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Der Koenig geht tot

Der Koenig geht tot

Titel: Der Koenig geht tot
Autoren: Kathrin Heinrichs
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am Apparat, als hätte sie auf einen Anruf gewartet.
    »Alexa? Ich bin’s, Vincent!« Ich warf einen Blick aus dem Fenster. Streiters Wagen raste durch die Felder davon. »Hör zu, hör gut zu! Du mußt jetzt genau tun, was ich dir sage. Es ist ein Notfall, und ich kann nicht lange reden. Max ist von Gerhard Streiter niedergeschlagen worden. Er befindet sich auf Streiters Grundstück. Ihr müßt – wieso, ihr habt ihn schon befreit – Wirklich? Ja, ich weiß. Gerd Streiter hat König auf dem Gewissen. Ich habe ein regelrechtes Geständnis von ihm gehört. Ja, aber das ist noch nicht alles. Ich bin sicher–«
    Das war der Augenblick, in dem ich ein Geräusch im Zimmer wahrnahm. Blitzschnell drehte ich mich um und blickte in das entsetzte Gesicht von Johannes Osterfeld.

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    Der Blick, der mich traf, ließ nur eine Reaktion zu: Flucht! Johannes Osterfeld war erkannt, und er würde auch den letzten Versuch unternehmen, um das Unheil abzuwenden, das sich über ihm zusammengebraut und nun sein Leben, sein Werk und den Erhalt des Bundesverdienstkreuzes in Gefahr gebracht hatte. Ich war mit einem Satz beim Fenster, stieß mit voller Wucht dagegen und hechtete im selben Moment nach draußen. Dort knickte ich beim Aufprall mit dem Fuß um und stürzte auf die Seite. Ich kugelte mich weiter und rappelte mich hoch. Schon jetzt sah ich Osterfeld am Fenster. Er war tatsächlich hinter mir her. Ich wußte nicht, daß ich so schnell rennen konnte. Meinen Knöchel spürte ich gar nicht. Das Gefühl, von einem kaltblütigen Mörder verfolgt zu werden, ließ mich um mein Leben laufen. Natürlich steuerte ich auf den Ausgang zu. Als ich noch zwanzig Meter entfernt war, sah ich, daß sich das schwere Eisentor wie von Geisterhand bewegte. Ich stoppte nicht sofort ab, sondern war noch in vollem Lauf, als es krachend ins Schloß fiel. Johannes Osterfeld mußte die passende Fernsteuerung in der Tasche haben. Ich bog ab und warf einen Blick nach hinten. Osterfeld rannte etwa fünfzehn Meter hinter mir. Ich übersprang ein paar Paletten und peste auf eine Fabrikhalle zu. Zu spät registrierte ich, daß ich in eine Falle lief. Ein Blick zurück zeigte mir, daß sich der Abstand zwischen uns verkleinert hatte. An der Längsseite der Halle war eine Metalltür nur angelehnt. Ich lief darauf zu und sah, daß von außen ein Schlüssel steckte. Nach einer Sekunde hatte ich ihn abgezogen. Ich stürzte in die Halle und zog von innen die Tür zu. Vor Aufregung bekam ich den Schlüssel kaum ins Schlüsselloch. Endlich. Der Schlüssel drehte sich gerade, als Osterfeld vor die Tür krachte. Ich blickte mich panisch um. Ich stand in einer der Lagerhallen, die wir besichtigt hatten, doch konnte man bei mir nicht gerade von Ortskenntnis sprechen. Riesige Regale, die bestimmt sechs Meter hoch waren, bildeten hier ein System von Gängen. Vor Kopf waren mehrere Rolltore heruntergelassen. Es war eine Frage der Zeit, wann Osterfeld hier eindringen würde. Sollte ich mich verstecken oder mich ebenfalls bewaffnen? Nein, ich mußte hier wieder raus. Im selben Moment rauschte eins der Rolltore nach oben, und Osterfeld raste auf einem Gabelstapler herein. Er war gerade hindurch, als das Tor wieder nach unten donnerte. Im gleichen Augenblick erkannte ich, wie der nächste Mord getarnt werden würde: als bedauerlicher Betriebsunfall auf dem Gelände der Firma Osterfeld. Die zwei Gabeln des Staplers waren in Augenhöhe eingestellt und dienten so als Mordwerkzeuge. Osterfeld saß mit einem an Wahnsinn grenzenden Gesichtsausdruck auf dem Fahrerstuhl und gab Vollgas. Ich war gelähmt vor Schreck. Osterfeld hielt auf mich zu. Endlich reagierte ich und rannte. Als ich um die Kurve in den nächsten Gang einbog, sah ich eine angelehnte Leiter da stehen. Ich dachte nicht lange nach, sondern hastete nach oben. Osterfeld raste mit dem Gabelstapler um die Ecke und nahm eine Palette mit, die polternd umkrachte. Ich war schon in etwa vier Metern Höhe, als ich den Stapler auf die Leiter zurasen sah. Ich sprang seitlich auf den Eisenträger eines Regals. Im selben Augenblick bretterte das Fahrzeug die Leiter um. Ein paar Obstkisten wurden mitgerissen und zersplitterten auf dem Betonboden. Ich kletterte das Regal entlang und versuchte mich im hinteren Bereich aufzuhalten. Osterfeld hatte inzwischen zurückgesetzt und startete einen neuen Versuch, mich auszuschalten. Ich sah beim Zurückblicken, daß er die Gabeln hochgezogen hatte. Wahrscheinlich wollte er mich aufspießen wie eine
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