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Der Junge, der es regnen liess

Der Junge, der es regnen liess

Titel: Der Junge, der es regnen liess
Autoren: Brian Conaghan
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NEDs … das bedeutet Non Educated Deliquents – ungebildete Straftäter. Es könnte schlimmer sein, denke ich. Wir könnten sie zum Beispiel auch TIHs nennen – total idiotische Hirnis.
    Er war einfach anders … eben weil … weil … nun ja, zuerst einmal hatte er diesen Akzent. Jeder, der einen anderen Akzent hat, muss ja automatisch schon mal cool sein. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz an Schulen, oder etwa nicht? Ich meine, wenn ich zum Beispiel in Amerika zur Schule gehen würde, müsste ich mir die Typen doch mit einem Knüppel vom Hals halten. Er sagte so Wörter wie Frau und Film, ohne das R oder das L richtig auszusprechen. Fwau. Hörte sich irgendwie süß an.
    Und dann war da sein Name. Die meisten Typen hier sind auf dem Ich-will-Ire-sein-Trip. Nur weil sie in der siebzehnten Generation oder was weiß ich von irgendwelchen Iren abstammen, glauben sie, sie wären selbst die Mega-Iren. Ich meine – haben die nichts Besseres zu tun? Ich gebe ja den Eltern die Schuld. Man muss sich nur mal umsehen, jeder heißt hier Liam, Keron, Conor, Sean, Niall oder was es sonst noch für beknackte irische Namen gibt. Es ist voll langweilig und vorhersehbar.
    Als wir also zum ersten Mal den Namen Clem hörten, fanden wir ihn zum Totlachen. Aber dann haben wir kapiert, dass er sich durch den Namen Clem von all diesen Möchtegern-Iren abhob. Der Hammer war, dass sein Name auch noch dieses Alliterations-Ding an sich hatte: Clem Curran. Sie wissen schon, C und C. Das wenigstens habe ich Miss Croal zu verdanken. Ich bin zwar nicht gerade ein Shakespeare in Englisch, aber sie hat uns die Alliteration erklärt, indem sie seinen Namen als Beispiel benutzte, und so habe ich es mir gemerkt. Wenn ich mal eine alte Frau bin, vierzig oder fünfzig oder so, und das Wort Alliteration höre, werde ich mir im Kopf automatisch sagen: ›Clem Curran‹.
    »Der coole Clem Curran«, sagte ich zu Cora.
    »Die Klassefrau Cora und der coole Clem Curran knutschen im Cabrio«, konterte sie.
    Aber ich glaube, Klassefrau und knutschen zählen nicht.
    Ich denke, damit fing es an. Nein, der Anstecker wars!
    Ich hatte einen Bright-Eyes- Anstecker an meiner Tasche. Nicht von den kleinen Karnickeln! Von Bright Eyes , der Band. Das war damals meine Lieblingsgruppe. Jetzt nicht mehr. Ich mag sie immer noch, aber Sie wissen ja, wie Leute so sind. Wir wechseln unsere Favoriten von einer Woche zur andern. Von einem Tag zum andern. Wie auch immer, damals habe ich jede Menge Zeug von Bright Eyes gehört , ich konnte nicht genug von denen bekommen. Also zog ich los und kaufte mir ein paar Anstecker für meine Tasche. Sie kennen doch diesen Modefimmel mit den Taschen voller Anstecker? Der hatte mich erwischt. Wenn meine Mutter sich Anstecker an die Tasche machen würde, wäre ich total per… wie heißt das? … total perplex.
    Okay, Clem und ich wurden also in der Italienisch-Stunde nebeneinandergesetzt, um so ein Rollenspiel-Zeug abzuziehen, irgendwas über Touristen, die in Rom nach dem Weg fragen oder so. Ich meine, wozu soll das irgendwann mal gut sein? Der Sprachunterricht an unserer Schule ist echt Horror.
    Wie auch immer, wir spulten jedenfalls gerade den ganzen Zirkus ab mit: Sie müssen die Straße lang geradeaus gehen, dann links und dann an der ersten Kreuzung rechts, dann sehen Sie die Spanische Treppe, als er den Bright-Eyes- Stecker an meiner Tasche entdeckte.
    »Ich wusste ja gar nicht, dass du ein Emo-Küken bist«, sagte er.
    Ich sagte: »Wer ist hier ein ausgeflipptes Emu? Und nenn mich nie wieder Küken!«
    Aber »ausgeflippt« habe ich nicht wirklich gesagt, oder doch?
    Als er mir dann erklärte, was Emo bedeutete, kam ich mir wie die totale Vollidiotin vor. Und dann unterhielten wir uns über Musik und die Schule und Schüler und Lehrer und was Teenagern sonst noch so auf der Seele brennt. Er konnte gut quatschen. Er erzählte mir, wo er herkam, aber es hörte sich so öde an, dass wir doch lieber über mich sprachen. Als ich an diesem Abend nach Hause ging, dachte ich ziemlich viel an ihn, und vom nächsten Tag an stand ich irgendwie auf ihn.
    Da hatte ich gerade The Smiths entdeckt.
     

 
    Cora Kellys Meinung
    Ach du Scheiße! Es ist nicht so, als wäre ich auf Clem abgefahren. Rosie ist voll die Lügnerin, wenn sie das behauptet. Ich kann nicht glauben, dass Leute auch nur auf so eine Idee kommen würden. Das ist totaler Quatsch. Wir sprachen über ihn, weil er
    A) neu auf der Schule war und weil wir
    B) das eben machen,
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