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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition)
Autoren: Richard Schwartz
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hätte erwarten können, dass sie einen Thron besteigt, als dass sie in einer kalten Höhle endet – um heute neugeboren hier zu sitzen.« Er lehnte sich zurück und strahlte uns an. »Ich weiß, wer die Berichte schreibt, also weiß ich auch, dass ich ihnen trauen kann, und doch muss ich gestehen, dass mir vieles unglaublich erscheint.« Er wies auf Schale und Kannen. »Kafje oder Obst? Greift zu, dies ist kein Verhör, sondern eine freundschaftliche Besprechung.«
    »Ähm …«, begann ich und sah Hilfe suchend zu Leandra, die von dieser Begrüßung nicht weniger erschlagen wirkte als ich. Einzig Serafine schien dies alles sehr gelassen zu nehmen.
    »Zu viel auf einmal?«, fragte Orikes, als auch Leandra zögerte. »Ich habe einfach zu lange auf Euch warten müssen«, erklärte er und lachte leise. »Gut, wie wäre es, wenn ich die Fragen stelle?«
    »Wenn Ihr uns auch einige Fragen beantwortet«, sagte nun Leandra, während ich mir eine Kanne griff und die beiden Seras fragend ansah. Beide nickten, also füllte ich vier Becher mit dem dampfenden Gebräu.
    »Fangen wir mit einer Frage an«, sagte ich, während ich einen der Becher dem Obristen hinüberschob. »Gab es vor zehn Tagen einen magischen Angriff auf diese Stadt?«
    Er blinzelte und wurde schlagartig ernst. »Ja. Der Feind versuchte, in der Stadt ein Tor zu errichten, das wahrhaftig zur anderen Seite der Welt führte. Dieser Angriff konnte abgeschlagen werden, und ein Teil der gegnerischen Truppen wurde vernichtet.« Er nahm seinen heißen Becher und drehte ihn zwischen den Fingern. »Woher wisst Ihr davon, General?«
    »Der Kriegsfürst Celan hat es uns berichtet. War es schwer, dem Angriff standzuhalten?«
    »Es war nicht einfach«, sagte der Obrist verhalten. »Es brauchte Glück und Opfer dazu, denn er war von langer Hand vorbereitet, und es gab einen Moment, in dem uns die Lage hoffnungslos erschien.«
    »Habt Ihr die Agenten des Nekromantenkaisers ausfindig machen können?«, fragte Leandra. »Oder müssen wir davon ausgehen, dass sie noch in großer Anzahl tätig sind? Habt Ihr herausgefunden, wer es war, der dem Feind half, und könnt Ihr uns sagen …«
    Orikes hustete dezent und hob die Hand, um sie zu unterbrechen. »Verzeiht, Maestra, aber wäre es möglich, dass ich zuerst meine Fragen stelle?«, fragte er höflich.
    »So fragt«, antwortete Leandra.
    Es zeigte sich, dass Orikes ausgesprochen viele Fragen hatte. Er fing am Anfang an, fragte nach dem, was im Hammerkopf geschehen war, und führte uns dann in gerader Linie bis zu den jüngsten Geschehnissen in Gasalabad. Wie er es fertigbrachte, verstand ich nicht, doch schon nach einer halben Kerzenlänge war es, als ob wir einem alten Freund von unserem Abenteuer berichteten. Selbst Leandra lachte und scherzte, als ob sie ihn schon ewig kennen würde. Aber er verlor niemals seinen Faden, und die sorgsam formulierten Fragen zeigten, wie aufmerksam er jeden Bericht studiert hatte.
    Die Zeit verging wie im Flug, ein Soldat brachte uns ein zweites und ein drittes Mal volle Kannen, und erst als ich ein ausgiebiges Gähnen wirklich nicht mehr unterdrücken konnte, brachte er die Befragung zu einem vorläufigen Ende.
    »Ich sehe«, sagte er zerknirscht, nachdem wir ihm von Prinzessin Marinaes Befreiung und Serafines Wiedergeburt berichtet hatten, »dass es doch länger dauern wird als gedacht.« Er warf einen Blick zum Fenster hinaus, es war schon lange Tag. »Ich will für jetzt nicht weiter in Euch dringen, in wenigen Kerzenlängen wird der Kommandant Euch erwarten, und ich bin sicher, dass Ihr etwas Rast und Ruhe wünscht.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und massierte sich die Schläfen; auch er war jetzt müde. »Der Kommandant ist ein harter, aber gerechter Mann mit einer Geistesschärfe, die man nicht unterschätzen darf. Auch ich werde anwesend sein, doch ich gebe Euch jetzt schon einen Rat: Er erkennt, wenn man etwas vor ihm zu verbergen sucht, und schätzt Offenheit fast schon in brutaler Weise. Er wird Euch nach dem fragen, was ich noch nicht berühren konnte, nämlich wie es kam, dass dieser Vulkan ausbrach. Antwortet ihm so geradeheraus wie möglich.« Sein Blick wanderte von mir zu Leandra, die auf einmal hellwach erschien. »Er versteht genug vom Wirken der Magie, dass Ihr Euch nicht zu scheuen braucht, ihm auch diese Sicht der Dinge darzulegen. Es ist nötig, dass diesem Vorwurf begegnet wird, denn wenn es gelingt, Euch für die Katastrophe verantwortlich zu machen, wird
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