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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten
Autoren: Simon Tolkien
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Sie bereuen – Sie müssen die Wahrheit sagen. Sobald wir das hinter uns haben, schicke ich Ihnen einen Priester, dann können Sie Ihren Frieden mit Gott schließen. Aber als Erstes müssen Sie die Lebenden retten. Es ist Zeit, Miss Claes. Höchste Zeit.«
    Trave schwieg, um zu sehen, was seine Worte bei Jana bewirkten. Er fragte sich, ob sie ihn überhaupt verstanden hatte. Sie schloss die Augen, öffnete sie wieder und sah auf das Kruzifix in ihrer Hand. Dann atmete sie tief durch, und während sie am ganzen Körper zitterte, fing sie an zu sprechen:
    »Katya schlief. Franz kam zu mir und sagte: ›Bleib in deinem Zimmer.‹ Und ich tat, was er mir sagte, denn er ist mein Bruder. Dann hörte ich einen Knall – den Schuss aus einer Waffe. Franz kam zurück und sagte, er hätte es tun müssen, weil Katya böse war, weil sie uns Schaden zufügen wollte. Und ich weinte. Aber Franz sagte, ich dürfe nichts verraten. Ich musste es versprechen. Er sagte, ein Mann würde kommen, und ich müsse im Zimmer bleiben und die Tür abschließen. Und dann kam der Mann, und es gab weitere Schüsse. Und dann viel Gerenne im Haus. Dann sagte mir auch Titus, dass ich nichts verraten darf. Und ich tat, was sie mir gesagt hatten, weil ich Angst hatte und weil ich es versprochen hatte und weil es einfach zu spät war, viel zu spät.« Jana fing an zu weinen, als sie die letzten Worte wiederholte. Ihr Körper schüttelte sich, während ihre Schluchzer stoßweise kamen und die aufgestauten Emotionen sich jetzt einen Weg nach außen bahnten.
    »Ich habe es nicht gewusst«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme. »Das müssen Sie mir glauben. Ich habe sie gefangen gehalten, aber ich wusste nicht, was sie vorhatten.«
    »Das glaube ich Ihnen«, sagte Trave und schob ihr eine Schachtel mit Papiertaschentüchern über den Tisch. »Wussten Sie auch, was sie mit Ethan gemacht haben?«
    »Ja. Franz hat es mir gesagt. Aber erst, als Katya tot war. Er wollte mir klarmachen, dass wir zusammenhalten und uns gegenseitig beschützen müssen. Aber jetzt ist er tot, und ich … bin ganz allein.« War Janas Stimme schon bisher kaum mehr als ein Flüstern gewesen, versagte sie ihr jetzt endgültig den Dienst, und sie bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen.
    Trave betrachtete sie für einen Moment und stellte fest, dass er überhaupt kein Mitleid mit ihr hatte. Mit einer raschen Bewegung stand er auf.
    »Danke, Miss Claes«, sagte er in nüchternem Ton. »Sind Sie bereit, diese Aussage zu unterschreiben? Und werden Sie das Gesagte wenn nötig vor Gericht wiederholen?«
    Jana nickte.
    »In dem Fall können Sie sich darauf verlassen, dass wir uns für Sie einsetzen. Detective Clayton wird Ihnen zeigen, wo Sie unterschreiben müssen. Und ich versuche jetzt, Ihnen einen Priester zu beschaffen.«
     
    Zwei Stunden später saßen Trave und Clayton im Temple, dem Gerichtsbezirk von London, Sir Laurence Arne, Kronanwalt Ihrer Majestät, gegenüber – in dessen Kanzlei im Doctor Johnson’s Building Nr. 2. Es war Sonntagabend, und Trave hatte vom Polizeirevier aus angerufen, um womöglich für den nächsten Tag einen Termin zu bekommen. Doch als er der Person am anderen Ende der Leitung erklärte, worum es sich handelte, hatte die ihn gebeten, kurz dranzubleiben. Eine Minute später erhielt er die Auskunft, Sir Laurence würde den ganzen Tag arbeiten und könne Mr. Trave gern am Abend treffen, so er das denn wollte. Trave fuhr nach London, so schnell sein alter Ford es erlaubte. Ohne eine Sekunde zu verlieren, wollte er dem Staatsanwalt die Aussage von Jana Claes und das Tagebuch von Katya Osman vorlegen.
    Nachdem er gelesen hatte, nahm Arne die halbmondförmige Brille ab. »Können Sie mir garantieren, dass das hier authentisch ist?«, fragte und hielt das Tagebuch hoch.
    »Ja«, sagte Trave. »Meine Frau hat ihr Leben riskiert, um es in die Hände zu kriegen.«
    »Und Sie sind sich sicher, dass diese Miss Claes die Wahrheit sagt?«
    Clayton und Trave nickten.
    »Aber warum? Warum sagt sie Ihnen das erst jetzt?«, fragte Arne.
    »Weil ich sie darüber aufgeklärt habe, dass ihr Bruder von 1943 bis 1945 in Berlin für Adolf Eichmann gearbeitet hat. Ich bin am Freitag nach Israel geflogen, um mit den Leuten zu sprechen, dieEichmann aufgetrieben haben. Bis jetzt wussten sie nichts über Claes’ Verbleib, denn er lebte ja unter falschem Namen hier in England«, sagte Trave und holte die Fotos heraus, die er wenige Stunden zuvor schon Jana Claes gezeigt hatte. Arne
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