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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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andere, Eure Ehe für null und nichtig erklären, und der Spruch hat Gültigkeit.«
    »Bleibt mir dagegen denn kein Ausweg?«
    »Doch! Wenn der Papst sich Eures Falles annehmen und sich für Euch aussprechen würde. Was aber Monate dauern könnte, vielleicht Jahre.«
    Nach Gastons Abreise blieb ich zu meiner Heilung noch zwei Tage in La Capelle, und so schnell ich hierauf auch mit Nicolas über Frankreichs Straßen galoppierte, gelangte ich doch zu spät nach Saint-Germain-en-Laye, um dem Wiedersehen des Königs mit seinem jüngeren Bruder beizuwohnen. Es wurde mir indes nachher im Louvre von der Prinzessin von Guéméné erzählt.
    Da diese weibliche Person zum erstenmal in meiner Erzählung auftritt, will ich ihr hier einige Worte widmen, wobei ich den Herrgott bitte, Catherine möge diesen Abschnitt meiner Memoiren niemals lesen. Denn obgleich meine Beziehung zu der Marquise durchaus keusch war, sah meine Catherine diese Freundschaft nicht besonders gern, wie sich bald zeigen wird. Zum Glück ging Catherine nicht an den Hof, außer wenn bestimmte Zeremonien ihre Anwesenheit erheischten, während Madame de Guéméné dort ihre Wohnung hatte. Diese hohe königliche Gunst verdankte sie den glanzvollen Diensten, die ihr seliger Gemahl Seiner Majestät geleistet hatte.
    Mich dünkt, wenn ein Mann das
gentil sesso
1 liebt, liebt er alle Frauen, wie alt sie immer seien, wenn auch auf verschiedene Weise. Ich kann mich am Anblick eines fünfzehnjährigen Mädchens erfreuen, ohne ihm jemals näher zu treten. Und ich kann Zuneigung für eine Dame empfinden, die von gewissen Edelherren gemieden wird, weil sie nach ihrer Meinung über das Alter hinaus ist, in dem man gefällt. In Brüssel, entsinneich mich, hegte ich zärtliche Gefühle für die Infantin Clara Isabella Eugenia und weinte bitterlich, als die großmütige Fürstin starb.
    Um auf Madame de Guéméné zurückzukommen, so befehligte ihr Gemahl auf dem Italienfeldzug ein königliches Regiment. Dort begegnete ich ihm, fand an ihm einen sehr ehrenhaften Mann und wurde sein Freund. Es war eine kurze Freundschaft, denn so wenig und so miserabel die wild zurückflutenden Savoyarden bei der Einnahme von Susa auch schossen, wollte es der böse Zufall, daß eine Kugel den Prinzen von Guéméné mitten ins Herz traf.
    Sein Tod betrübte mich tief, und damit die Witwe die schreckliche Nachricht nicht zuerst durch eine amtliche Mitteilung erfahre, schrieb ich ihr einen langen Brief, der ihr in ihrer Trauer wohltat, und sie antwortete mir ihrerseits mit einem bewegenden Schreiben. Ich weiß noch, mit welcher Bewunderung ich diesen Brief las, schien er mir doch zu beweisen, daß nur Frauen die Liebe recht zu fühlen vermögen, vielleicht weil sie für sie das Leben bedeutet, während sie für einen Mann eine Nebensache ist.
    Als ich nach der Rückkehr von Brüssel eines Morgens gegen elf Uhr Madame de Guéméné in ihrer Louvre-Wohnung aufsuchte, saß sie, umgeben von ihren Kammerfrauen, bereits frisiert, geschminkt und in all ihrem Putz in einem Lehnstuhl. Wie ich indes ihr gegenüber auf einem Tabouret Platz nahm, gewahrte ich, daß sie weder Strümpfe noch Pantoffeln anhatte, weil eine vor ihr kniende Fußpflegerin ihr die Nägel schnitt, was der schönen Patientin bald ein Stöhnen, bald einen kleinen Aufschrei, bald ein schmerzliches Zucken entlockte, ohne daß es ihrer Schönheit irgend Abbruch tat. Ich war entzückt, daß ich zu solch weiblicher Intimität, samt Schreien und Stöhnen, zugelassen war.
    Madame de Guéméné richtete ihr Augenmerk ganz auf das Wirken der Fußpflegerin, und so schweifte mein Blick denn des öfteren über das zwar nicht großzügig, aber doch ohne Zimperlichkeit dekolletierte Morgenkleid der Dame.
    Nachdem die Fußpflegerin ihr Werk beendet und sich unter tiefen Reverenzen zurückgezogen hatte, nicht ohne mir nebenher einen raschen und scheinbar diskreten Blick zuzuwerfen, konnte ich mich nicht enthalten, Madame de Guéméné, mit derich endlich allein blieb, zuerst einmal große Komplimente zu machen, was für hübsche kleine Füße sie habe.
    »Mein lieber Herzog«, sagte sie, »Ihr versteht es wirklich wunderbar, einer Dame neuen Mut zu machen. Als ich heute morgen beim Schminken wieder eine Falte mehr unter meinen Augen entdeckte, war ich verzweifelt und fragte mich, ob es nicht an der Zeit sei, mich von Menschen und Gesellschaft zurückzuziehen, freilich ohne darum den Schleier zu nehmen. Denn ehrlich gestanden, habe ich für
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