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Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem

Titel: Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem
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Mochten sie auch keine helle Haut haben, mochten sie auch keine schönen Reden führen und sich nicht höfisch benehmen wie die Frauen, die Magnus jetzt lieber hier gesehen hätte mit ihrem Geplapper und ihrem wirrköpfigen Umherlaufen, so besaßen die Leibeigenen doch genügend
Wissen. Falls die Hilfe von Menschen überhaupt ausreichte. Die Heilige Jungfrau Maria würde helfen oder auch nicht, unabhängig davon, welche Seelen sich im Raum befanden.
    Auch die leibeigenen Frauen hatten Seelen wie Menschen von Stand, darüber hatte Pater Henri in starken und überzeugenden Worten mit ihr gesprochen. Und im Himmelreich gab es nicht frei oder unfrei, erhaben oder niedrig, dort gab es nur die Seelen, die sich in Güte verdient gemacht hatten.
    Als Pater Henri den Raum betrat, sah sie, dass er Gebetsbänder bei sich hatte. Er hatte verstanden, was für eine Art Beistand sie jetzt suchte. Doch er tat zunächst, als wüsste er von nichts, und machte sich nicht einmal die Mühe, die Leibeigenen hinauszujagen, die wie gehetzt mit neuen Wassereimern umherliefen, den Fußboden fegten und Leinentücher und Windeln brachten.
    »Sei gegrüßt, verehrte Frau des Hauses. Soviel ich sehe, nähern wir uns in Varnhem einer freudigen Stunde«, sagte Pater Henri und sah sie freundlich und ruhig an.
    »Oder einer Stunde der Trauer, Pater. Das wissen wir erst, wenn es vorüber ist«, sagte Sigrid stöhnend und starrte ihn angsterfüllt an, da sie glaubte, eine neue Wehe stünde bevor. Doch das hatte sie sich nur eingebildet, denn es kam keine.
    Pater Henri trug einen kleinen dreibeinigen Hocker zu ihrem Lager, nahm ihre Hand und streichelte sie.
    »Du bist eine kluge Frau«, sagte er, »und besitzt als Einzige, die ich in der Welt außerhalb des Klosters kennengelernt habe, den Verstand, lateinisch zu sprechen. Auch in vielen anderen Dingen beweist du diesen Verstand, indem du etwa deine Leibeigenen all das lernen lässt, was wir können. Sag mir: Warum sollte das, was
dich erwartet, etwas so Besonderes sein, wenn auch alle anderen Frauen es durchmachen - hochwohlgeborene Frauen wie du, aber auch leibeigene und elende, Tausende und Abertausende von Frauen? Stell dir vor, gerade in diesem Augenblick bist du nicht allein auf der Welt. Vielleicht bist du eben jetzt, wo wir hier zusammensitzen, mit zehntausend Frauen auf der ganzen Welt verbunden. Sag mir also eins: Warum solltest ausgerechnet du etwas zu befürchten haben, mehr als alle anderen?«
    Er hatte in wohlgesetzten Worten gesprochen, fast wie bei einer Predigt, und Sigrid sagte sich, dass er sie sich wohl schon mehrere Tage hatte durch den Kopf gehen lassen, die ersten Worte, die er zu ihr sprechen würde, wenn die Stunde des Schreckens näher rückte. Sie konnte nicht umhin zu lächeln, als sie ihn ansah, und er sah ihrem Lächeln an, dass sie ihn durchschaut hatte.
    »Du sprichst weise, Pater Henri«, sagte sie mit schwacher Stimme. Sie fürchtete sich davor, erneut vom Schmerz überfallen zu werden. »Aber von den zehntausend Frauen, von denen du gesprochen hast, wird morgen vielleicht schon die Hälfte tot sein, und ich könnte eine von ihnen sein.«
    »Dann würde es mir schwerfallen, unseren Erlöser zu verstehen«, erwiderte Pater Henri ruhig und immer noch lächelnd. Sein Blick suchte die ganze Zeit den ihren.
    »Es gibt aber doch Dinge, die unser Erlöser tut und die du nicht verstehst, Pater?«, flüsterte sie, während sie sich in Erwartung der nächsten Schmerzwelle anspannte.
    »Das ist wahr«, bestätigte Pater Henri mit einem Kopfnicken. »Es gibt sogar Dinge, die auch unser Gründer nicht versteht, der heilige Bernhard von Clairvaux. Etwa die schweren Niederlagen, welche die Unsrigen zurzeit im Heiligen Land erleiden. Er selbst forderte dringender
als jeder andere, dass wir mehr Leute hinschicken. Er wünschte nichts sehnlicher als den Sieg über die Ungläubigen für unsere gerechte Sache. Dennoch wurden wir hart geschlagen, unserem starken Glauben und unserer guten Sache zum Trotz. Es ist wahr, dass wir Menschen unseren Erlöser nicht immer verstehen können.«
    »Ich möchte noch Zeit für die Beichte haben«, flüsterte Sigrid.
    Pater Henri schickte die leibeigenen Frauen hinaus, legte seine Gebetsbänder an, segnete sie und sagte, er sei bereit, ihre Beichte anzuhören.
    »Vater, verzeih mir, denn ich habe gesündigt«, keuchte sie. Der Schrecken leuchtete ihr dabei aus den Augen. Dann musste sie einige Male tief Luft holen und sich sammeln, bevor sie
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