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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens
Autoren: Patricia Cornwell
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zurückzuverfolgen, woher die Fahrzeuge kommen?«
    »Wir arbeiten mit einem Satellitensystem. Zumindest können wir Ihnen sagen, welche Wagen in dem Bereich, wo die Leiche gefunden wurde, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne Müll abgeladen haben.«
    Bei ein paar Chemieklos fuhren wir spritzend durch eine tiefe Pfütze und holperten an einer Waschanlage vorbei, in der die Lastwagen auf ihrem Weg zurück auf die Straßen und Autobahnen des Lebens abgespritzt wurden.
    »So was haben wir hier noch nicht erlebt«, sagte er. »Aber auf der Shoosmith-Deponie wurden mal Leichenteile gefunden. Zumindest gibt es so ein Gerücht.«
    Er warf mir einen Blick zu, als erwartete er von mir eine Bestätigung dieses Gerüchts, aber ich ging nicht darauf ein.
    Schmatzend fuhr der Explorer durch den mit Gummispänen bestreuten Schlamm, und der saure Gestank faulenden Mülls wehte ins Wageninnere. Ich behielt den kleinen Lkw, den ich seit meiner Ankunft beobachtete, fest im Auge. Meine Gedanken überschlugen sich.
    »Übrigens, mein Name ist Keith Pleasants.« Er wischte sich die Hand an der Hose ab und reichte sie mir. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Ich musste mir fast den Arm verrenken, um mit meiner behandschuhten Hand die seine zu schütteln, während Männer, die sich Taschentücher und Lappen vor die Nase hielten, uns beim Näherkommen beobachteten. Es waren vier, die sich, wie ich jetzt sehen konnte, um das Heck eines Hydraulik-Mülltransporters versammelt hatten, mit dem Müllcontainer geleert und Müll zusammengepreßt wurde. Cole's Trucking Co. stand auf den Türen.
    »Der Typ, der da im Müll herumstochert, ist der zuständige Detective«, erklärte mir Pleasants.
    Er war schon etwas älter, hatte keine Jacke an und trug einen Revolver an der Hüfte. Ich hatte das Gefühl, ihn schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
    »Grigg?« riet ich. So hieß der Detective, mit dem ich telefoniert hatte.
    »Genau.« Schweiß lief Pleasants über das Gesicht, und er wurde noch nervöser. »Wissen Sie, ich hatte noch nie etwas mit der Polizei zu tun. Noch nicht mal wegen zu schnellen Fahrens.«
    Wir hielten. Ich konnte durch den aufgewühlten Staub kaum etwas sehen. Pleasants langte nach seinem Türgriff.
    »Bleiben Sie noch einen Moment sitzen«, bat ich ihn.
    Ich wartete, bis der Staub sich gelegt hatte, und verschaffte mir durch die Windschutzscheibe hindurch einen Überblick, wie ich es immer bei meiner Ankunft an einem Tatort tat.
    Die Baggerschaufel hing wie erstarrt mitten in der Luft, der Müllwagen darunter war noch fast voll. Überall sonst auf der Deponie herrschte Betriebsamkeit. Dieselmotoren liefen.
    Nur hier wurde nicht gearbeitet. Einen Moment lang sah ich zu, wie kraftvolle weiße Trucks bergauf röhrten, während die Raupenbagger mit ihren Klauen zupackten und Kompaktoren mit ihren Stahlrädern den Boden zermalmten.
    Der Krankenwagen, mit dem die Leiche abtransportiert werden sollte, war schon da, und die Sanitäter saßen im klimatisierten Inneren, beobachteten mich durch staubige Fenster und warteten ab, was ich tun würde. Als sie sahen, daß ich die OP-Maske über Nase und Mund zog und meine Tür öffnete, stiegen sie auch aus. Türen knallten. Der Detective kam sofort auf mich zu, um mich zu begrüßen.
    »Detective Grigg, Sheriffs Department von Sussex«, sagte er. »Ich habe Sie angerufen.«
    »Waren Sie die ganze Zeit hier draußen?« fragte ich ihn.
    »Ja, Ma'am, seit wir um zirka dreizehn Uhr benachrichtigt wurden. Ich habe aufgepaßt, daß nichts verändert wurde.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte einer der Sanitäter zu mir. »Brauchen Sie uns jetzt gleich?«
    »Vielleicht in einer Viertelstunde. Es kommt Sie dann jemand holen«, sagte ich, und sie stiegen eiligst wieder in ihren Krankenwagen. »Ich brauche hier mehr Platz«, sagte ich zu den Umstehenden.
    Schritte knirschten, als die Leute aus dem Weg traten und den Blick auf das freigaben, was sie bewacht und begafft hatten. Die Hautfarbe war im verlöschenden Licht des Herbstnachmittags unnatürlich bleich, der Rumpf ein grauenerregender Stumpen. Er war aus einer Ladung Müll gefallen und auf dem Rücken gelandet. Ich hielt die Leiche für weiß, war mir aber nicht sicher, und die Maden, von denen es im Genitalbereich wimmelte, machten es schwer, auf den ersten Blick das Geschlecht zu bestimmen. Ich konnte noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob das Opfer schon die Geschlechtsreife erreicht hatte oder nicht. Der Leichnam war extrem mager, die Rippen
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