Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb
Autoren: Thomas O'Callaghan
Vom Netzwerk:
muss ihn unbedingt so schnell wie möglich zurückrufen.«
    Kälte drang in die Kajüte, als wäre ein arktischer Luftzug in den kleinen Raum geweht. Debussys Melodie verklang und wurde vom Klatschen der Wellen abgelöst, die gegen den Schiffsrumpf schlugen. Pierce’ Blick wurde eisig, während er aus Margarets Blick herauszulesen suchte, was sie verbergen wollte.
    »Ich muss jetzt wirklich an Land«, flehte sie, sich der drohenden Gefahr nur allzu bewusst.
    »Sie sehen ja aus, als müssten Sie sich gleich übergeben«, sagte Pierce, dessen Miene seine Verachtung nicht verhehlte.
    »Diese Schaukelei macht mich seekrank.«
    Pierce rang sich ein Lächeln ab und ging nach oben. »Dann wird es wohl höchste Zeit, Sie wieder an Land zu schaffen. Im Medizinschränkchen ist übrigens Emetrol. Nehmen Sie doch etwas davon, während ich das Boot wende.«

88. KAPITEL
    Driscoll war sich sicher, dass das entfernte Läuten, das er auf seinem Handy im Hintergrund gehört hatte, von Bojen auf dem offenen Meer stammte. Erneut griff er nach dem Handy, wählte Thomlinsons Nummer, legte einen Gang ein und fuhr los.

    »Cedric, schauen Sie mal in Ihr Dossier über Pierce. Besitzt der Kerl ein Boot?«
    »Moment … Ja, hier steht es … ein zwölf Meter langes Catalina-Segelboot namens The Ark. Maßgefertigt in Southwest Harbor, Maine: Er hat es in Judson’s Marina in Port Washington liegen.«
    »Bleiben Sie auf Empfang. Ich rufe Sie vom Jachthafen aus an.«
    Driscoll kam kurz nach 23 Uhr an Judson’s Marina an. Der Jachthafen lag verlassen da, nur ein blonder junger Mann hatte es sich auf dem Teakdeck eines Chris-Craft-Kajütboots bequem gemacht.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er.
    »Hat die Ark hier gelegen?«, erkundigte sich Driscoll.
    »Sie meinen das Boot von Doktor Pierce?«
    »Genau das.«
    »Ist am frühen Abend ausgelaufen.«
    »War er allein?«
    »Nein. Er hatte eine dunkelhaarige Schnecke dabei.«
    Herr im Himmel, dachte Driscoll. Wenn du jetzt zuhörst, Gott, dann bewahre sie vor Gefahr. Dieser Wahnsinnige ist zu allem fähig, und wenn Margaret etwas zustößt … Unwillkürlich musste er an Moira denken, was einen schuldbeladenen Adrenalinstoß auslöste.
    »Wissen Sie, wohin sie wollten?«
    »Wahrscheinlich zu seinem Weingut.«
    »Und wo liegt das?«
    »In North Fork. Die einzige Gegend auf Long Island, wo Trauben angebaut werden.«
    Driscoll versuchte es erneut auf dem Handy, doch Margaret war außer Reichweite. Als Nächstes rief er Thomlinson an, der beim ersten Klingeln abnahm.
»Cedric, besorgen Sie mir einen Hubschrauber. Er soll in fünf Minuten in Judson’s Marina sein! Verständigen Sie die Küstenwache und die Hafenpolizei von Suffolk County. Pierce ist unser Mann. Er ist unterwegs nach North Fork und hat Margaret bei sich.«

89. KAPITEL
    Der Lieutenant kreiste ihn langsam ein, daran hegte Pierce keinen Zweifel. Er hatte Driscoll unterschätzt, und nun fühlte er sich wie ein in die Falle gelockter Fisch, der immer weiter in die Enge getrieben wurde, bis er hilflos am Haken hing. Das war kein Ende nach seinem Geschmack. Ein Cop unter Deck und einer, der ihm auf den Fersen war. Wie zum Teufel hatte er es so weit kommen lassen können? Das Schicksal war ihm immer gnädig gewesen. Warum nicht jetzt, verdammt noch mal? Warum nicht jetzt? Am liebsten hätte er laut geschrien, doch das hätte seine Pläne mit Margaret durchkreuzt. Schließlich würde sie für die Hartnäckigkeit ihres Chefs bezahlen müssen. Er wünschte, der Lieutenant hätte bereits am Beispiel Moiras seine Lektion gelernt.
    Pierce stieg in den Schiffsbauch und kroch in den Kielraum, der den Motor beherbergte. Er riss die Benzinleitung heraus und ließ Schiffsdiesel in den engen Raum laufen. Es war höchste Zeit, das Boot zu versenken und sich aus dem Staub zu machen.
    Da er noch einige unerledigte Dinge zu tun hatte, kehrte er in die Kajüte zurück und nahm ein Bard-Parker-Skalpell aus seiner Arzttasche.
    Margaret war auf der Toilette. Das Wasser lief.

    »Don ghrian agus don ghealach agus do na realtoga«, sang er vor sich hin, als er die Tür aufriss und zustieß.
    Auf einmal hörte er ein Rattern und hastete nach oben. Riesige Rotoren durchschnitten die Luft. Ein Hubschrauber näherte sich dem Segelboot und erleuchtete mit seinem Flutlicht die Ark, als wäre es helllichter Tag. Trotz des Lärms der rotierenden Blätter hörte er den dumpfen Aufprall. Jemand war auf dem Deck gelandet. Driscoll.
    Der Sprung aus dem Hubschrauber hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher