Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb
Autoren: Thomas O'Callaghan
Vom Netzwerk:
Exponaten: WANDERFALKE, LOUISIANAWÜRGER, BRILLENWÜRGER, KALIFORNISCHER KONDOR. Alles wilde Raubvögel. Welchem Zweck dienten diese Skelette? Hatte Pierce die Vögel selbst gehäutet? Wie seine menschliche Beute? Driscolls schlechtes Gewissen meldete sich erneut. Es war Monate her, seit die erste Tote gefunden worden war, und er hatte den Mörder noch immer nicht gefasst. Darauf war er alles andere als stolz. Hektisch dachte er nach. Margaret! Wo zum Teufel war Margaret?
    Sein Handy klingelte. »Driscoll hier … Ja, Cedric, was haben Sie herausgefunden?«
    »Diese Chemikalie, deretwegen Sie mich angerufen haben, ist eine Säure. Tierpräparatoren verwenden sie, um organisches Material aufzulösen.«
    »Das passt«, sagte Driscoll.
    Auf einmal ertönte ein Rauschen. Es war, als hätte sich ein Heizofen in Betrieb gesetzt oder vielleicht eine Sumpfpumpe.
    Ein Heizungskeller? Dann müsste er unter dem Raum liegen, in dem er sich befand.
    Er kehrte zurück in den Beichtstuhl. Sowie seine Knie auf den Boden trafen, setzte sich der Beichtstuhl erneut in Bewegung. Schweiß sammelte sich auf Driscolls Stirn und rann ihm brennend in die Augen, als der Beichtstuhl langsam, aber unaufhaltsam nach unten fuhr.

    Unsanft traf der Beichtstuhl auf dem Boden auf. Durch den Ruck fiel Driscoll die Taschenlampe aus der Hand. Sie landete auf dem Holzboden und rollte ein Stück davon. Driscoll griff nach ihr und schaltete sie ein. Ein schmaler orangefarbener Lichtstrahl flackerte auf.
    Langsam tappte er vorwärts. Der schwache Schein aus seiner Taschenlampe konnte die völlige Dunkelheit um ihn herum nicht durchdringen. Immerhin erkannte er ein Koaxialkabel, das an die steinerne Decke geklemmt war. Er folgte der elektrischen Leitung, die sich zu einem Verteilerkasten mit einem Kippschalter schlängelte, und drückte den Schalter. Mehrere Scheinwerfer gingen an.
    Driscoll war nicht allein. Zwei Skelette in aufrecht stehenden Glassärgen starrten ihn an. An den Särgen hingen Schildchen mit der Aufschrift »MOM UND DAD, WIE-DERAUFERSTANDEN«.
    Vor den beiden Skeletten stand die Nachbildung einer Höhle aus künstlichem Stein. Um die Höhle herum fanden sich weitere Skelette, manche aufrecht in eigenen Vitrinen, andere ungeordnet auf Regalen. Das Nest des Lämmergeiers stand in der Mitte, ausgepolstert mit künstlichem Gras, Zweigen und einem Haufen Knochen. Driscoll strich sacht über einen schmalen Knochen und wusste, dass die DNA-Analyse erhärten würde, was sein sechster Sinn bereits wusste. Er steckte das zarte Knöchelchen ein und fragte sich, zu welchem der Opfer es gehören mochte, ehe er eilig in den Beichtstuhl zurückkehrte.
    Wie zum Teufel komme ich wieder hinauf?, fragte er sich. Doch kaum hatten seine Knie die Betbank berührt, setzte sich der Lift bereits nach oben in Bewegung.

87. KAPITEL
    Es war eine wolkenlose, sternklare Nacht. Gestützt von einer steifen Brise aus Südwest standen die Windanzeiger im rechten Winkel zum Großsegel. Die Bojen klapperten und kündeten von anrollenden Brechern, während bereits Kämme salzigen Wassers gegen den solide gebauten Rumpf der Ark schlugen, eines zwölf Meter langen Catalina-Segelboots, dessen Bug sich nun tief in die aufschäumenden Wellen bohrte. Die perlenden Töne von Debussys La Mer klangen durch die Heckkajüte. Pierce saß entspannt da, während Margaret ihren Verdächtigen Nummer eins nicht aus den Augen ließ. Margarets Mutmaßungen zufolge hatte Pierce womöglich mithilfe des Internets eine Segelbegeisterte auf der Suche nach ihrer ersten Liebe hinaus auf den Long Island Sound gelockt. Solange sie jedoch an Bord war, würde sie seine Pläne durchkreuzen. Schließlich war sie keine Närrin. Sie hatte ihren Dienstrevolver entsichert und war auf der Hut.
    Ihr Telefon klingelte. »Mein Handy«, sagte sie.
    »Welt, verschwinde«, seufzte Pierce.
    »Ich muss«, erklärte Margaret und griff nach dem Telefon.
    »Ja?«, fragte sie atemlos. »Ich verstehe dich nicht, es rauscht fürchterlich … Was? Hast du gesagt, ein Nest? Ein Keller? Was? Was ist mit dem Keller? Verdammt, jetzt ist die Verbindung abgebrochen.«
    Sie hatten seine Sammlung gefunden. Da war sich Pierce sicher.
    »Wir sind außerhalb der Reichweite für den Handyempfang, und das Wasser macht es nur noch schlimmer.«

    »Können Sie mich in den Hafen zurückbringen? Ich muss telefonieren!«
    »Was ist denn so eilig?«
    »Das war mein Chef. Er hat irgendetwas entdeckt. Ich weiß nicht, was. Es klang wichtig. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher