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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels
Autoren: Horus W. Odenthal
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Milizionäre bauten sich hinter ihm auf.
    „Soldaten auf Vergnügungstour, was? Sechzehnte, aha.“  
    Der Hauptmann war ein stämmiger Bärtiger, der sich hartgesotten gab, es vielleicht auch war. Jedenfalls war das ein nützlicher Zug, wenn man Milizionär in diesem Viertel war. „Wie sieht‘s denn bei euch mit Waffen aus?“
    Auric schwieg, wie die anderen Gott sei Dank auch, ließ sich gar nicht auf irgendwas ein, um nicht weiter zu provozieren. Sie waren durch Erscheinung und Auftreten dem Hauptmann quer gekommen, sie waren jetzt dran – so war das Leben. Der Versuch, die Situation zu entspannen, konnte nur nach hinten losgehen. Also die Kontrolle über sich ergehen lassen, Hände hoch nehmen, damit die Milizionäre, die jetzt mit harschem, professionellen Gehabe herantraten, schön alles nach verborgenen Waffen abtasten konnten. Die meisten waren jünger als sie, hinter ihrer Maske rotzig kühler Abgebrühtheit stolz auf die Uniform, die sie aus den wahrscheinlich einfachen Verhältnissen ihrer Herkunft hervorhob.
    Nur Jags suchte bei der ganzen Prozedur penetrant den Blickkontakt mit dem Hauptmann. Er maß ihn von oben herab mit seinem Ich-mach-dich-in-drei-Sekunden-kalt-Blick. Auric war froh, dass sie ihre Waffen zurückgelassen hatten.
    Sie waren außer Dienst und dies war schließlich eine Millionenstadt, dies war Idirium, die Hauptstadt des Reiches. Dies war die Zivilisation. Hier herrschten die allgemeinen Regeln menschlichen Zusammenlebens, die von der Mehrheit idirischer Bürger als die normalen und gegebenen angesehen wurden. Er blickte zu Jag hinüber, sah das Zucken seiner Muskeln, in seinen Händen, um seine Mundwinkel, während die Hände eines Gardisten tastend an seiner Seite entlang glitten.
    Für manche, dachte Auric, war es eben schwerer umzuschalten, die Instinkte zurückzustellen, die man dort draußen – im Feld – zum Überleben brauchte. Dort draußen bedeutete das Blut eines Feindes an deinen Händen, dass du überlebt hattest. Hier bedeutete es dein Verderben.
    So war er froh und zufrieden, als schließlich die Gardisten ihre Durchsuchung nach Waffen beendeten und zurücktraten, ohne dass es zu einen Zwischenfall gekommen wäre. Nefraku war dabei derjenige, der sich absolut kühl und beherrscht hielt. Sein Gesicht blieb bei all dem eine stoische Maske.
    Natürlich durfte der Hauptmann selbst jetzt mit keiner Spur in seiner Miene zu erkennen geben, dass er nun zufrieden gestellt sei. Aus zusammengekniffenen Augen blitzte er sie an.  
    „Name. Dienstgrad.“
    „Auric“, schob er sich nach vorn, um die Situation, nachdem nun alle ihre Schuldigkeit getan hatten, elegant zu beenden. „Auric Torarea Morante. Oberst Morante.“ Er zog seinen Dienstpass, den der Hauptmann mit Pokerface entgegennahm.
    Er sah Jag neben sich treten.
    „Jag. Hauptmann Jagnar Dein-Scheiß-Tod Varndreit.“
    Das war nun nicht wirklich elegant und auch nicht eben hilfreich. Die Miene des Hauptmanns entglitt kurz, stabilisierte sich dann aber sofort umso versteinerter und grimmiger.
    Letztendlich war aber das einzige, was man gegen den alten vraigassischen Kampfhahn vorbringen konnte, sein alkoholgeschwellter Kamm. So ließ man sie schließlich dennoch ungehindert weiterziehen. Ihre Pässe und Dienstgrade trugen gewiss das ihre dazu bei. Auric war wirklich erleichtert, dass sie ihre Waffen zurückgelassen hatten, und sei es nur, um sie nicht ständig in den Waffenkammern wechselnder Kneipen abliefern und nachher wieder einsammeln zu müssen. Wer weiß, wie sonst der Abend bei steigendem Alkoholkonsum geendet hätte. In einer Zelle. Oder mit Blut an den Händen.
    Aus dem übermauerten Eingang eines Bogengewölbes im Kellergeschoss hallte ihnen das harte, aggressive Stampfen von Botuka-Musik entgegen, und Kudai war plötzlich Feuer und Flamme. Selbst der horrende Eintrittspreis konnte ihn nicht abhalten – die Musikgruppe hatte anscheinend einen ziemlich hohen Bekanntheitsgrad. Durch einen langen vom schweren Wummern des Rhythmus erfüllten Gang kamen sie schließlich in den von dunklen Mauern gefassten, schweißdampfenden Hexenkessel einer von den Musikern zum tobenden Chaos aufgeputschten Menge.
    Alle bis auf Nefraku warfen sie sich ins Gewühl der Tanzenden.
    Auric fühlte sich großartig. Der Schweiß floss ihm in Strömen vom Körper, er warf sich in die gegen ihn anstürmende Masse, und diesmal musste er keinen von ihnen töten. War das nicht herrlich? Dies war die Zivilisation, dies war Idirium.
    So
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