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Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb
Autoren: Thomas O'Callaghan
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ist, die Liebe seines Lebens zu verlieren? Und wie war es wohl, diese Liebe durch die erbarmungslose Tat eines brutalen Verbrechers zu verlieren, der keinen Respekt vor dem Gesetz kennt und keinen Gedanken an den trauernden Ehemann verschwendet?
    »Lieutenant, was wissen wir über das Opfer?« Thomlinsons Stimme hallte in Driscolls Ohren wider, zerstreute seinen Zorn und holte ihn zum aktuellen Fall zurück.
    »Sie war Hausfrau und Mutter, und ihr einziger Fehler bestand offenbar darin, dass sie nach Einbruch der Dunkelheit
auf einem schlecht beleuchteten Parkplatz gehalten hat, um Videos zurückzubringen.«
    »Was waren das für Videos?«
    »Sie hat South Pacific und Der König und ich zurückgegeben und sich Ist das Leben nicht schön? ausgeliehen. Das Band ist seitdem verschwunden.«
    »Broadway-Musicals und ein sentimentaler Weihnachtsfilm. Alles völlig harmlos«, sagte Margaret.
    »Also, was hat unseren Mann wohl provoziert?«, sinnierte Driscoll. »Diesen Knochensammler? Cedric, wissen Sie, wie viele Knochen der menschliche Körper hat?«
    »Äähh … zweihundert?«
    »Zweihundertsechs. Und wenn man sich ansieht, was er mit dem Torso gemacht hat, würde ich sagen, der Dreckskerl hat jeden einzelnen entfernt. Das ist wahre Hingabe. Und wahre Stressresistenz.«
    »Er ist akribisch«, ergänzte Margaret.
    »Es ist kein Sexualverbrechen. Kein wildes Gemetzel. Wir haben es hier mit dem Kunstwerk eines gebildeten Vandalen zu tun. Eines gutbürgerlichen Irren«, sagte Driscoll. »Aber wie viel davon war im Voraus geplant? Kannte er sein Opfer? Hat er ihr aufgelauert? Wird er wieder zuschlagen? Fest steht jedenfalls, dass unser Täter eingebildet ist. Er protzt mit seinem Verbrechen. Er hat ja sogar dafür gesorgt, dass wir sie identifizieren können.«
    »Hat man Sperma gefunden?«, wollte Thomlinson wissen.
    »Das Labor sagt nein«, antwortete Margaret.
    »Und was ist damit, wie er die Tote zugerichtet hat? Das ist doch ein regelrechter Overkill.«

    »Ich glaube nicht, dass sein Hauptmotiv das Töten ist«, erwiderte Driscoll.
    »Ist das Ihr Ernst?«, fragte Thomlinson.
    »Wir suchen einen Dieb. Einen Knochendieb.«
    »Warum befassen wir uns dann überhaupt mit dem Fall? Wenn es so ist, hätte ihn doch die Abteilung für Eigentumsdelikte übernehmen müssen.« Der schwarze Detective grinste und steckte sich eine Zigarre an. Mit einer übertrieben hochgezogenen Braue stieß er eine Rauchwolke aus, die durch die ganze Einsatzzentrale wallte.
    »Das, was Sie vorhin über einen Ritualmord gesagt haben, ist gar nicht so abwegig«, meinte Driscoll. »Haben wir es womöglich mit Voodoo im Big Apple zu tun?«
    »Könnte eine Überlegung wert sein.«
    »Was fällt Ihnen dazu ein?«, fragte Driscoll, der spürte, dass die Voodoo-Theorie Thomlinson nicht zufrieden stellte.
    »Mir kommt es trotzdem wie ein Sexualverbrechen vor.« Thomlinson kippte seinen Stuhl auf die Hinterbeine und blies ein paar Rauchringe, die er einen nach dem anderen mit dem Finger durchstach.
    »Und was macht Sie da so sicher?«, fragte Margaret.
    »Schauen Sie sich doch an, wo er ihren Ausweis hinterlassen hat. Nur ein gekränkter Liebhaber würde ihre Vagina als Briefkasten benutzen.«
    »Weiter«, drängte Driscoll.
    »Ich glaube, sie wollte Schluss machen, doch unser Romeo wollte sie nicht ziehen lassen.«
    »Und deshalb verstümmelt er sie?«, fragte Driscoll. »Er hat ihre Knochen mitgenommen, Herrgott noch mal! Das passt nicht ins Profil eines verschmähten Liebhabers.«

    »Kennen Sie die Geschichte vom Herzensdieb?«, fragte Thomlinson.
    Driscoll und Margaret schüttelten die Köpfe.
    »Im Sommer 1976 wurden in Trinidad mehrere Frauen ermordet. Der Täter hatte ihnen das Herz aus dem Leib gerissen. Umfangreiche Ermittlungen wurden angestellt, aber die Leichen wurden immer mehr. Schöne Mädchen. Ohne Herzen. Urplötzlich hörten die Morde auf. Drei Jahre später erschießt sich der Bürgermeister eines kleinen Touristenorts. Bevor er den Abzug drückte, hat er einen Brief geschrieben. Darin hat er zugegeben, dass er die acht Frauen umgebracht hat, die er einmal geliebt hatte. Sie alle hatten ihn wegen anderer Männer verlassen. Wenn er ihre Herzen nicht haben konnte, sollte sie auch kein anderer haben.«
    »Aber unser Dämon nimmt die Knochen«, entgegnete Driscoll und drückte mit dem Finger fest auf die Hochglanz-Großaufnahme der verstümmelten Leiche. »Und dieser Dämon hat keinerlei Respekt vor menschlichem Leben. Die McCabe wog
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