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Der Koenig geht tot

Der Koenig geht tot

Titel: Der Koenig geht tot
Autoren: Kathrin Heinrichs
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die Räumlichkeiten ziemlich bald und ohne daß mich von innen jemand zur Kenntnis genommen hätte. Osterfelds Stimme klang mehr als ärgerlich. Das konnte ich deutlich hören, als ich mich den offenstehenden Fenstern näherte. Sie zeugte so gar nicht von seiner unternehmerischen Souveränität, wie sie angeblich bei sauerländischen Gewerbetreibenden sonst an der Tagesordnung ist.
    »Bist du verrückt geworden, hierher zu kommen? Du machst uns noch unglücklich mit deiner impulsiven Art.«
    »Ich wäre nicht gekommen, wenn es nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Du kannst dir nicht vorstellen, was inzwischen passiert ist!«
    Ich erkannte die Stimme sofort. Es war der Mann, den ich auf der Toilette von St. Sebastianus unfreiwillig belauscht hatte. Der Mann, der Wilfried König vom Vogelschießen abhalten wollte – seinen eigenen Neffen.
    »Ich weiß, was passiert ist. Die Polizei hat den Selbstmordbrief geschluckt. Der Fall ist so gut wie abgeschlossen. Ich hab’ dich doch extra angerufen, damit du dich etwas beruhigst. Deshalb fahr in Gottes Namen nach Hause, entspann dich und freu dich aufs nächste Schützenfest!«
    »Von wegen – die Polizei hat geschluckt«, Gerhard Streiters Stimme überschlug sich beinah. »Ich habe heute Besuch bekommen, von Max Schneidt, diesem Taxifahrer. Er kam gerade, als ich die Winterreifen austauschen wollte. Nachdem wir telefoniert hatten und du gesagt hattest, daß die Polizei jetzt alles Hebel zuschreiben würde, da dachte ich mir, dann brauche ich ja auch nicht länger mit den Winterreifen rumzufahren, die ich nach dem Vorfall aufgezogen hatte.«
    Ich sah förmlich vor mir, wie Johannes Osterfeld die Hände über dem Kopf zusammenschlug. »Du willst doch nicht etwa behaupten, daß du der Sparsamkeit halber dich in dieser dämlichen Situation hast erwischen lassen, oder?«
    »Ich konnte ja nicht wissen–«, jammerte der Schützenoberst. »Aber das ist noch nicht alles. Gerade in dem Moment bekommt dieser Schneidt einen Anruf von seinem Polizeifreund, und der sagt ihm, daß durchaus noch nicht alle Unklarheiten beseitigt sind, daß man z.B. noch nicht die Reifenspuren am Tatort dem Jürgen Hebel zuordnen konnte.«
    »Man muß ja völlig verblödet sein, um dir nicht auf die Schliche zu kommen!« brüllte Osterfeld. »Wahrscheinlich hast du jetzt diesem Schneidt alles brühwarm erzählt, stimmt’s?«
    »Aber nicht doch!« versuchte Streiter zu beruhigen. »Ich hab ihm eins übergezogen, mit dem Schraubenschlüssel. Das ging gar nicht anders, weil ja alles so klar war. Und jetzt, jetzt weiß ich nicht mehr, was ich machen soll. Er liegt in meiner Garage und–«
    »Und was? Ist er tot?« Mir stockte der Atem.
    »Nein. Jedenfalls nicht, als ich losfuhr. Ich weiß jetzt nur nicht weiter. Johannes, du mußt mir helfen!«
    »Du bist einfach zu blöd, um dir helfen zu lassen!« brüllte Osterfeld wieder. »Jetzt hast du schon zwei Leute auf dem Gewissen, und ich habe dich gedeckt. Soll ich dich jetzt auch noch bei dem dritten gewähren lassen?«
    »Aber Johannes, den Jürgen, den habe ich doch nur –, weil – Du hast doch auch gesagt, daߖ«
    Als Osterfeld ansetzte, war seine Stimme plötzlich wieder seltsam ruhig und fest. Ganz offensichtlich hatte er gerade die Strategie gewechselt. »Bitte verlaß jetzt auf der Stelle mein Büro! Ich kann nichts mehr für dich tun. Im übrigen werde ich alles für deinen vorzeitigen Ruhestand vorbereiten lassen. Die Papiere werden dir zugestellt. Du brauchst nicht mehr zu kommen.«
    »Aber Johannes, das kannst du doch mit mir nicht machen! Du warst es doch, der den Hebel aus dem Weg haben wollte. Ich laß mir doch jetzt von dir nicht auch diesen Mord in die Schuhe schieben.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst!«
    »Wenn man’s genau nimmt, warst du es sogar, der mich zum Streit mit Wilfried angestiftet hat.«
    »Nie im Leben habe ich dich zu irgend etwas angestiftet.«
    »Aber ich sollte ihm an den Karren fahren, dem Wilfried. Ich höre noch genau deine Worte, damals am Schützenfestsonntag. Da hatte ich mich an dich gewandt, weil der Wilfried doch König werden wollte und ich nicht wußte, was ich machen sollte. Das ging doch nicht, daß der Wilfried sich da lächerlich macht. Wo doch seine Frau gar nicht Königin werden wollte und wo er sich doch schon im ganzen Dorf unmöglich gemacht hatte mit diesem schrecklichen Flittchen, das er sich da angelacht hatte. Da konnte er sich doch nicht hinstellen und den großen Mann markieren. Da
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