der Graf, in freudigem Schreck zu ihr aufschauend; die Jungfrau aber, ihrer selbst nicht mächtig, wankte auf ihn zu, und ihr Haupt an seine Brust legend, während Wolf in jubelndem Entzücken sie an sich preßte, flüsterte sie: »Wie tief und unverdient hab' ich dies edle, treue Herz gekränkt!«
    »Scharmant!« rief in diesem Augenblicke die lachende Stimme des alten Herrn, der gerade in der Tür erschien. »Da mache ich mir die bittersten Vorwürfe, daß ich den Grafen so lange warten und sich langweilen lasse, und in der Zeit hat der meine Tochter beim Kopf und antichambriert auf die Art nach Herzenslust. Was machen Sie da, Geyerstein?«
    »Exzellenz!«
    »Er hat mich gebeten, Väterchen,« sagte da Melanie, unter Tränen lächelnd, während sie ihre Stellung nicht verließ und nur etwas den Kopf gegen den Vater wandte, »doch sein Fürsprecher zu sein, daß du ihm seine Entlassung aus ***schen Diensten bewilligtest.«
    »Das sieht beinahe so aus,« lachte der Kriegsminister, »und Entlassung aus dem Dienste? Was fällt dem Herrn Major denn jetzt auf einmal ein, den Dienst zu quittieren, in dem er sich als Rittmeister so lange Jahre wohl befunden?«
    »Major?« rief Graf Geyerstein, erstaunt den Kriegsminister anblickend, der ein großes, mit einem mächtigen Siegel petschiertes Kuvert in der Hand und ihm lachend entgegenhielt.
    »Da auf dem Ding,« rief er dabei, »steht wenigstens die Adresse groß und breit, dem Major Grafen Wolf von Geyerstein, von des Fürsten eigener Hand geschrieben. Den Herrn Major werde ich jetzt aber auch um eine Erklärung bitten und besonders fragen müssen, ob er seine Wartezeit nicht besser anzuwenden weiß, als anderer Leute Tochter den Kopf zu verdrehen?«
    »Exzellenz,« sagte der junge Mann, in einem wahren Taumel von Glück und Seligkeit, ohne jedoch die noch immer an ihn geschmiegte Melanie aus seinem Arm zu lassen, »ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich in diesem Augenblick selber nicht weiß, wo mir mein eigener Kopf steht – ich bin zu glücklich, zu selig. Sie auch nur ...«
    »Um deinen Segen zu bitten, Papa!« flüsterte Melanie, sich ihm entwindend und zum Vater eilend, an dessen Hals sie flog. »Ich warein böses – böses Kind, Papa, und habe viel, gar sehr viel gut zu machen; aber,« setzte sie mit herzlichem Tone hinzu, indem sie dem überglücklichem die Hand entgegenstreckte, »auch eine ganze Lebenszeit vor mir, es zu vollbringen.«
    »Dann nehmt von ganzer Seele meinen Segen,« sagte der alte Herr gerührt. – »Sie, Graf, war ich gewohnt, seit langen Jahren als mit zum Hause gehörig zu betrachten, und daß Sie die letzten Monate sich dem so entfremdeten, hat mir wehe getan. Die Sache hattet ihr beiden mitsammen auszumachen, und nur die Pläne, die eure Mama – aber alle Teufel, weiß denn die Mutter schon um dieses Bündnis, das die beiden kriegführenden Mächte auf einmal miteinander geschlossen haben?«
    Melanie schüttelte den
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