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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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Er war sehr blaß und hatte tiefe Ringe um die Augen, gleichzeitig aber gingen von ihm eine Ruhe und eine Kraft aus, die zeigten, daß er bei seiner gewaltigen Belastung die Herrschaft über seine Seele nicht verlor. Obwohl diese Belastung sehr unerfreuliche und gefährliche Seiten hatte. Hinter dem ausländischen Krieg zeichnete sich ein heimtückischer Bürgerkrieg ab, dessen Auswirkungen zerstörerisch werden konnten für das Reich, für den König und für seine eigene Person. Ohne zu bedenken, was das Joch eines fremden Reiches auf ihrem eigenen Boden heißen würde, sahen viele Franzosen, unterm Einfluß der klerikalen Fanatiker oder aber aus Haß auf den Kardinal und oft sogar auf den König, den Einfall der Spanier in Frankreich gar nicht ungern. In ihren Augen würden die Spanier, sobald sie Frankreich besetzt hätten, der ruchlosen Nachsicht ein Ende machen, mit der Ludwig in seinem Königreich die Ausübung des protestantischen Kults erlaubte. Die Spanier würden jenes Gnadenedikt aufheben und mit Sicherheit einen so unerbittlichen Krieg gegen die Protestanten führen, daß er nur mit ihrer vollständigen Vernichtung enden könnte. Und dann würden weder Ludwig noch der Kardinal verschont werden. Diese guten Leute gingen wahrhaftig soweit, zu frohlocken, als die Spanier auf unserem Boden die ersten Erfolge errangen. Und heimtückisch behinderten sie durch ihren bösen Willen und durch aufschiebende Machenschaftenjene Anstrengungen, durch die Ludwig und Richelieu unsere Finanzmittel zu erhöhen und eine Massenerhebung der Franzosen herbeizuführen versuchten.
    Endlich beendete der Kardinal seine Schreibarbeit und erklärte mir mit rascher, gebieterischer Stimme die Mission, die er mir anvertrauen wollte.
    »Wie Ihr wißt, Siorac, hat der König den Heerbann ausgerufen, um eine starke Armee zu bilden, doch hat sein Aufruf nichts wie Verdruß und Enttäuschungen gebracht. In Châlons, dem angegebenen Sammelpunkt, erschienen nur wenige Edelleute, und als sie sahen, wie wenige sie waren, machten sie eilends kehrt und zogen wieder nach Hause. Ihr könnt Euch den Zorn des Königs vorstellen. Er wollte den Memmen den Adel aberkennen, ihre Wappen zerschlagen, ihre Häuser auslöschen. Doch weil er durch so extreme Maßnahmen den gesamten Adel gegen sich aufbringen würde, hat er sich zu sanfteren Methoden durchgerungen. Das Beispiel gab ihm sein Bruder Gaston, dem es ja seinerzeit gelungen war, in seinen Provinzen Blois und Orléans achthundert Adlige und neuntausend Nichtadlige auszuheben.
    Doch zurück zu unserem Anliegen«, sagte Richelieu. »Ein gedenk Eurer diplomatischen Fähigkeiten, Siorac, entsendet Euch der König ins Languedoc, wo Ihr Euch in der Rekrutierung versuchen sollt, wie sie Gaston in Orléans gelang. Ludwig stellt Euch eine Karosse mit den königlichen Wappen und eine Eskorte aus zwanzig seiner besten Musketiere zur Verfügung. Und als Gesandter des großen Königs habt Ihr prächtige Kleider anzulegen und werdet, den Klerikalen zu Gefallen, Euer Band vom Heilig-Geist-Orden tragen. Hier und da streut Ihr in Eure Reden okzitanische Wörter ein, um das Wohlwollen Eurer Zuhörer zu gewinnen. Scheut Euch auch nicht, von vornherein Eure Titel geltend zu machen: Herzog und Pair, Mitglied des Großen Königlichen Rats, Beisitzer im Obersten Gerichtshof.«
    »Ergebensten Dank, Eminenz. Und wie soll ich es angehen, die Edelleute des Languedoc zu verführen?«
    »Um sie zusammenzurufen, wendet Ihr Euch an die Vögte und Bürgermeister, und wer nicht kommt, den sucht Ihr auf seinem Adelssitz auf.«
    »Und wie«, fragte ich, »verpflichte ich sie, sich zu verpflichten?«
    Mein
gioco di parole
1 beeindruckte den Kardinal leider nicht.
    »Durch verschleierte Drohungen im Wechsel mit lockenden Versprechen.«
    »Und wieweit, Eminenz, darf ich hierin gehen?«
    »Bietet die königliche Erlaubnis an, dem Adelssitz einen Turm anzufügen, oder eine Vergrößerung des Landbesitzes, sofern das königliche Krongut nahe genug liegt, oder eine Erhöhung im Adelsrang, ein schmeichelhaftes Amt für den ältesten Sohn oder den Äbtissinnentitel für eine ins Kloster eingetretene Tochter.«
    Dies amüsierte mich, fiel mir doch ein, wie der galante Henri Quatre, als er Paris belagerte, Umgang mit einer kleinen Nonne pflegte. Und zum Abschied, weil Henri ein Knicker war, ernannte er sie, anstatt ihr ein Geschenk zu machen, zur Äbtissin ihres Klosters.
    »Eminenz«, sagte ich, »darf ich noch eine Frage stellen, die letzte
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