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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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werden, solange Frankreich frei ist?«
    »Mein Gott!« rief zornig Catherine, »wie beschränkt die Männer doch sind! Einer will dem anderen das Land wegnehmen und geht ihm an den Beutel wie die Straßenräuber den unglücklichen Reisenden.«
    Da klopfte es, und ein Musketier in den Farben des Kardinals übergab mir eine Botschaft seines Herrn. Ich konnte mir denken, um was es ging, und erbrach das Siegel.
    »Nun, was will der diabolische Prälat von Euch?« fragte Catherine.
    »Er hat eine Mission für mich, mein Lieb.«
    »Ja, und sicherlich am Ende der Welt!«
    »Wer weiß.«
    »Eine Mission, von der Ihr nicht wiederkehrt«, sagte Catherine, blaß und ängstlich.
    »Unsinn, Catherine! Ludwig hat mir nie einen militärischen Auftrag erteilt.«
    »Und das Gravere, das Ihr bei Nacht an der Spitze eines Regiments erklimmen mußtet?«
    »Gut, aber das befehligte allein der Graf von Sault. Ich war der Dolmetsch unseres italienischen Bergführers und lief keine andere Gefahr als Schnee und Kälte.«
    »Monsieur, Ihr müßt doch immer recht haben!«
    »Ihr auch, Madame, und das ist eben das Dilemma: Wer mag nun entscheiden, wer von uns beiden mehr recht hat?«
    »Monsieur, Ihr schraubt mich!«
    »Madame, ich bete Euch an!«
    Ich nahm sie in die Arme und drückte sie an mein Herz, wassie besser überzeugte und für mich um so köstlicher war, als es allem Reden und allen Tränen ein Ende setzte. Trotzdem, als ich meine Karosse bestieg, machte der Gedanke an unsere nahe Trennung mich unsagbar traurig und beklommen, ebenso auch, daß ich auf Wochen, vielleicht auf Monate beim Erwachen ihren süßen, warmen Leib nicht neben mir finden würde.
    Im Louvre traf ich im Vorzimmer des Kardinals die Herren de Guron und de Bouthillier 1 , die ihren Aufruf, so wie ich, erwarteten . Weil ich mir sagte, daß dieses Warten lange, bis über die Mittagszeit, dauern könnte, schickte ich sogleich Nicolas, Catherine von meiner möglichen Verspätung zu unterrichten, was Nicolas freute, der somit schneller zu seiner reizenden Frau heimkam, was meiner Eskorte aber zuwider ging, die vielleicht stundenlang mit leerem Magen in der schon heißen Maisonne schwitzen müßte.
    Der Leser wird sich an Monsieur de Guron erinnern, ich frische sein Gedächtnis hier nur auf. Als unbedingt verläßlicher Diener des Königs und Richelieus oblag es ihm, abwechselnd mit mir, die Spitzelberichte der Zocoli entgegenzunehmen, bis der König es für sicherer erachtete, sie über den Beichtstuhl Fogacers gehen zu lassen, wo die Zocoli in der Menge der Sünderinnen tatsächlich nicht auffiel. Dieser Zulauf hatte natürlich mit Fogacers Nachsicht und Duldsamkeit zu tun, absolvierte er doch, ohne Strafpredigten zu halten oder mit ewiger Verdammnis zu drohen. Und der Grund dieser Milde war meines Erachtens, daß Fogacer in jungen Jahren bekanntlich auch seine Schwächen gehabt hatte, wenn auch nicht fürs weibliche Geschlecht.
    Monsieur de Guron war – wie leider auch Ludwig! – einer der Freßsäcke vom Hof, was ihm, im Unterschied zum König, aber kein Ungemach bereitete. Er trank wie ein Loch, ohne jemals betrunken zu sein, er schmatzte wie ein Schwein am Trog und rammelte wie eine Ratz im Stroh. Und trotz seinen Ausschweifungen blieb Monsieur de Guron gesund, kraftvoll und vergnügt und schob seinen Schmerbauch mit der Sicherheit eines Mannes vor sich her, der sein Leben trefflich eingerichtet hat.
    Wie anders dagegen erschien der lange, hagere Bouthillier, unabänderlich nüchtern, klug und fleißig. Übrigens entstammteer einer für ihre Redlichkeit berühmten Familie des Amtsadels, die Richelieu seit langem verbunden war, und weil der Kardinal Bouthilliers Tugenden hochschätzte, hatte er ihn zu seinem Rat und Vertrauten gemacht. Nach stetigem Aufstieg seit 1613 war dieser 1632 Oberintendant der Finanzen geworden, ein hochwichtiges Amt in Friedenszeiten, um wieviel mehr aber im Krieg, der ja bekanntlich Gold in Massen verschlingt.
    Ich vermutete, daß Bouthillier von Richelieu als erster empfangen würde, doch als Monsieur de Guron vor ihm gerufen wurde, nahm ich an, daß ich der nächste sein würde und daß der Kardinal sich Bouthillier zum guten Schluß aufbewahrte.
    Monsieur de Guron blieb nur zehn Minuten drinnen, und ich dachte, dann würde mein Gespräch mit dem Kardinal auch nicht länger dauern. Doch ich irrte.
    Als ich eintrat, war der Kardinal beim Schreiben und bedeutete mir, inzwischen Platz zu nehmen, was mir die Muße ließ, ihn zu betrachten.
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