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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot
Autoren: T.H. White
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Schriftsteller haben etwas von Zauberern und lieben das
Auftauchen solcher geometrischen Figuren als Strukturprinzipien vielleicht vor
allem deshalb, weil sie zu Merkzeichen, zu Signaturen der Hoffnung in der
Einsamkeit des Langstreckenlaufs zum Ende eines umfangreichen Werkes hin werden
–, so zwangsläufig sich seine Thematik aus dem ergibt, was auf White den
Zeitgenossen einstürmt: das fünfte Buch ist formal, als Teil eines großen erzählerischen
Zyklus, nicht ohne Problematik. Es wirke manchmal mehr wie ein
philosophisch-anthropologischer Exkurs über das Wesen von Mensch und Tier als ein Roman, schreibt Sylvia Townsend. Merlin werde
hier »zum Mundstück für Whites Spleen«. In Merlin artikuliere sich die Angst um
das Überleben einer Menschheit, die der weise Zauberer belehrt zu haben meinte,
die, wie sich aber nun herausstellt, nichts begriffen hat, sondern abermals
Krieg führt, ja den Krieg auch noch glorifiziert.
    Die Fragwürdigkeit der Form des Buches
bestehe darin, daß es wie von zwei verschiedenen Personen verfaßt scheine: von
einem Geschichtenerzähler und von einem Philosophen, der aus seinen Notizen
zitiere und dabei gelegentlich über den Geschichtenerzähler die Oberhand
gewinne.
    Wer so urteilt, übersieht meiner Ansicht
nach den Traumcharakter, der der Handlungssituation des »Buches Merlin« zu
Grunde liegt. Und gewiß kann man wohl auch finden, daß es höchst spannend ist,
einem Philosophen zuzuhören, der so locker und witzig Probleme zur Sprache
bringt, von denen man, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, wird zugeben
müssen, daß sie (leider) uns bis heute verfolgen.
    Gewiß ist die Form des »Buches Merlin«
ungewöhnlich, aber, so könnte man mit Ringelnatz dagegenhalten:
     
    Es gibt so viel Bekanntes
    auf der Welt.
    Drum hat der Cervantes
    den Don Quijote aufgestellt.
     
    Auch die Verleger sind zunächst von der
ungewöhnlichen Form irritiert.
    Als im November 1941 die beiden letzten
Bände des Arthur-Zyklus’ vom Autor bei Collins eingereicht werden, reagiert der
Verleger zunächst vorsichtig hinhaltend. Er erbittet Bedenkzeit. Es ist nicht
nur der durch den Krieg bedingte Mangel an Druckpapier, durch den das Erscheinen des gesamten
Zyklus zunächst verhindert wird.
    Es ist vor allem seine Abneigung gegen die
thematische Akzentverschiebung im Verlauf des Arbeitsprozesses, die Collins
zögern läßt. Der Verleger selbst schreibt an White: Ihr starkes
Beschäftigtsein mit dem heutigen Zustand der Welt hat zu einer völligen
Veränderung in der Behandlung des Themas geführt.
    Es mag manch einem ein merkwürdiges
Argument erscheinen: dem Autor seine Sensibilität gegenüber den sich aus der
Zeitgeschichte aufdrängenden Problemen vorzuwerfen!
    Tatsächlich aber sah Collins gerade
dadurch die Verkaufschancen der Schlußteile wesentlich beeinträchtigt. Er hielt
Whites Interesse an Politik und Aggression für letztlich unvereinbar mit dem
Arthur-Merlin-Thema. White hat sich zu einem politischen Moralisten
gewandelt, der versucht, eine Allegorie des Faschismus, des Kommunismus, des
Individualismus zu rekonstruieren. Spaß und Einbildungskraft haben zu Gunsten
dieser Absicht abdanken müssen.
    Ein hartes Urteil! Ein gerechtes? Schwer
zu entscheiden. Vielleicht, daß uns die vierzig Jahre, die seit damals
verflossen sind, verständnisvoller gegenüber dem Moralisten gestimmt haben,
weil sich Ängste, die er kannte, die ihn zu dieser Akzentuierung nötigten, bis
in unsere Zeit noch weiter gesteigert haben. White hat auf die Kritik seines
Verlegers erwidert, daß jedem Buch des fünfteiligen Zyklus ein bestimmtes
literarisches Formprinzip zugeordnet sei, nämlich »The sword in the stone« –
die Lyrik; »The witch in the wood« – die Farce; »The ill-made Knight« – die
Romanze; »The candle in the wind« – die Tragödie. Warum also dann nicht auch
dem »Book of Merlyn« die Form des Dialogs? Es ist verständlich, daß ein solcher
Konflikt zwischen Ver- leger und Autor schließlich mit einem Bruch enden mußte.
Collins behält Buch 1 bis 3. Mit dem 4. Buch wechselt White zu Jonathan Cape.
    Aber auch als Putnam in den USA und
Collins in England 1958 den Zyklus unter dem Titel »The Once and Future King«
herausbringen, bleibt es bei einer Tetralogie, bei vier Büchern.
    Das Manuskript des »Book of Merlyn«
gelangt nach Whites Tod mit seinem Nachlaß in das »Humanities Research Center«
der Universität von Texas in Austin und erscheint dort 1977 zum erstenmal in
Druck. Es
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