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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition)
Autoren: Richard Schwartz
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es durch das Kutschenfenster viel zu sehen.
    Schnell kam das Gefährt nicht voran, ständig musste der Kutscher die Pferde zügeln, denn auch mitten in der Nacht herrschte hier im Hafen Hochbetrieb, und es brannten derartig viele Laternen und Fackeln, dass der Kai fast so hell erleuchtet war wie am Tag. Allein schon der Militärhafen war so groß wie der Hafen von Kelar, Schiff an Schiff lag hier und wurde repariert oder ausgerüstet, überall herrschte eine emsige Betriebsamkeit, die mich daran erinnerte, wie die schwarze Legion Besitz von den Feuerinseln ergriffen hatte.
    Gerade in den letzten Tagen, als es für uns nicht mehr zu tun gab, als darauf zu warten, dass die Sturmtänzer Askir erreichte, und uns von den Strapazen zu erholen, hatte ich Muße gehabt, über das nachzudenken, was wir erfahren hatten.
    Die Gewalten der Natur mochten die Pläne unseres Feinds vorerst zerschlagen haben, doch ich bildete mir nicht ein, dass der Kampf damit zu Ende war. So groß die feindlichen Verluste durch die Katastrophe auch waren, sie hatte uns nicht viel mehr als Zeit erkauft.
    Das Reich Thalak war unter der Führung seines unsterblichen Nekromantenkaisers weitaus größer und mächtiger, als es unsere dunkelsten Albträume hatten befürchten lassen. Größer als das Alte Reich, schien es uns in allen Dingen überlegen. Während im Alten Reich die Magie verpönt und gefürchtet war, und jemand mit einer magischen Begabung eher auf dem Scheiterhaufen landete, als eine Ausbildung zu erfahren, war das in Thalak anders.
    Der Nekromantenkaiser hatte einen Weg gefunden, die verfluchte Gabe der Nekromantie auf andere zu übertragen, und führte diesen Verfluchten nunmehr gezielt talentierte Opfer zu, sodass auch diese neu erzeugten Nekromanten über mächtige Fähigkeiten verfügten.
    Am schlimmsten aber war, dass dieses ferne Reich nach dem Modell des Alten Reichs angelegt schien. Während in unserer Heimat die Hauptmacht des Feindes aus in den Dienst gepressten Bauern und Sklaven bestand, waren die feindlichen Soldaten auf der Feuerinsel gut ausgebildet und gerüstet gewesen und standen denen des Alten Reichs in keiner Weise nach. Die fanatische Loyalität der Anhänger und Soldaten des Nekromantenkaisers war erschreckend, umso mehr, als sie bereit schienen, sich für ihren Kaiser ohne Bedenken zu opfern – und mit jedem einzelnen Tod in seinem Namen ihn seinem Ziel, selbst ein Gott zu werden, einen Schritt näher brachten.
    Zokora hatte den Begriff des dunklen Spiegels geprägt, er passte allzu gut: Es war, als ob der Feind all das verwendete, was das Alte Reich und Askir einst so groß und mächtig hatte werden lassen, und es nun gegen uns einsetzte.
    Während ich meinen Gedanken nachhing und durch das Kutschenfenster zusah, wie Askir an uns vorüberglitt, spürte ich Leandras warmen Atem an meinem Hals. Irgendwie kam die Müdigkeit dann doch, ich döste, hörte Sieglinde über etwas lachen, das Serafine ihr erzählte … und schlief ein.
     
    Leandra rüttelte mich wach, ich blinzelte und sah gerade noch, wie wir durch ein langes, tunnelartiges Tor fuhren, das von Soldaten der Legion bewacht wurde. Die Räder unserer Kutsche hallten in der Höhlung, dann öffnete sich vor uns ein großer Hof, kreisrund und von hohen, mächtigen Mauern umgeben, an deren Fundamente sich niedrigere Gebäude drückten.
    Links sah ich einen fensterlosen Turm, dessen Sinn sich mir nicht erschloss, doch als die Kutsche herumschwenkte und ich die Zitadelle erblickte, verschlug es mir fast den Atem. Sie war ein mächtiger und trutziger Block, ein Rund aus weißem Stein mit mindestens sieben hohen Stockwerken und vielen schmalen Fenstern, die mit wehrhaften Läden geschlossen werden konnten. Hinter den meisten dieser Fenster brannte auch zu dieser frühen Stunde noch Licht – oder es brannte schon wieder –, denn in der Ferne zeigte sich bereits das Morgenrot. Die Reise in der Kutsche hatte wohl doch länger gedauert als gedacht.
    Ein Soldat der Federn, dem Teil der Streitkräfte, der sich um Logistik und Schreibarbeiten kümmerte, öffnete mir mit einem Salut die Tür.
    Mir fiel auf, dass man Zokora keine weitere Beachtung schenkte. Zwar war eine dunkle Hautfarbe für das Alte Reich nicht ungewöhnlich, dennoch hätte ich erwartet, dass sie Aufmerksamkeit erregte. Sie und Varosch entschieden sich dafür, sich sogleich zur Ruhe zu betten. Angus dachte erst gar nicht daran, etwas anderes zu tun, als sich nach der nächsten Schenke zu erkundigen,
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