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Der Krater

Titel: Der Krater
Autoren: Douglas Preston
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habe nicht mit dir Schluss gemacht, weil zwischen uns überhaupt nichts war«, erwiderte Abbey.
    »Ach so? Wie nennst du dann das hier?« Er schob obszön die Hüften vor und zurück und stöhnte mit Fistelstimme:
»Tiefer, tiefer.«
    »Sehr komisch. Die Mühe hätte ich mir sparen können, hat ja nichts gebracht.«
    Jackie lachte schallend.
    Er schwieg kurz. »Was soll das heißen?«
    Abbey wandte sich ab, jegliches Mitgefühl war verflogen. »Nichts. Geh mir einfach aus dem Weg.«
    »Wenn ich ein Mädchen ficke, gehört sie mir. Wusstest du das nicht, du Nigger-Schlampe?«
    »He, halt dein dreckiges Maul, du rassistisches Arschloch«, fuhr Jackie auf.
    Warum,
warum
war sie so dumm gewesen, sich mit ihm einzulassen? Abbey packte den Griff und hob die Kühlbox wieder hoch. »Gehst du jetzt aus dem Weg, oder muss ich die Polizei rufen? Wenn du gegen deine Bewährungsauflagen verstößt, sitzt du gleich wieder im Maine State.«
    Worth rührte sich nicht.
    »Jackie, häng dich ans Funkgerät. Kanal sechzehn. Ruf die Polizei.«
    Jackie sprang ins Boot, schlüpfte in die Steuerkabine und zog das Sprechgerät aus der Deckenhalterung.
    »Fick dich doch«, sagte Worth und trat beiseite. »Vergiss die Bullen. Na los, ich halte dich nicht auf. Ich sage dir nur eines: Du servierst mich nicht ab.« Er hob den Arm und zeigte mit gerecktem Zeigefinger auf sie hinab. »Weil du dunkle Eiche bist. Und man sagt doch so schön: Wenn du was für deine Axt suchst, nimm dunkle Eiche.«
    »Du bist so was von arm.« Mit glühendem Gesicht schob Abbey sich an ihm vorbei, hievte die letzte Kühlbox aufs Seitendeck und verstaute sie in der Kabine. Sie übernahm das Steuer und legte die Hand auf den Schalthebel.
    »Leinen los, Jackie.«
    Jackie löste die Leinen von den Pollern, warf sie ins Boot und hüpfte hinterher. Abbey fuhr langsam los, ließ das Heck ein Stück ausdrehen, schaltete und fuhr rückwärts an.
    Worth stand auf dem Steg, klein und mager wie eine Vogelscheuche, und versuchte, knallhart zu klingen. »Ich weiß, was du vorhast«, rief er. »Alle Welt weiß, dass du wieder nach diesem alten Piratenschatz suchst. Du kannst niemandem was vormachen.«
    Sobald die
Marea
die Boje an der Hafeneinfahrt passiert hatte, fuhr sie einen scharfen Bogen steuerbords und hielt aufs offene Meer zu.
    »Was für ein Arschloch«, bemerkte Jackie. »Hast du seinen Meth-Mund gesehen?«
    Abbey sagte nichts.
    »Beschissener Rassist. Nicht zu fassen, dass er dich eine Nigger-Schlampe genannt hat. Weißer Abschaum, der Wichser.«
    »Ich wünschte … ich wäre ein Nigger.«
    »Was redest du denn jetzt für einen Blödsinn?«
    »Ich weiß nicht. Ich fühle mich so …
weiß

    »Na ja, du bist ja auch irgendwie weiß. Ich meine, du tanzt wirklich beschissen.« Jackie lachte verlegen.
    Abbey verdrehte die Augen gen Himmel.
    »Im Ernst, nichts an dir wirkt schwarz, nicht so richtig. Weder die Art, wie du redest, noch deine Herkunft oder deine Freunde … nimm’s mir nicht übel, aber …« Ihre Stimme erstarb.
    »Das ist ja das Problem«, sagte Abbey. »Nichts an mir wirkt richtig wie ich. Ich bin phänotypisch schwarz, in jeder anderen Hinsicht aber weiß.«
    »Wen kümmert das? Du bist, was du bist, scheiß auf alles andere.« Nach einem peinlichen Schweigen fragte Jackie: »Hast du wirklich mit ihm geschlafen?«
    »Erinnere mich bloß nicht daran.«
    »Wann?«
    »Auf dieser Abschiedsparty bei den Lawlers, vor zwei Jahren. Ehe er mit Meth angefangen hat.«
    »Warum?«
    »Ich war betrunken.«
    »Ja, aber mit
ihm?
«
    Abbey zuckte mit den Schultern. »Er war der erste Junge, den ich geküsst habe, damals in der sechsten Klasse …« Sie sah Jackie feixen. »Schon gut, ich bin dämlich.«
    »Nein, du hast nur einen schlechten Geschmack, was Männer angeht. Ich meine, einen
sehr
schlechten Geschmack.«
    »Danke.« Abbey öffnete das Fenster, und die Seeluft strich ihr übers Gesicht. Das Boot durchschnitt den schillernden Ozean. Nach einer Weile kehrte ihre gute Laune zurück. Das hier war ein Abenteuer – und sie würden dabei reich werden. »He, Erste Offizierin!« Sie hob die Hand.
    Jackie klatschte sie ab, und Abbey jubelte laut. »Romeo Foxtrott, wollen wir tanzen?« Sie steckte ihren iPod ins Bose-Dock ihres Vaters, wählte den »Walkürenritt« aus und drehte die Lautstärke voll auf. Das Boot donnerte durch den Muscongus Sound, und Wagner schallte übers Wasser.
    »Erste Offizierin?«, sagte sie. »Eintrag ins Logbuch.
Marea
, fünfzehnter Mai,
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