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Der Junge mit den blauen Haaren

Der Junge mit den blauen Haaren

Titel: Der Junge mit den blauen Haaren
Autoren: Doris Loesel
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sehen, „deine Frage war die einzig richtige Schlussfolgerung. Und nochmal nein! Durch nichts und niemand kann das, was zwischen uns geschehen ist, zerstört werden.“
Tränenblind blinzele ich zu ihm hoch.
„Vertraust du mir, wenn ich dir verspreche, dir alles zu erzählen? Später … nicht jetzt?“
Mein schlechtes Gewissen frisst mich geradezu auf.
War ich doch die ganze Zeit über zu sehr mit den Gespenstern meiner eigenen Lebensgeschichte beschäftigt, um auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet zu haben, Kay nach seinem eigenen Leben zu fragen.
Gott, bist du eine so egoistische Kuh, Kim!
„Woher solltest du denn ahnen, dass auch bei mir nicht alles normal abläuft?“
Kay schockiert mich nicht einmal mehr, als er mit seiner Frage beweist, dass er genau weiß, was in meinem Kopf vorgeht.
„Ich hätte wenigstens fragen können“, bringe ich unter Tränen hervor.
Seine Daumen streicheln über meine nassen Wangen, bevor seine Lippen den Spuren folgen.
So weit, bis sie bei meinem Mund angelangt sind.
Sein Kuss ist so sanft, dass ich das Wimmern, das unbedingt aus meiner Kehle will, mit aller Macht unterdrücken muss.
Kay schafft es, mich von meinem selbst auferlegten Kummer abzulenken.
Doch ein bitterer Nachgeschmack bleibt.

30)
    A llerdings ist auch der nur noch ein schwacher Hauch von Erinnerung, als Kay und ich gemeinsam zum Frühstück erscheinen.
Ich habe Recht mit meiner Kay gegenüber geäußerten Vermutung.
Rheena hat einen eingebauten Liebes-Detektor. Oder zumindest so etwas in der Art.
Obwohl ich mir sicher bin, nichts anders zu machen, als in den vergangenen Wochen, sieht sie nur zwischen Kay und mir hin und her. Ihre Augen weiten sich und ein Strahlen breitet sich über ihr blasses Gesichtchen aus, das den gesamten Speisesaal erleuchten könnte.
„Kim“, kreischt sie und wirft ihre Arme um meinen Hals. „oh mein Gott, Kiiiiiiiim!“
„Schh!“, flehe ich, „nicht so laut!“
Kay steht an meiner Seite und kann sein Grinsen nicht verbergen.
„Oh mein Gott“, flüstert Rheena erneut. „Seit wann?“
Mein Mund bewegt sich stumm, ohne dass ein Laut meine Lippen verlässt.
Ich sehe ganz bestimmt aus wie ein Karpfen.
Als ich endlich in der Lage bin, mich wieder vernünftig zu artikulieren, erscheint Miriam mit Nelly-Melly-Silvia im Schlepptau.
Ihr seltsam aussehender Gang ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass beide nicht richtig durchatmen können. Die kurzen Fähnchen, die den Namen Kleid nicht wirklich verdienen, enthüllen mehr als ich sehen will und sind geschätzte zwei Nummern zu klein.
Nelly-Melly-Silvias Brüste werden so hoch geschoben, dass ihr Doppelkinn bequem darauf ruhen kann.
Während ich noch vollkommen fasziniert bin von Nelly-Melly-Silvias Mut zur Lächerlichkeit, gibt Miriam ihrer Adjutantin einen Schubs – natürlich vollkommen unbeabsichtigt – und Nelly-Melly-Silvia landet mit einem koketten „Upps“ an Kays Brust.
Dass ich bei dieser Aktion – natürlich ebenso unbeabsichtigt – zur Seite gestoßen werde, lässt sich nicht vermeiden.
So ein Zufall aber auch!
Kay, der die Gestrauchelte gerade eben noch auffangen wollte, reagiert ohne nachzudenken.
Er greift nach meiner Hand und gibt mir so den Halt, den ich benötige, um nicht ins Buffet zu fallen, und Nelly-Melly-Silvia knallt mit voller Wucht auf ihre Knie.
„Alles okay bei dir?“, fragt Kay und erntet ein erbostes Schnauben von dem gefallenen Mädchen.
„Sieht es so aus?“, keift sie. Doch dann begreift sie, dass sie gar nicht gemeint ist.
Denn Kays besorgter Blick ruht auf meinem blassen Gesicht. Er zieht mich zu sich heran und seine schlanken Finger streicheln zärtlich über meine Wangen. Irgendwie gelingt es mir, ihm ein beruhigendes Lächeln zu schenken.
„Jepp“, sage ich flapsig, „alles gut.“
Die ganze Aktion kann nicht mehr als ein paar Sekunden gedauert haben und doch kann ich alles wie in Zeitlupe wahrnehmen.
Auch die Blicke, die Miriam und Nelly-Melly-Silvia einander zuwerfen, bevor sie sich mir zuwenden.
Doch bevor ich die volle Ladung ihrer hasserfüllten Schimpftiraden abkriege, tut Kay etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte.
Er küsst mich – vor der versammelten Mannschaft!
Zunächst starte ich einen, zugegeben, schwachen Versuch, mich dagegen zu wehren. Kay jedoch hält mich sanft, aber bestimmt, fest.
Während ich mich seinen weichen Lippen hingebe, begreife ich, was er da wirklich tut.
Denn nichts Tröstliches liegt in seiner Berührung. Ganz im Gegenteil!
Mit
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