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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller
Autoren: Daniel Dersch
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wurde und vom Kopf fiel.
    „ Ja, zum Teufel“, schrie Roger, „was ist passiert?“
    „ Roger Mason Bonfield?“
    „ Ja, Roger MASON Bonfield, ja, ich wohne hier mit meiner Familie und nun sagen Sie mir um Gottes Willen, was hier los ist.“
    „ Sir, bleiben Sie im Wagen, bis Sheriff Decker hier ist.“
    Roger schnaubte und wollte die Wagentüre aufreißen, doch der Officer stemmte im gleichen Augenblick sein Knie gegen die Flanke des Wagens und machte es ihm unmöglich auszusteigen.
    „ Ich will zu meiner Familie verdammt“, sagte Roger und schlang seine Hände so fest um das Lenkrad, als wollte er es aus dem Armaturenbrett reißen.
    „ Auf der Stelle“, brüllte er. Doch seine Stimme klang schwach, so wie das Pfeifen eines Teekessels, der auf niedriger Stufe vor sich hin köchelte.
    „ Sir, bleiben Sie bitte im Wagen!“, schrie der Officer, während er sein Walkie-Talkie vom Gürtel nahm und ans Ohr führte.
    „ Chief“, sagte der Officer, „der Ehemann, der … Roger Bonfield, ist hier. Ich glaube Sie sollten herauskommen und mit ihm reden.“
    Danach hakte der Officer das Walkie-Talkie in seinen Gürtel, ohne jedoch auch nur einen Schritt von der Stelle zu weichen und es Roger zu ermöglichen, aus dem Wagen auszusteigen. Er blieb sitzen und versuchte nachzudenken. Doch seine Gedanken glichen einem Puzzlespiel, das ein Kleinkind quer über den Wohnzimmerteppich verstreut hatte – alles war durcheinander und selbst die wenigen Fetzen, die er davon erkennen konnte, waren nichts mehr, als nur ein kurzes Aufleuchten in der Dunkelheit.
    Als Roger zur Veranda seines Hauses hoch blickte, konnte er die gräuliche Silhouette eines großen Mannes erkennen, der die wenigen Stufen bis zur Einfahrt hinab stieg. Auch der Officer sah die Gestalt, die abwechselnd in rotes und blaues Licht getaucht wurde und dennoch unerkenntlich blieb und trat von Rogers Wagen zurück. Roger nutzte die Gelegenheit und stieg aus. Kaum hatte er sich aus dem Fahrersitz erhoben, blickte er in das kantige Gesicht von Sheriff Charles Decker, der ihm unüberwindbar gegenüberstand – eine wahrer Wall von einem Mann.
    „ Roger Bonfield?“
    „ Ja“, sagte Roger, „was ist hier los? Was ist passiert?“
    „ Sir, mein Name ist Sheriff Charles Decker und ich möchte Ihnen mein herzliches Beileid aussprechen.“
    Rogers biss sich in diesem Augenblick so fest auf die Unterlippe, dass ein Schwall Blut ihm aus dem Mund floss und vom Kinn in den Hemdkragen tropfte. Doch er nahm davon überhaupt keine Notiz. Seine Augen starrten nur gebannt auf die Lippen des Sheriffs, die gerade dabei waren, sein ganzes Leben in Schutt und Asche zu legen.
    „ Ihre Frau ist vor einer halben Stunde die Kellertreppe hinabgestürzt…“
    Decker, der eher die Statur eines Holzfällers hatte, als die eines Polizisten, hielt einen Augenblick lang inne und schaute auf seine Füße. Roger versuchte die Regungen in dem Gesicht des Sheriffs zu lesen. Er hoffte, er bettete, er bettelte…
    Bitte lieber Gott, bitte, bitte, bitte nicht Linda. Lass es ihr gut gehen, lieber Gott.
    „… ihre Frau, sie hat sich bei dem Sturz das Genick gebrochen. Es tut mir Leid, Sir, sie war auf der Stelle tot.“
    „ Das kann nicht sein“, sagte Roger. Ein Lächeln umspielte für einen Augenblick seine Mundwinkel – sein Blick war milchig trüb und hatte plötzlich jeglichen Glanz verloren. Er schaute Decker noch einmal tief in die Augen, dann erst knickten seine Knie unter ihm ein, wie junge Setzlinge unter der Wucht eines tobenden Tornados. Er wurde bewusstlos. Die Dunkelheit legte sich über ihn, wie ein schweres, dicht gewebtes Tuch, durch das die Realität ausgesperrt wurde.
    Noch ehe Charles Decker reagieren konnte, fiel Roger gegen die Flanke seines Wagens und anschließend zur Seite. Sein Kopf schlug gegen den Rückspiegel auf der Fahrerseite und riss ihn aus der Halterung. Und erst als sein lebloser Körper neben dem Wagen zum Liegen kam, rief Decker nach einem der Sanitäter, die neben dem Krankenwagen standen.

22.

    Als Roger Bonfield die Augen wieder öffnete, erkannte er sofort, dass er auf der Couch im Wohnzimmer lag. Er sah hinauf zur Wohnzimmerdecke und erkannte den dunklen Fleck, den ein Sektkorken hinterlassen hatte, nachdem Sam die Flasche zu fest geschüttelt hatte. Wann war das gewesen? Zu Lindas Geburtstag? Zu seinem eigenen? Er wusste es nicht mehr. Was er jedoch wusste war, dass ihn dieser Fleck störte und dass er ihn übermalen würde, sobald er mal die
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