Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes
Autoren: Suzanne McLeod
Vom Netzwerk:
Blutsauger landen würde.
    Er war sehr still geworden, eine nicht unerwartete, aber nichtsdestotrotz verletzende Reaktion. Am Ende hatten wir dann irgendwie einander und uns selbst gerettet. Ich hatte natürlich erwartet, meinen Job zu verlieren, da er nun ja über mich Bescheid wusste.
    Aber nichts dergleichen war geschehen. Im Gegenteil, er hatte sogar im Hexenrat ein gutes Wort für mich eingelegt.
    Und mein Geheimnis für sich behalten.
    Doch hatte die Tatsache, dass mein Vater ein Vampir ist, einer möglichen Beziehung zwischen uns – abgesehen von der rein beruflichen – offenbar den Todeskuss verpasst.
    Nicht, dass ich das nicht verstehen konnte.
    Trotzdem, es tat weh.
    »Gen, wer hat was getan?«, wiederholte er, und der zerstreute Ausdruck in seinen herrlichen moosgrünen Augen verschwand.
    »Scarface ist gerade vorbeigeschlurft«, erklärte ich und zeigte mit meinem Stift auf die in einen Seitentunnel entschwindende Gestalt, einer von vielen Nebentunneln, die von dem Haupttunnel, in dessen Mitte wir saßen, abgingen. Diese Tunnel waren früher als Lagerräume benutzt worden – bevor
alles ausgebuddelt und in eine Touristenattraktion verwandelt worden war. Wir saßen an einer großen T-Kreuzung und zählten die vorbeischlurfenden Geister.
    »Er ist schon wieder an den Bannkreis gestoßen«, fügte ich hinzu und war froh, dass meine Stimme nicht zitterte.
    Finn musterte prüfend den etwa drei Quadratmeter großen Bannkreis, in dem wir saßen. Er hatte ihn selbst an dieser großen Kreuzung gezogen , unter Verwendung von Salz als Bindemittel, Eibenholzschnitzeln, um die Toten fernzuhalten, und Salbei für Schutz und Klarheit. Wenn ich genau hinsah , erkannte ich, dass uns der Kreis wie eine große Luftblase überspannte – kein sehr beruhigender Gedanke, wenn knochige Finger versuchten, sich hineinzubohren.
    »Beim Zeus, Gen, der Kreis ist völlig in Ordnung«, sagte Finn und kratzte sich gereizt hinter dem linken Horn. »Da muss schon mehr kommen als ein paar Geister, die anklopfen.«
    »Ich weiß.« Ich seufzte und hob meinen Laptop vom Schoß, um meinen Oberschenkeln ein wenig Kühlung zu gönnen. Ich setzte ihn auf der rechten Lehne ab. Aber es war nicht bloß der Zirkel; ich hatte das Gefühl, Scarface warnen zu müssen, ihm sagen zu müssen, dass er einen Bogen um uns machen sollte.
    Finn zeigte mir lächelnd seine prächtigen weißen Zähne, die sich vorteilhaft von seinem gebräunten Gesicht abhoben. »Ich weiß, du machst dir Sorgen, Gen, aber entspann dich einfach, ja? Es ist alles in Ordnung.«
    »Klar«, antwortete ich halbherzig, und er widmete sich wieder seiner Lektüre.
    Aber entspannen ist schwierig, wenn einem der Schweiß über den Rücken läuft und man eine Gänsehaut hat. Besorgt richtete ich den Blick wieder nach vorn in die hell erleuchteten Tunnel und wartete auf die nächste geisterhafte Erscheinung.
Vergebens redete ich mir ein, dass es keinen Grund gab, Angst zu haben. Scarface und die anderen waren lediglich Abdrücke von Seelen, Schatten, die aufgrund eines gewaltsamen Todes zurückgeblieben waren und nun auf Replay festhingen wie eine defekte DVD. Falls er je Angst oder Entsetzen empfunden, falls er je etwas von den Lebenden gewollt hatte, war das längst vorbei.
    Ich musste an Cosette denken, die heute im strömenden Regen auf mich gewartet hatte. Sie war, trotz ihrer Wunden, zornig gewesen, nicht ängstlich. Verdammt, ich musste einfach rausfinden, was sie von mir wollte. Mein Telefonat mit Constable Taegrin war nur teilweise erfolgreich gewesen. Er hatte sich gerne bereiterklärt, mit Mr. Travers Poliertipps auszutauschen, war aber barsch und ablehnend geworden, als ich mein Geisterproblem erwähnte und mich nach Nekromanten erkundigte. Er hatte zwar nicht ausdrücklich nein gesagt, aber es wäre töricht gewesen, all meine Hoffnungen auf ihn zu setzen.
    Ich überlegte, Finn zu fragen, ob er irgendwelche Nekros kannte, entschied mich dann jedoch dagegen. Cosette hatte nichts mit meiner Arbeit zu tun, und Finn hatte derzeit schon genug am Hals. Er hatte kürzlich die Firma übernommen und war nun nicht mehr mein Kollege, sondern mein Boss.
    Auf dem Laptop tauchte der Bildschirmschoner auf, und der Schriftzug Spellcrackers.com – Wir knacken jeden Zauber, waberte über den Monitor. Der Laptop wurde mir allmählich ein wenig schwer, und ich beugte mich vor, um ihn vorübergehend auf meinem Rucksack abzustellen.
    »Warte, ich helfe dir«, sagte Finn und beugte sich ebenfalls
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher