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Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind

Titel: Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind
Autoren: Ralf Isau
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Balkon vor dem gelblich roten Schein. Glücklicherweise hatten einige der Menschen im Palast also doch noch vor den Flammen fliehen können.
    Am Fuße der Treppe wurden sie von Momo, Kapitän Wang und seinen Leuten empfangen.
    »Ich habe den Plan kurzfristig geändert. Konnte ja nicht wissen, ob ihr Hilfe braucht«, sagte der Seebär und nahm sein »bestes Stück« aus Davids Hand entgegen.
    Momoko herzte ihren Großvater, der schon wieder schimpfen konnte. Der bullige Fischer hielt wacker dem Trommelfeuer seiner Fäuste stand. Erst als die Enkelin energisch wurde, gab der Greis endlich Ruhe.
    »Jetzt aber nichts wie weg hier«, sagte David und trieb seine Gefährten zu den Booten.
    Etwa in der Mitte der Bucht stießen die beiden Wasserfahrzeuge wieder zu einander. Während sich die Männer in die Riemen legten, sahen sie über sich das Fanal eines großen Sieges. Auf einer weiten rechteckigen Fläche schienen die Klippen selbst in Brand geraten zu sein. Einige der Bäume, deren Äste zu neugierig die Fenster des Felsenschlosses umlauert hatten, standen nun ebenfalls in Flammen. Dann verschwand die Lohe hinter einer hoch aufragenden Felswand. Das Wasser trug nicht mehr das Brodeln und Prasseln herüber. Es war plötzlich still geworden. Nur das gleichmäßige Eintauchen und Abheben der Ruderblätter war noch zu hören.
     
     
    »Es muss furchtbar sein, bei lebendigem Leibe zu verbrennen.«
    Rebekka lehnte mit dem Rücken an Davids Brust und er spürte, wie ihr Leib in seinen Armen zitterte. Sanft küsste er ihren Nacken. Sie standen am Bug der Taifun, die mit halber Kraft nach Osten fuhr. Die Wolken waren aufgerissen. Über ihnen funkelten die Sterne. Von unten drangen gedämpft die Siegeslieder der »Piraten« herauf. Nur der Steuermann harrte schweigend auf der Brücke aus und hielt den Fischkutter auf Kurs.
    »Wenn je ein Mensch einen solchen Tod verdient hat, dann Toyama«, sagte David ohne großes Mitgefühl für den Verblichenen. Er umschlang Rebekka noch ein wenig fester, gab ihr so Wärme und Geborgenheit. Was sie jetzt brauchte, war Ruhe und das Gefühl der Sicherheit, nicht die Zweifel und bangen Fragen, die in seinem Kopf für Aufruhr sorgten.
    Wer ist der wirkliche Sieger dieser Nacht? Nun gut, Toyama war verbrannt. Aber er hatte alle Geheimnisse des Kreises der Dämmerung mit in den Tod genommen: sein Wissen und auch alle verräterischen Dokumente, die es zweifellos in dem Felsenschloss gegeben haben musste. Rebekkas nachdenkliche Stimme drang wie durch einen dichten Vorhang in Davids Bewusstsein vor.
    »Im Grunde genommen hast du Recht. Wenn ich mir überlege, mit welcher Ausdauer er dir und deiner Familie nach dem Leben getrachtet hat! Er kannte alle deine Namen. Das heißt, er muss dir sogar bis nach Europa nachgespürt haben.«
    Und wer weiß, welcher Bluthund mir nun folgen wird. Allerdings… »Alle nicht.«
    »Wie bitte?«
    »In Toyamas Liste fehlte der Name Murray. Ich brauchte selbst eine Weile, bis mir das bewusst geworden war.«
    »Und was bedeutet das?«
    Wenn ich das wüsste, Liebes! Vielleicht eine Verschnaufpause. Aber für wie lang? »Anscheinend ist es ihm nicht gelungen, unsere jetzige Identität aufzudecken. Und Negromanus hat sich seit Schottland auch nicht mehr blicken lassen.«
    »Das klingt wie Musik in meinen Ohren! Überleg doch einmal, was das heißt: Wir können uns endlich frei bewegen. Wir müssen nicht mehr ständig Angst haben, dass die Schergen dieses Geheimzirkels uns hinter der nächsten Ecke auflauern, um uns umzubringen – ein herrlicher Gedanke, findest du nicht?«
    Oh Bekka, könnte ich diese Zuversicht doch nur für dich zur Gewissheit machen! Während David zärtlich den Körper seiner Frau streichelte, wog er in Gedanken seine Chancen ab. Er hatte an diesem Tag eine wichtige Schlacht gewonnen, aber keineswegs den ganzen Krieg. Der Kreis der Dämmerung hatte einen, möglicherweise sogar zwei seiner mächtigsten Unterstützer verloren. Aber war damit wirklich schon ein tödlicher Schlag gegen den Geheimbund gelungen? Wohl kaum. Belial trieb immer noch sein Unwesen. Und mit ihm wohl auch zehn weitere Logenbrüder, deren Identität David nicht einmal kannte.
    Die Bitterkeit dieser Erkenntnis machte es ihm schwer, Rebekkas Freude unbeschwert zu teilen. Ich möchte dir Zeit schenken, Bekka! Wochen, Monate, vielleicht sogar ein paar Jahre, in denen du dich, wie jetzt, nicht zu fürchten brauchst. Trotzig verbannte er alle düsteren Ahnungen ins Verlies seines
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