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Der Junge mit den blauen Haaren

Der Junge mit den blauen Haaren

Titel: Der Junge mit den blauen Haaren
Autoren: Doris Loesel
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Frage direkt an mich.
„Nein“, flüstere ich.
„Aber ich möchte es!“, ruft Kay leidenschaftlich aus.
„Bitte, Kay“, sage ich mit bebender Stimme, „sie wird nicht aufhören damit, mir weh zu tun. Und wenn sie bestraft wird, wird es nur noch schlimmer werden.“
Kay ballt seine Hände zu Fäusten. Seine Augen sind geschlossen und sein Mund ist nur noch ein Strich.
Als er seine Augen wieder öffnet, ist von seiner Wut nichts mehr zu erkennen
Nur Verständnis und Zärtlichkeit sind zu sehen.
„Na gut, Kleines“, sagt er leise und streichelt mir über das Haar, „aber das wird mich nicht daran hindern, etwas zu unternehmen, sobald sie dir auch nur ein µ zu nahe kommt. Und ich schwöre bei Gott, Kim, das Nächste, das sie dir antut, wird zugleich das Letzte sein.“
Mit diesen Worten rauscht Kay aus dem Büro und lässt mich bebend zurück. „Möchtest du, dass ich dich auf dein Zimmer begleite?“
Miss Viola sieht mich verständnisvoll an.
„Ich … nein … danke. Ich schaff das schon.“
Mit wackligen Knien erhebe ich mich und verlasse ohne ein weiteres Wort das Direktorat.

34)
    V or der Türe wartet Rheena mit finsterer Miene.
„Was hat das Miststück jetzt wieder getan?“, empfängt sie mich und legt einen Arm um meine Schultern.
„Woher …?“
„Ach komm schon, Süße! Kay und du, ihr gehört zu den besten Schülern dieser Einrichtung. Es gibt nichts, dass man euch zur Last legen könnte. Es sei denn …“
„Sie hat gesagt, wir hätten miteinander geschlafen“, unterbreche ich sie hastig und werde knallrot.
Rheena sieht mich an, als sei mir ein zweiter Kopf gewachsen. Dann kneift sie zornig ihre Lippen aufeinander.
Eine Art ungeschriebenes Gesetz unter den Schülern des Internats besagt, dass gerade diese Sache absolut diskret behandelt wird.
Denn selbstverständlich kommt es, besonders bei den Paaren, die bereits länger zusammen sind, zu mehr, als nur Knutscherei.
Da aber letztendlich niemand davor gefeit ist, eines Tages selbst in diese Lage zu kommen, gilt absolutes Stillschweigen hierüber.
Alle halten sich an diesen Ehrenkodex … naja, bis jetzt war das wenigstens so.
Rheena sagt so lange keinen Ton, bis ich sie ansehe.
„Und?“, fragt sie dann, „habt ihr?“
Jedem anderen, der sich getraut hätte, mir diese Frage zu stellen, wäre ich an die Gurgel gegangen. Aber nicht Rheena.
„Nein“, flüstere ich, „wir sind doch noch nicht lange zusammen.“
Ich weiß selbst, dass meine Erklärung lahm klingt. Denn wenn ich ehrlich bin, muss ich mir eingestehen, dass es mir schnurzpiepegal ist, wie lang oder kurz ich mit Kay zusammen bin.
Das Gefühl, ihn schon ewig zu kennen, ist allgegenwärtig.
Und die Intensität dessen, was ich für ihn empfinde, hat das Stadium anfänglicher Zurückhaltung schon längst überschritten.
Lediglich meine Unsicherheit hindert mich daran, einen Schritt weiter zu gehen.
Rheena drückt mich mitfühlend.
„Ich verstehe, was in dir vorgeht“, sagt sie leise.
„Ach ja?“, frage ich mit schmerzender Kehle.
„Ja“, Rheena nickt, „mir geht’s mit Tiger genauso“, gibt sie zu, „aber da Trisha, meine Zimmerkollegin, zufällig die Freundin von Marcus, Tigers Zimmerkollegen ist …“
Rheena muss nicht weiter reden.
Ich beneide sie glühend, angesichts dieser perfekten Konstellation, und schnäuze meine Nase, die farblich zu meinen verheulten roten Augen passt.
„Hast du Kay gesehen?“, frage ich sie.
„Tiger hat ihn sich geschnappt, nachdem er sein wütendes Gesicht gesehen hat.“
Oh ja, ich kann mir denken, wie wütend Kay ist.
„Und bevor er irgendwas Dummes anstellt …“
Ich ziehe geräuschvoll meine Nase hoch.
Einmal mehr bin ich glücklich, solch gute Freunde gefunden zu haben. Sie machen alles Negative um ein Vielfaches wett.
„Danke, Rheena“, murmele ich.
„Dafür nicht, Süße“, winkt sie ab und greift nach meiner Hand. „Komm, lass uns nach unseren Jungs sehen!“
    Wir finden die beiden auf der Eingangstreppe.
Ein Blick in Kays Gesicht sagt mir, dass er sich wieder beruhigt hat. Er streckt seine Hand nach mir aus und ich eile zu ihm. Sofort verbirgt er sein Gesicht an meinem Hals, haucht winzige Küsse auf die empfindliche Stelle und zieht meinen Duft in seine Lungen.
„Geht’s dir gut?“
Seine Standardfrage!
„Solange es dir nichts ausmacht …“
Sofort wirkt seine Miene wie versteinert.
„Wenn du damit andeuten willst, dass es deine Schuld ist …“
„Es ist meine Schuld, Kay“, jammere ich, „mit jeder anderen hier
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