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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling
Autoren: Ellis Peters
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sich auf den Knien ans Werk, der warmen Erde nahe; der aufgestörte, betörende Duft umflatterte ihn wie unsichtbare Flügel, und die Sonne wärmte seinen Rücken.
    Er war immer noch bei der Arbeit, wenn auch in einer wohligen Mattigkeit und ohne Hast, als zwei Stunden später Hugh Beringar nach ihm Ausschau hielt. Cadfael hörte die leichten, federnden Schritte auf dem Kies und richtete den Oberkörper auf, um seinen Freund herankommen zu sehen.
    Hugh lächelte, als er ihn auf den Knien vorfand.
    »Bin ich in Euren Gebeten?«
    »Ständig«, erklärte Cadfael feierlich. »An einem so schwierigen Fall muß man ständig arbeiten.«
    Er zerkrümelte einen Klumpen warmer, dunkler Erde zwischen den Händen, wischte sich die Handflächen ab, und Hugh reichte ihm die Hand, um ihm beim Aufstehen zu helfen.
    In dem schmächtigen Körper und dem schlanken Handgelenk des Sheriffs steckte mehr Kraft, als sein Äußeres vermuten ließ.
    Cadfael kannte ihn erst seit fünf Jahren, war ihm aber näher gekommen als vielen anderen, mit denen er in den dreiundzwanzig Jahren seines Klosterlebens zusammengetroffen war. »Und was macht Ihr hier?« fragte er.
    »Ich dachte, Ihr wäret im Norden auf Euren eigenen Ländereien, um das Heu einzufahren.«
    »Da war ich auch, bis gestern. Das Heu ist in der Scheune, die Schur ist beendet, und ich habe Aline und Giles in die Stadt zurückgebracht. Gerade rechtzeitig, um herbeizitiert zu werden, damit ich einem großen Herrn meine Aufwartung mache, der hier zu Gast ist – zu seinem größten Mißvergnügen. Wenn sein Pferd nicht lahmte, wäre er bereits auf dem Weg nach Chester.
    Habt Ihr nicht etwas zu trinken für einen durstigen Mann, Bruder Cadfael? – Allerdings verstehe ich nicht«, setzte er gedankenverloren hinzu, »weshalb ich so ausgedörrt bin, nachdem er allein das Reden besorgt hat.«
    Cadfael hatte seinen eigenen Wein in seiner Hütte, jung, aber dennoch trinkbar. Er brachte einen Krug voll mit hinaus in die Sonne, und sie setzten sich zusammen auf die Bank an der Nordmauer des Gartens, um sich zu sonnen, ohne sich ihres Müßiggangs zu schämen.
    »Ich habe das Pferd gesehen«, sagte Cadfael. »Es wird Tage dauern, bis es sich so weit erholt hat, daß es die Straße nach Chester bewältigen kann. Ich habe auch den Mann gesehen, wenn es der ist, den willkommen zu heißen der Abt sich sehr beeilte. Ich hatte den Eindruck, daß er unerwartet kam. Wenn er schnell nach Chester kommen will, braucht er entweder ein frisches Pferd oder mehr Geduld, als er vermutlich aufbringen wird.«
    »Oh, er hat sich damit abgefunden. Es ist möglich, daß der Abt ihn eine Woche oder noch länger auf dem Hals haben wird.
    Wenn er jetzt nach Chester aufbräche, würde er seinen Mann dort nicht antreffen; es besteht also kein Grund zur Eile. Earl Ranulf ist an der Waliser Grenze und schlägt einen Einfall aus Gwynedd zurück. Owain wird dafür sorgen, daß er eine Weile beschäftigt ist.«
    »Und wer ist dieser Kirchenmann auf dem Weg nach Chester?« fragte Cadfael neugierig. »Und was wollte er von Euch?«
    »Nun, er war verärgert – bis ich ihm sagte, er hätte keinen Grund zur Eile, der Earl wäre an seiner Grenze unterwegs – und schien deshalb entschlossen zu sein, allen Leuten in seiner Umgebung soviel Ärger wie möglich zu bereiten. Schickt nach dem Sheriff, damit er mir zumindest die gebührende Hochachtung erweist! Aber es steckte auch ein Körnchen Ernstes dahinter. Er wollte alles wissen, was mir über den Aufenthaltsort und die Absichten von Owain Gwynedd bekannt ist. Vor allem wollte er wissen, wie groß die Bedrohung ist, die unser Waliser Fürst für Earl Ranulf darstellt, wie sehr dem Earl daran liegt, in dieser Angelegenheit unterstützt zu werden, und ob er bereit wäre, dafür zu bezahlen.«
    »Ein Mann des Königs also«, folgerte Cadfael nach einem Moment angestrengten Nachdenkens. »Ist er einer von Bischof Heinrichs Vertrauten?«
    »Der nicht! König Stephan hält sich ausnahmsweise einmal an den Erzbischof und nicht an seinen Bruder in Winchester.
    Heinrich ist irgendwo anders beschäftigt. Nein, Euer Gast ist ein gewisser Gerbert, einer der Augustiner-Chorherren aus Canterbury, ein großer Mann im Haus des Erzbischofs Theobald. Er hat den Auftrag, eine behutsame Geste des Friedens und des Wohlwollens bei Earl Ranulf zu machen, dessen Loyalität – gegenüber Stephan oder wem auch immer – nie mehr als schwankend war, aber gefestigt werden könnte – das jedenfalls hofft
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