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Der Krater

Titel: Der Krater
Autoren: Douglas Preston
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viel Alkohol gehört. Das bekümmerte ihn sehr, denn Freeman, der damals am MIT seine Diplomarbeit betreut hatte, war derjenige gewesen, der ihn zur Marsmission an der NPF geholt hatte.
    Heute Vormittag hatte Corso erfahren, dass er auf Freemans Posten befördert werden sollte. Das war ein gewaltiger Karrieresprung mit einem neuen akademischen Titel, mehr Geld und Prestige. Er war noch nicht einmal dreißig, jünger als die meisten seiner Kollegen, ein aufgehender Stern. Doch dass sein Glück auf dem Unglück und Versagen seines geliebten Lehrers fußte, löste widerstreitende Gefühle in ihm aus.
    Er wandte sich vom Fenster ab und schob die Gewissensbisse beiseite. Freemans Schicksal war tragisch, aber willkürlich, etwa so, wie vom Blitz erschlagen zu werden, und Corso hatte sein Möglichstes für ihn getan. Er hatte Freeman unter Kollegen immer verteidigt und versucht, ihn davor zu warnen, was mit ihm geschah. Freeman schien von irgendeiner übermenschlichen Macht besessen gewesen zu sein, die ihn in den Abgrund gezogen hatte, trotz Corsos Bemühungen.
    Diese Beförderung bedeutete, dass er endlich genug Geld haben würde, ohne Einhaltung der Kündigungsfrist hier auszuziehen. Dadurch würde er zwar die Kaution verlieren, aber er konnte sich etwas Besseres suchen. Das war hier kein Problem – Pasadena war nicht Brooklyn, es gab Tausende andere Apartments zu mieten. Nachdem er nun ein Jahr lang hier gewohnt hatte, kannte er die Stadt gut genug, um zu wissen, wo er suchen und welche Gegenden er besser meiden sollte.
    Diese Gedanken wurden von einem schüchternen Klopfen an der Wohnungstür unterbrochen. Corso wandte sich vom Fenster ab, spähte durch den Türspion und sah den Hausmeister davorstehen, mit irgendetwas in der Hand. Er öffnete die Tür, und der rundliche kleine Mann streckte einen haarigen Arm mit einem kleinen Pappkarton aus. »Päckchen.«
    Corso nahm es, bedankte sich und schloss die Tür. Anscheinend ein Paket von Amazon … doch als er näher hinsah, lief es ihm eiskalt den Rücken hinunter. Der Karton war ein zweites Mal benutzt worden – der Absender war Jason J. Freeman.
    Einen verrückten Augenblick lang dachte Corso, Freeman sei vielleicht doch nicht tot, sondern hätte sich voller Gram über seinen tiefen Fall nach Mexiko abgesetzt. Doch dann fiel ihm der Poststempel auf, der zehn Tage alt war, und der »Media Mail«-Stempel auf dem Karton. Zehn Tage … Freeman hatte das Päckchen zwei Tage vor seinem Tod aufgegeben, und da er den langsamsten, aber günstigsten Versand gewählt hatte, war es seither unterwegs gewesen.
    Mit hämmerndem Herzen nahm Corso ein Obstmesser aus der Küche und schlitzte das Päckchen auf. Er holte zusammengeknülltes Zeitungspapier heraus und brachte einen Brief zum Vorschein, und darunter eine Festplatte mit extremer Datendichte und dem Logo der Mars-Mission darauf. Als er sie herausholte, erkannte er mit einem flauen Gefühl im Magen, dass sie als geheim eingestuft war.
    #785A56H6T 160TB
    GEHEIM : DUPLIZIEREN VERBOTEN
    Eigentum der NPF
    California Institute of Technology
    National Aeronautics and Space Administration
    Mit zitternder Hand legte Corso die Festplatte auf den Couchtisch und schlitzte den Briefumschlag mit dem Fingernagel auf. Darin lag ein handgeschriebener Brief.
    Lieber Mark,

    ich bedauere, Dich hiermit belasten zu müssen, aber es gibt keine andere Möglichkeit. Ich habe nicht viel Zeit zum Schreiben, also komme ich gleich zur Sache. Chaudry und Derkweiler sind himmelschreiende Idioten, politische Taktierer durch und durch und unfähig, die Bedeutung meiner Entdeckung zu begreifen. Diese Sache ist gigantisch, unglaublich. Ich werde sie nicht diesen Dreckskerlen überlassen, schon gar nicht, nachdem sie mich so mies behandelt haben. Die NPF ist die reinste Schlangengrube, und das verdanken wir nur diesen wichtigtuerischen, schleimigen, mit Scheiße verkrusteten Arschlöchern. Alles dreht sich um Politik und Karriere, nichts mehr um die Wissenschaft. Ich habe das einfach nicht mehr ertragen. Man kann dort unmöglich arbeiten.
    Um es kurz zu machen, ich habe Lunte gerochen und diese Festplatte herausgeschmuggelt, ehe ich gefeuert wurde.
    Irgendwann werde ich Dir bei ein paar Martinis davon erzählen, aber jetzt bitte ich Dich aus einem anderen Grund um Deine Hilfe. In meiner letzten Woche bei der NPF habe ich etwas sehr Dummes, ausgesprochen Kompromittierendes getan, und deshalb muss ich diese Festplatte jetzt Dir anvertrauen. Bewahre sie eine
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