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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling
Autoren: Ellis Peters
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als überhaupt kein Übereinkommen und die Notwendigkeit, stündlich über die Schulter zu schauen. Ranulf kann sich voll und ganz Owain Gwynedd widmen und Stephan dem Problem Geoffrey de Mandeville in Essex.«
    »Und in der Zwischenzeit müssen wir den Chorherrn Gerbert bewirten, bis sein Pferd ihn wieder tragen kann.«
    »Und seinen Leibdiener und seine beiden Burschen und einen von Bischof de Clintons Diakonen, der ihn als Führer durch die Diözese begleitet. Ein sanftmütiger kleiner Mann namens Serlo, der in Ehrfurcht vor dem großen Herrn erstirbt.
    Ich bezweifle übrigens, daß er je von der heiligen Winifred gehört hat – ich meine Gerbert, nicht Serlo –, aber er wird, da er nun einmal hier ist, bestimmt die Feierlichkeiten für Euch arrangieren wollen.«
    »Zuzutrauen wäre es ihm«, gab Cadfael zu. »Und was habt Ihr ihm über das kleine Problem Owain Gwynedd erzählt?«
    »Die Wahrheit, wenn auch nicht die ganze Wahrheit. Daß Owain imstande ist, Ranulf an seiner eigenen Grenze so beschäftigt zu halten, daß er keine Zeit hat, anderswo Ärger zu machen. Daß keinerlei Veranlassung besteht, wirkliche Zugeständnisse zu machen, um ihn zum Stillhalten zu bewegen, daß freundliches Zureden aber nicht schaden könne.«
    »Und Ihr hattet keinen Grund zu erwähnen, daß Ihr ein Abkommen mit Owain getroffen habt«, ergänzte Cadfael gelassen, »daß er uns hier in Ruhe läßt und Euch den Earl von Chester vom Halse hält. Damit bekommt Stephan zwar keine der gestohlenen Burgen hier im Norden zurück, aber es bewirkt zumindest, daß Ranulf seine gierigen Hände nicht noch auf weitere legen kann. Und was gibt es für Neuigkeiten aus dem Westen? Bei dieser trügerischen Stille in Gloucesters Land frage ich mich, was da vor sich geht. Habt Ihr irgend etwas darüber erfahren, was er im Schilde führt?«
    Der planlose, aufreibende Bürgerkrieg zwischen Vetter und Base um den Thron von England dauerte jetzt schon länger als fünf Jahre; er wurde in immer wieder aufflackernden Kämpfen überwiegend im Süden und Westen ausgetragen und drang nur selten so weit nach Norden vor, daß er Shrewsbury erreichte.
    Die Kaiserin Mathilde mit ihrem ergebenen Gefolgsmann und illegitimen Halbbruder, dem Earl Robert von Gloucester, herrschte jetzt fast unangefochten im Südwesten und konnte sich auf Bristol und Gloucester stützen. König Stephan hielt den Rest des Landes, aber mit recht unsicherem Rückhalt in den Teilen seines Reiches, die von seiner Basis in London am weitesten entfernt lagen, sowie den Grafschaften im Süden.
    Unter derart instabilen Verhältnissen neigten sämtliche Barone dazu, ihren eigenen Ehrgeiz zu befriedigen, jede Gelegenheit beim Schopfe zu packen und zu versuchen, ein eigenes kleines Reich aufzubauen, anstatt dem König oder der Kaiserin Gefolgschaft zu leisten. Earl Ranulf von Chester glaubte sich weit genug von der Macht der beiden Rivalen entfernt, um sein eigenes Nest auspolstern zu können, solange die Zeitläufte für ihn günstig waren; und es war nur zu offensichtlich, daß die Errichtung eines eigenen Reiches im Norden, das sich von Chester bis Lincoln erstreckte, vor seiner angeblichen Loyalität gegenüber König Stephan Vorrang hatte. Der Auftrag des Chorherrn Gerbert besagte gewiß nicht, daß man sich auf sein Wort verlassen würde, so fromm es auch gegeben wurde; er zielte vielmehr darauf ab, ihn in seinem eigenen Interesse zum Stillhalten zu bewegen, bis der König in der Lage war, sich mit ihm zu befassen. So jedenfalls beurteilte Hugh die Angelegenheit.
    »Robert«, sagte Hugh, »ist eifrig damit beschäftigt, seine Verteidigungsanlagen zu verstärken und den Südwesten in eine Festung zu verwandeln. Er und seine Schwester ziehen gemeinsam den Jungen auf, von dem sie hoffen, daß er eines Tages König wird. O ja, der junge Henry ist nach wie vor in Bristol, aber Stephan hat nicht die geringste Chance, seinen Krieg so weit voranzutreiben; und selbst wenn er es könnte, würde er nicht wissen, was er mit dem Jungen anfangen sollte.
    Aber auch sie kann, wenn sie den Jungen hätte, nicht mehr gewinnen als das Vergnügen, ihn bei sich zu haben, was vielleicht auch schon etwas Schätzenswertes ist. Letzten Endes werden sie ihn wieder nach Hause schicken müssen. Wenn er dann das nächste Mal kommt – dann vielleicht im Ernst und mit Waffen. Wer weiß?«
    Die Kaiserin hatte vor weniger als einem Jahr ihren Gatten in Frankreich um Hilfe gebeten. Aber Graf Gottfried von Anjou, ob er nun
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