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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein
Autoren: David Farland
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fürchtete und ihn töten würde, sobald er seine wahre Identität erfuhr.
    Wieder ging ein Windstoß über den Hügel hinweg, und Gaborn horchte auf, als würde er eine ferne Stimme hören.
    Vor ein paar Minuten hatte sie sich gefragt, ob er verrückt geworden sei. Jetzt wurde ihr bewußt, daß etwas Wundervolles geschah. Die Bäume sprachen zu ihm, riefen ihn, aus Gründen, die weder sie noch er verstanden.
    »Was sollen wir jetzt tun, mein Lord?« fragte Iome. Sie hatte nie einen anderen Mann als ihren Vater mit diesem Titel angesprochen, sich nie einem anderen König untergeordnet.
    Doch falls Gaborn die unerwartete Veränderung in ihrer Beziehung auffiel, ließ er sich das nicht anmerken.
    »Wir sollten nach Westen reiten«, antwortete er leise. »In das Herz der Wälder. Tiefer hinein.«
    »Nicht nach Süden?« fragte Iome. »Euer Vater könnte in Gefahr sein – mehr, als er dies ahnt. Vielleicht können wir ihm helfen.«
    Gaborn mußte über ihre Worte schmunzeln. »Ihr sorgt Euch um meinen Vater?« sagte er. »Dafür liebe ich Euch, Prinzessin Sylvarresta.« Die Worte hatte er einfach so dahingesprochen, trotzdem entging ihr sein Tonfall nicht. Er war ihr wirklich dankbar, und er liebte sie.
    Die Vorstellung ließ sie erschaudern. Sie wollte ihn sehnsüchtiger als jeden anderen Mann. Iome war für Magie stets empfänglich gewesen und wußte, ihr Verlangen nach Gaborn entsprang aus den Erdkräften, die in ihm heranwuchsen. Er war nicht gutaussehend, das mußte sie sich allerdings eingestehen. Eigentlich sah er nicht besser aus als jeder andere.
    Und doch fühlte sie sich zu ihm hingezogen.
    Wie kann er mich lieben? staunte sie. Wie kann er dieses Gesicht lieben? Dieser Verlust der Anmut, ihr Verlust an Selbstvertrauen und Hoffnung stand wie eine Mauer zwischen ihnen. Doch wenn er mit ihr sprach, ihr seine Liebe versicherte, wurde ihr ganz warm ums Herz. Sie wagte wieder zu hoffen.
    Gaborn legte grübelnd die Stirn in Falten und sagte ruhig: »Nein, wir sollten nicht nach Süden reiten. Wir müssen unseren eigenen Weg gehen – nach Westen. Ich fühle, wie die Geister mich dorthin ziehen. Mein Vater geht nach Longmot, wo er von Burgmauern umgeben sein wird. Den Gebeinen der Erde. Die Erdkräfte können ihn beschützen. Er ist dort sicherer als wir hier.«
    Mit diesen Worten drängte er sein Pferd vorwärts und reichte Iome die Hand, um ihr in den Sattel zu helfen. Mit dem Wind wehte das Gebell der Hunde heran, die in den fernen Bergen kläfften.

KAPITEL 3
    Ein Geschenk
    Stundenlang jagten sie durch die Berge, sprangen über windgefällte Espen, kletterten bergauf und bergab. Iome ließ Gaborn vorausreiten und wunderte sich ein wenig über die Wege, die er einschlug.
    Die Zeit verschwamm – die Bäume verloren ihre klaren Umrisse, die Zeit verlor an Schärfe.
    Irgendwann wies Gaborn darauf hin, daß Iomes Vater besser zu reiten schien. So, als hätte sich ein Teil seines Erinnerungsvermögens geöffnet, und als wüßte er wieder, wie man mühelos in einem Sattel sitzt.
    Iome war sich da nicht so sicher. Gaborn ließ die Pferde in einem Bach haltmachen, und ihr Vater beobachtete eine Fliege, die um seinen Kopf herumsummte, während der Prinz ein ums andere Mal fragte: »Könnt Ihr reiten? Wenn ich Euch die Hände vom Sattel losschneide, werdet Ihr Euch dann festhalten?«
    König Sylvarresta antwortete nicht. Statt dessen schaute er hinauf in den Himmel, blinzelte in die Sonne und gab dabei Laute von sich, die wie »Gaaaagh, Gaaagh« klangen.
    Gaborn drehte sich zu Iome um. »Vielleicht meinte er ›ja‹.«
    Doch als Iome ihrem Vater in die Augen blickte, sah sie dort keinen Glanz. Er antwortete nicht, er gab einfach nur sinnloses Gelalle von sich.
    Gaborn zog ein Messer hervor, bückte sich und schnitt die Seile durch, die König Sylvarrestas Hände am Sattelknauf hielten.
    König Sylvarresta schien von dem Messer wie hypnotisiert, versuchte danach zu greifen.
    »Faßt die Klinge nicht an«, warnte ihn Gaborn. Iomes Vater griff trotzdem danach, schnitt sich und starrte verwundert auf seine blutende Hand. Es war nur ein kleiner Schnitt.
    »Haltet Euch am Sattelknauf fest«, erklärte Gaborn König Sylvarresta, dann legte er die Hände des Königs um den Sattelknauf. »Nicht loslassen.«
    »Glaubt ihr, das wird gutgehen?« fragte Iome.
    »Ich weiß es nicht. Noch umklammert er ihn fest genug.
    Vielleicht kann er sich auf dem Pferd halten.«
    Iome fühlte sich hin-und hergerissen. Einerseits wollte sie ihren
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