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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes
Autoren: Tatjana Stepanowa
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nur die Aussagen des Opfers und Sidorows über die Umstände des Überfalls. Kassjanow will die Aussagen mit einer Rekonstruktion des Tathergangs untermauern und Filmaufnahmen davon machen.« Kolossow räusperte sich. »Deshalb wollte ich dich fragen, Katja . . . hast du nicht Lust, uns zusammen mit deinem Kameramann ein letztes Mal behilflich zu sein? Meine Männer sind keine professionellen Filmemacher. Aber wenn es dir zu sehr zusetzt, diesen Schweinehund zu sehen, dann sag es.«
    »Ich komme, und ich bringe auch den Kameramann mit.« Katjas Antwort klang ganz ruhig: »Am Montag, sagst du? Um wie viel Uhr?«
    Doch als Katja in Sergejs Auto saß, war es mit ihrer gespielten Ruhe vorbei. Sie verkroch sich auf den Rücksitz. Sergej, der den ganzen Weg bis zum Frunse-Kai kein Wort sagte, hörte ihr unterdrücktes Schluchzen. Er versuchte nicht, sie zu trösten – sollte sie weinen, wenn ihr danach war. Er reichte ihr nur schweigend sein kariertes, frisch gestärktes Taschentuch.

31 Geiselnahme unter Brüdern
    Der Montagmorgen war sonnig und warm. Um acht Uhr sollten das Einsatzkommando, der Häftling samt Bewachung, die vom Gesetz vorgeschriebenen zivilen Zeugen sowie Iwan Basarow auf dem Feldweg zwischen Mebelny und Uwarowka eintreffen. Viertel vor acht waren alle auf dem Rasdolsker Revier versammelt, nur Iwan fehlte. Kassjanow wurde nervös. Er wollte die Tatrekonstruktion mit Dmitri Basarow so früh und so zügig wie möglich durchführen, um unliebsame Zwischenfälle zu vermeiden. Die Staatsanwaltschaft hatte nämlich die inoffizielle Information erhalten, dass die Kollegen des ermordeten Jakowenko aus der Spezialeinheit »Sirene« ungewöhnliches Interesse an der Person des Verdächtigen gezeigt hätten.
    Iwan Basarow meldete sich eine halbe Stunde später: Freunde brächten ihn im Auto, erklärte er, doch sie steckten im Stau und würden frühestens in einer Stunde erscheinen. Sie wollten dann gleich zum Tatort fahren und nicht erst zum Revier.
    So setzte sich die Karawane der Ermittler in Bewegung: an der Spitze der kanariengelbe Kleinbus der Rasdolsker Miliz, in dem Kassjanow, die Zeugen, Katja und der Kameramann saßen, dahinter der geschlossene Gefangenentransporter mit dem Häftling und der Wache und schließlich Kolossow wie immer in seinem eigenen fahrbaren Untersatz. Katja wirkte sehr ruhig und gesammelt. Sie beriet sich mit dem Kameramann über die Filmaufnahmen, überprüfte die Geräte und sprach einen ersten Text für den geplanten Artikel auf ihren Recorder. Doch ihr Blick schweifte dabei immer wieder zum Gefängniswagen hinter ihnen.
    Bei ihrer Ankunft erwarteten sie nur Wald und ein leerer Feldweg. Katja sprang rasch aus dem Kleinbus.
    »Verdammt, der ist ja immer noch nicht da!« Kassjanow wurde wütend. »Was bildet dieses Bürschchen sich ein! Macht der sich lustig über uns?«
    Doch in diesem Moment erblickten sie Iwan Basarow. Er bog um die Ecke, allein und zu Fuß.
    »Na endlich!« Kassjanow lief ihm entgegen. »Wo kommen Sie denn her?«
    »Von der Datscha. Meine Freunde haben mich abgesetzt und sind dort geblieben.« Iwan blickte sich gehetzt um. »Muss das alles überhaupt sein? Für mich ist das furchtbar schwer, verstehen Sie? Ich . . . ist er da drin?«
    »Ja. Es wird nicht lange dauern. Sie wiederholen einfach Ihre ursprünglichen Aussagen vor den Zeugen und der Videokamera und zeigen uns, wo genau Sie überfallen wurden und von wem.« Kassjanow winkte der Wache. »Führt ihn raus.«
    Der Kameramann schaltete die Videokamera ein. Katja setzte die Kopfhörer auf, nahm das Mikrofon in die Hand und drückte auf die Aufnahmetaste. Im grellen Sonnenlicht blinzelnd, sprang Dmitri vom Trittbrett. Er trug Handschellen. Sein Arm war verbunden; die Wunde war noch nicht verheilt.
    Katja brachte es nicht über sich, ihn anzusehen. Iwan wandte sich ebenfalls ab und ging etwa dreißig Meter über die asphaltierte Chaussee voraus. An einem Holunderstrauch, dessen Zweige über die Straße hingen, blieb er stehen.
    »Hier«, sagte er dumpf. »Hier ist es passiert. Hier stand sein Auto.«
    »Achtung! Die Zeugen bitte näher treten.« Kassjanow nickte dem Kameramann zu und beugte sich über Katjas Mikrofon. »Also, die Rekonstruktion der Tat findet bei klarem, trockenem Wetter statt, die Sicht ist zufrieden stellend, Moskauer Zeit – neun Uhr, achtzehn Minuten. An der Tatrekonstruktion nehmen teil. . .«
    Katja rückte ihre Kopfhörer zurecht und wandte sich ein wenig ab, um ihre Sonnenbrille aus der
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