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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein
Autoren: David Farland
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Vater sicher am Sattel festgebunden wissen, andererseits wollte sie ihn weder einschränken noch behindern.
    »Ich werde auf ihn aufpassen«, sagte Iome. Sie ließen die Pferde eine Weile längs eines Hanges nach süßem Gras suchen. Über den Bergen grollte ferner Donner, und Iome verlor sich in Gedanken. Feiner Nieselregen setzte ein. Ein goldener Schmetterling flatterte an ihrem Vater vorbei und erregte seine Aufmerksamkeit. Der König sah ihm eine Weile hinterher und streckte die Hand nach ihm aus, als der Falter davonflog.
    Kurz darauf ritten sie in den Wald hinein, in die tiefe Dunkelheit. Die Bäume boten Schutz vor den kurzen Regenschauern. Sie ritten eine Stunde weiter, während es immer dunkler wurde, bis sie an einem Bach auf einen alten Weg stießen.
    Als sie diese Stelle passierten, flatterte ein weiterer Chrysippusfalter aus ein paar Farnen hervor. Iomes Vater griff danach und stieß einen Ruf aus.
    »Halt!« schrie Iome und sprang aus dem Sattel. Sie rannte zu ihrem Vater, der schief im Sattel hing, auf den Atem seines Kraftpferdes lauschte und lahm eine Hand ausstreckte.
    »Schme – er – ling!« brüllte er und versuchte, nach dem goldenen Chrysippusfalter zu greifen, der blitzschnell nach vorne flatterte, als wollte er mit den Pferden um die Wette fliegen. »Schme – er – ling! Schme – er – ling!« Ihrem Vater kullerten die Tränen über die Wangen, Tränen der Freude.
    Falls sich dahinter ein Schmerz verbarg, irgendeine Kenntnis dessen, was er verloren hatte, dann bemerkte Iome nichts davon. Das waren Tränen der Freude über eine Entdeckung.
    Ihr Herz klopfte. Sie packte das Gesicht ihres Vaters, versuchte, es zu sich zu ziehen. Sie hatte gehofft, daß er ein wenig von seiner Geisteskraft zurückgewinnen würde, mindestens soviel, daß er sprechen konnte. Jetzt war es geschehen. Wenn er ein Wort wußte, dann konnte er weitere hinzulernen. Er hatte seine ›Erweckung‹ erlebt, jenen Augenblick, in dem die Verbindung zwischen einem neuen Übereigner und seinem Lord sich festigte, wenn die Bande der Gabe stabiler wurden.
    Mit der Zeit lernte ihr Vater vielleicht sogar ihren Namen und begriff, daß sie ihn furchtbar liebte. Mit der Zeit lernte er vielleicht, seinen Darm zu kontrollieren und allein zu essen.
    Als sie jedoch in diesem Augenblick versuchte, ihn zu sich zu ziehen, sah er ihr zerstörtes Gesicht, schrie vor Entsetzen auf und zuckte erschrocken zurück.
    König Sylvarresta war kräftig, sehr viel kräftiger als sie.
    Dank seiner Gaben befreite er sich mühelos aus ihrem Griff und stieß sie so fest von sich, daß sie Angst hatte, er habe ihr das Schlüsselbein gebrochen.
    Das spielte keine Rolle. Der Schmerz tat ihrer Freude keinen Abbruch.
    Gaborn kam zu ihnen zurückgeritten, beugte sich über sein Pferd und nahm König Sylvarrestas Hand. »Ganz ruhig, mein Lord, habt keine Angst«, beruhigte er ihn. Er zog seine Hand zu Iome, legte die Hand des Königs auf ihren Handrücken, erlaubte ihm, sie zärtlich zu berühren. »Seht Ihr? Sie ist nett.
    Das ist Iome, Eure wundervolle Tochter.«
    »Iome«, wiederholte Iome. »Weißt du noch? Kannst du dich an mich erinnern?«
    Doch falls der König sich an sie erinnerte, so ließ er es sich nicht anmerken. Seine aufgerissenen Augen waren voller Tränen. Er streichelte ihre Hand, mehr konnte er ihr im Augenblick nicht geben.
    »Iome«, meinte Gaborn leise, »steigt wieder auf. Ich weiß, Ihr könnt sie nicht hören, aber hinter uns im Wald heulen die Mastiffs. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Iomes Herz klopfte so heftig, daß sie Angst hatte, es könnte stehenbleiben. Bis zum Einbruch der Dunkelheit war es nicht mehr lange hin. Der Regen hatte vorübergehend aufgehört.
    »Also gut«, sagte sie und sprang auf ihr Pferd. In der Ferne bellten Kampfhunde, und ganz in der Nähe erhob ein Wolf zur Antwort seine Stimme.

KAPITEL 4
    Die Nicht-Begünstigten Jureem schaute aus dem Schatten der Birken nach unten. Die Unbesiegbaren seines Herrn nutzten den Augenblick, um sich auszuruhen, und ließen sich zu Boden fallen. Hinter dieser Hügelkette wurden die Berge faltig und steil wie zerknittertes Metall, die Bäume riesig. Gaborn floh in das finstere Herz des Dunnwalds.
    Jureem wußte jedoch genug, um dieses Gebiet zu fürchten, genau wie die Unbesiegbaren. Auf den Karten war der Westwald nur als weißer Fleck verzeichnet, in dessen Mitte sich eine grobe Darstellung der Sieben Aufrechten Steine des Dunnwalds befand. In Indhopal hieß es, das
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