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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein
Autoren: David Farland
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wenn du mir etwas zum Abendessen besorgen könntest, mein alter Freund«, sagte Orden, »während wir die Brücke hier für euch verstecken.«
    Der Handel war besiegelt.
    Derweil seine Männer im strömenden Regen schufteten, betrat König Orden das Gasthaus und setzte sich nachdenklich vor das große Feuer im Kamin.
    Man hatte ihm ein schnelles, aus einem halbfertigen Eintopf bestehendes Abendessen versprochen, eine halbe Stunde später jedoch trug der Wirt persönlich etwas Brotpudding und ein aufgewärmtes Stück Schwein auf – das stammte von einem großen Eber, die man im Dunnwald jagte. Das Fleisch duftete köstlich, war mit Pfeffer und Rosmarin gewürzt, in dunkles Bier eingelegt und dann auf einem Bett mit Karotten, Wildpilzen und Haselnüssen geschmort worden. Es schmeckte ebenso ausgezeichnet, wie es roch.
    Und natürlich war es verboten. Gewöhnlichen Bürgern war es nicht gestattet, die Wildschweine des Königs zu jagen.
    Stauer Hark hätte dafür ausgepeitscht werden können.
    Das Fleisch war ein hervorragendes und angemessenes Gastgeschenk. Hark hatte zwar gehofft, Ordens Laune zu heben, aber seine freundliche Geste erzielte den gegenteiligen Effekt und versetzte Orden in tiefe Melancholie. Der König starrte ins Feuer, strich sich den Bart und zweifelte an seinen Plänen.
    Wie oft hatte er auf seinen Reisen zu Sylvarresta in diesem Gasthaus gespeist? Wie oft hatte er sich die Köstlichkeiten dieser Wälder schmecken lassen? Wie oft war er beim Gebell der Hunde erschauert, wenn sie die großen Eber jagten, hatte den Speer geworfen, wenn er ein Wildschwein in die Enge getrieben hatte?
    Die Gastfreundschaft des Wirtes und das köstliche Essen stimmten Mendellas… traurig.
    Fünf Jahre zuvor, als Mendellas hier gejagt hatte, war ein Meuchelmörder in seinen Bergfried eingebrochen und hatte seine Gemahlin zusammen mit ihrem neugeborenen Kind in ihrem Bett erschlagen. Damals hatte es erst sechs Monate zurückgelegen, daß zwei Töchter bei einem früheren Angriff umgekommen waren. Die Empörung über die Ermordung von Königin Orden und ihrem Kind führte zu Ausschreitungen, und der König wäre fast an der Trauer zerbrochen. Aber der Mörder war nie gefaßt worden. Fährtenleser waren seiner Spur gefolgt und hatten den Meuchelmörder in den Bergen südlich von Mystarria verloren. Er konnte sowohl südöstlich nach Inkarra geflohen sein als auch südwestlich nach Indhopal.
    Orden hatte auf Indhopal oder Muyyatin getippt. Doch er konnte seine Nachbarn nicht blindlings, ohne Beweis, überfallen.
    Also hatte er gewartet und gewartet, daß die Meuchelmörder ein weiteres Mal zuschlügen und sich ihn persönlich zum Ziel nähmen.
    Sie hatten es nie getan.
    Orden wußte, daß er ein Stück von sich verloren hatte. Er hatte seine Frau verloren, die einzige Liebe seines Lebens. Er hatte nie wieder geheiratet und hatte auch nicht die Absicht, dies zu tun. Wenn man eine verlorene Hand, ein verlorenes Bein schon nicht ersetzen konnte, wie konnte man dann hoffen, die Hälfte von sich selbst zu ersetzen?
    Viele Jahre lang hatte er den Verlust in seiner ganzen Härte gespürt. Dank seiner vielen Gaben der Geisteskraft konnte er sich noch ganz genau an ihre Art zu reden, an ihr Gesicht erinnern. In seinen Träumen war Corette noch immer an seiner Seite und sprach zu ihm. Oft, wenn er an einem kalten Wintermorgen aufwachte, stellte er überrascht fest, daß ihre weiche Haut ihn nicht berührte, nicht versuchte, seine Wärme aufzunehmen, wie sie es getan hatte, als sie noch lebte.
    Es fiel ihm schwer, die Gefühle zu beschreiben, die er empfand. Nur ein einziges Mal hatte Mendellas versucht, sie sich selber klarzumachen.
    Dabei glaubte er gar nicht, keine Zukunft mehr zu haben.
    Seine Zukunft lag in seinem Sohn. Er würde fortbestehen und ohne ihn weitermachen, wenn die Mächte dies so wollten.
    Er hatte auch nicht das Gefühl, daß er seine Vergangenheit verloren hatte, denn Mendellas wußte noch ganz genau, wie Corettes Küsse in ihrer Hochzeitsnacht geschmeckt hatten und wie sie vor Freude geweint hatte, als sie Gaborn zum erstenmal die Brust gegeben hatte.
    Nein, es war die Gegenwart, die er verloren hatte. Die Möglichkeit, bei seiner Frau zu sein, sie zu lieben, jeden wachen Augenblick in ihrer Gesellschaft zu verbringen. Doch als König Orden im Gasthaus zum Dwindell saß und Schweinebraten von einem edlen Porzellanteller aß, wurde ihm deutlich bewußt, daß ihm ein weiteres Mal etwas genommen worden war.
    Seine
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